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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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recht, Miss, und dennoch müssen die Umstände unsere Einmischung verzeihen. Sie fielen uns bereits in Saint Germain auf, wie Sie einem Mann folgten, der nun allerdings verschwunden scheint …«
    »Und da haben wir beschlossen, Ihnen nun unsererseits zu folgen«, ergänzte Oscar und lächelte verschmitzt.

    »Sie haben mich verfolgt?«, rief Latona empört.
    »Ja, und außerdem eine Wette abgeschlossen, deren Ausgang noch zu klären ist. Wir müssen wissen, auf wessen Kosten wir morgen Abend ausgehen. Daher ist es unumgänglich, dass wir erfahren, warum Sie dem Herrn durch halb Paris nachgelaufen sind und uns gezwungen haben, uns wunde Füße zu holen.« Oscar deutete auf seine nun verstaubten Lackschuhe und zog eine Grimasse.
    Latona starrte ihn fassungslos an und wusste nicht, ob sie lachen oder sich ärgern sollte. Die Situation war absurd und das sagte sie ihm auch. Oscar nickte.
    »Ja, das sehe ich auch so. Ein nächtliches Stelldichein im Tiergarten ist durchaus ungewöhnlich, aber ich muss gestehen, wir haben beide eine Vorliebe für absurde Situationen und seltsame Orte. Mein Freund hier zieht allerdings Friedhöfe vor, auf denen er Vampire und andere Nachtwesen zu entdecken hofft.«
    »Oscar, lass das!«, schimpfte Bram leise, Latona dagegen betrachtete ihn mit neu erwachtem Misstrauen.
    »Mr Stoker, Sie glauben an Vampire?«
    »Ja«, gab er widerstrebend zu.
    »Und wozu wollen Sie sie aufsuchen? Um sie zu vernichten?« Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme bitter klang.
    Bram Stoker hob erstaunt die Augenbrauen. »Was? Aber nein. Ich will sie studieren. Mehr über sie erfahren. Ich finde sie - faszinierend.« Er sah verlegen zu Boden. War er gar rot geworden? Latona musterte ihn, bis er den Kopf hob und ihren Blick erwiderte.
    »Das ist ja alles sehr schön, doch könnten wir die Unterhaltung auf dem Rückweg fortsetzen? Ich verspüre höllischen Hunger und habe das Bedürfnis, in die Zivilisation zurückzukehren. Allerdings nicht zu Fuß! Ich hoffe, wir stoßen auf dem Weg zur Sorbonne auf eine Droschke.«
    Bram Stoker verneigte sich vor Latona. »Darf ich Ihnen den Arm reichen, Miss?«
    »Wenn Sie glauben, dass ich mit zwei fremden Männern in eine Droschke steige, dann irren Sie sich gewaltig!«, rief Latona empört. »Was denken Sie von mir?«

    »Dass Sie ein anständiges Mädchen sind, keine Frage«, seufzte Oscar. »Diese Situation hier wollen wir nicht zu sehr bewerten!«
    »Natürlich werde ich Sie zu Fuß nach Hause begleiten«, bot Bram an, das Stöhnen seines Freundes ignorierend.
    »Nun gut, wollen wir sehen, wie weit wir kommen«, stimmte Oscar mit kläglicher Stimme zu.
    Gemeinsam verließen sie den Botanischen Garten und machten sich auf den Rückweg.
    »Nun müssen Sie uns aber verraten, warum Sie dem Herrn gefolgt sind!«, verlangte Oscar, als sie bereits durch das Quartier Latin schlenderten.
    Latona schmunzelte. »Ah, die Wette muss natürlich entschieden werden.« Inzwischen fand sie richtig Gefallen an der Gesellschaft der beiden Herren. »Was haben Sie denn vermutet?«
    »Ich vermute eine amouröse Verwicklung«, gab Oscar zu. »Ein Drama der Eifersucht! Ein Verlobter, gegen den Sie den Verdacht hegen, dass er Sie hintergeht. Während mein Freund Bram ein Familiendrama sah, einen Vater, der die Familie belügt und sie mit seinem geheimen nächtlichen Treiben ruiniert.«
    »Mein Verlobter?«, rief Latona aus und schwankte zwischen Entrüstung und Lachen. »Carmelo ist dazu viel zu alt! Er ist mein Onkel, bei dem ich lebe, seit meine Eltern verstorben sind.«
    Oscar machte ein Gesicht tragischer Verzweiflung. »Ich fürchte, damit sind meine Chancen auf einen Gewinn soeben vernichtet worden.«
    »Er ruiniert uns allerdings auch nicht. Hoffe ich jedenfalls. Dennoch hat er mich belogen, was seine nächtlichen Aktivitäten angeht, die ihn eindeutig nicht zum Pigalle geführt haben!« Latona seufzte. »Mehr weiß ich leider immer noch nicht. Es ist Ihre Schuld, dass ich ihn verloren habe!«, fuhr sie ihre Begleiter an.
    »Sie werden es doch nicht noch einmal versuchen?«, wagte Bram zu fragen, obwohl ihm die Antwort klar war.
    »Natürlich! Er weigert sich, mir die Wahrheit zu sagen, und ich muss einfach wissen, ob er dabei ist, sich - uns - in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen.« Ihre Stimme war immer leiser geworden und
endete in einem leisen Schluchzen. Natürlich konnten ihre Begleiter nicht die leiseste Ahnung haben, woran sie dachte. Ein paar blaue Augen schienen ihr zu

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