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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Gorilla ein wenig zu heftig geschüttelt, dem es nicht nach Austausch von Freundlichkeiten war. Ja, ich vermute, er war eher ungehalten, zu solch einer Stunde aus seinem wohlverdienten Schlaf gerissen zu werden.«
    Alisa sah ihn verdutzt an, dann hellte sich ihre Miene auf. »Du wolltest mich an der Nase herumführen. Botanischer Garten? Ihr wart in einer Menagerie!«
    »Ja, aber sie gehört zum Jardin des Plantes, das war schon richtig ausgedrückt. Doch tröste dich, ich wäre auch fast Opfer dieser Finte geworden. Auf die Weise wollten Tammo und Fernand mich davon abhalten, sie zu begleiten.«
    »Was haben sie hier in Paris noch für Tiere? In Hamburg gibt es den Tierhändler Carl Hagenbeck, der jedes Jahr mehrere Expeditionen nach Afrika unternimmt und exotische Tiere und Menschen mitbringt, die er in seiner Völkerschau ausstellt. Tammo und ich waren einmal dort und haben neben den schwarzen Menschen auch Löwen, einen Elefanten und Affen gesehen. Hagenbeck will, glaube ich, bald einen Zirkus aufmachen und dort jede Menge Wildtiere präsentieren, die er gezähmt hat. Was gab es denn außer dem Tiger und dem Gorilla noch in dem Zoo zu sehen?«
    »Papageien und andere Vögel in einer riesigen Voliere und in einigen kleineren Käfigen.« Er hielt inne und machte ein seltsam verzücktes Gesicht. Dann hob er die Schultern. »Keine Ahnung. Ich habe nicht so sehr darauf geachtet.«
    »Was? Du bist mit den beiden heimlich in den Zoo gegangen und hast nicht auf die Tiere geachtet?«
    Malcolm blickte verlegen drein. Sie konnte geradezu beobachten,
wie er sein Gehirn nach einer plausiblen Erklärung durchsuchte. Die Wahrheit würde sie von ihm nicht zu hören bekommen. So viel war klar. Aber warum nicht? Welches Geheimnis konnte hinter diesem Verhalten stecken? Alisa zermarterte sich den Kopf, aber ihr fiel nichts ein. Seltsam. Sehr seltsam. Sie hörte ihm gar nicht mehr zu, als er stotternd Ausflüchte suchte. Es kränkte sie, dass er sie so abspeiste. Enttäuscht verabschiedete sie sich von ihm und kehrte zu Ivy, Luciano und Franz Leopold zurück.

    »Sie wollen mich also wirklich begleiten?«, fragte Latona ungläubig. »Das ist kein Trick, um mich bei meinem Onkel zu verraten oder so?«
    Bram Stoker sah sie ernst an. »Nein, Miss, das habe ich Ihnen doch versprochen, nachdem ich vergeblich versucht habe, Ihnen den Schwur abzuringen, es nicht wieder zu tun. Ich finde diese Verfolgungsjagd nicht gut. Er wird seine Gründe haben, dass er Ihnen nicht die Wahrheit sagen kann, und es schmerzt ihn sicher, zu einer Lüge gezwungen zu sein, aber es gibt nun einmal viele Dinge auf dieser Welt, die für junge Damen nicht geeignet sind, weil sie ihr Zartgefühl verletzen würden.«
    Latona schnaubte abfällig durch die Nase. Sie wusste, dass dies keine angemessene Reaktion für eine Dame war, und sie machte es auch nicht besser dadurch, dass sie Bram versicherte, er könne sich gar nicht vorstellen, was ihr Onkel ihrem weiblichen Gemüt auf den Reisen schon zugemutet hätte. Natürlich forderte er sie nicht auf, davon zu berichten, das wäre ja nicht schicklich gewesen, doch seine Neugier konnte er nicht ganz verbergen.
    Latona verdrehte die Augen. Man hatte es schon schwer mit den Konventionen. Alles, was interessant war, oder Nervenkitzel und Spaß versprach, war für junge Damen verboten. Sollte für sie nur die Langeweile bleiben? Sie seufzte tief.
    »Was quält Sie, Miss Latona. Lassen Sie mich an Ihren Gedanken teilhaben«, forderte sie Bram Stoker auf und goss ihr noch ein wenig Tee nach. Sie saßen in der großen Eingangshalle ihres Hotels unter der Aufsicht sämtlicher Portiers, Kofferträger, Butler und Kellner,
doch vermutlich war selbst daran etwas auszusetzen, nur weil er ein Mann war, der nicht zur Verwandtschaft gehörte, und sie keine Anstandsdame vorzuweisen hatte.
    »Er wird mit mir im Hotel zu Abend essen und dann aufbrechen«, wiederholte Latona.
    »Ich werde bereit sein«, versicherte Bram Stoker, der sich vermutlich fragte, wie er sich auf so etwas nur hatte einlassen können. Wenn ihr Onkel sie in dieser Nacht zusammen erwischte, konnte das für den Iren sehr unangenehm werden. Andererseits war es ihm anscheinend noch weniger recht, wenn Latona ohne Schutz durch die nächtlichen Straßen streifte. Sie konnte nichts für sein Dilemma. Dass sie zu solchen Mitteln greifen musste, um die Wahrheit zu erfahren, war ja schließlich die Schuld ihres Onkels!
    Latona leerte ihre Tasse, stand auf und strich etwas

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