Die Erben der Nacht - Pyras
Franzosenpack!« Der Servient war sichtlich erbost.
»Hindrik! Wie kannst du so etwas sagen? Untersteh dich, unsere Gastgeber zu beschimpfen. Ich will so etwas nie wieder hören!« Alisa war entsetzt, doch der Servient gab sich störrisch.
»Mir kann niemand den Mund verbieten. Ich sage, was ich will, und dass ich von den Franzosen nichts halte, darf jeder wissen.«
»Ich erkenne dich nicht wieder. Hast nicht du immer davon gesprochen, wie wichtig es ist, dass die Clans Frieden schließen und sich gegenseitig unterstützen, damit die Akademie ein Erfolg wird? Dass wir den anderen gegenüber offen sein sollen, um von ihnen zu lernen?«
»Schon, ich habe auch nichts gegen die Lycana, die Vyrad und die Nosferas. Ja, selbst die Dracas sind, wenn man ihr arrogantes Gehabe ignoriert, gar nicht so schlecht. Ihre geistigen Fähigkeiten sind enorm und werden euch stark und mächtig machen, wenn sie ihr Wissen an euch weitergegeben haben. Aber was ist das hier?« Er zeigte verächtlich in die Runde. »Was kann euch das nützen?«
»Wahrscheinlich gibt es keinen Clan, bei dem wir unseren Orientierungssinn besser schulen können, bei dem wir mehr Mittel und Wege kennenlernen, uns an unwirtlichen Orten zurechtzufinden.«
Der Servient spuckte verächtlich aus. »Wenn man es genau betrachtet, sind die Pyras arroganter als die Dracas. Die Dracas besitzen wenigstens Fähigkeiten, auf die sie zu Recht stolz sein können, und pflegen einen kultivierten Lebensstil. Die Pyras dagegen sind schlimmer als Höhlentiere. Sie überschätzen sich wie alle Franzosen, die sich für einen Teil einer grande nation halten. Sie meinten, sich einen Kaiser krönen und die Welt unterjochen zu können. Aber dann den Preußen den Verzicht auf ihre Erbansprüche in Spanien vorzuschreiben! Auf bittere Weise mussten sie erfahren, dass sie ganz und gar nicht allmächtig sind. Sie haben mehr als nur ein Waterloo erlitten und damit bekommen, was sie verdient haben!«
»Aber vorher hat Napoleon fast ganz Europa besiegt und dabei alle deutschen Länder eingenommen«, erinnerte Alisa. »Er war ein großer Feldherr und Stratege, das kannst du nicht abstreiten. Er kam bis nach Moskau!«
»Und was passierte dann? Seine Armee ist ihm verhungert, weil die Russen einfach schlauer waren. Wie ich sage. Sie überschätzen sich und gehen an dieser Arroganz früher oder später zugrunde!«
»An Arroganz kann man zugrunde gehen?«, erkundigte sich Franz
Leopold, der die letzten Worte des Servienten vernommen hatte. »Sprichst du gerade so freundlich über meine Familie?«
»Nein, er meint die Pyras«, stellte Alisa richtig.
»Was? Wir sollen als der Clan, der Arroganz und Überheblichkeit für sich gepachtet hat, entthront werden?«, rief Franz Leopold in gespieltem Entsetzen.
»Sieht so aus. Wir waren gerade bei Napoleon, dessen Stolz und Eitelkeit seine Armee in Russland in den Tod führten«, gab Alisa Auskunft.
Hindrik war noch nicht fertig. »Und was hat ihnen ihre Kriegstreiberei gegen Preußen und die deutschen Fürstentümer eingebracht? Ha, auch ihr zweiter Kaiser und seine Armee gefangen, Paris eingeschlossen und belagert und die Schmach, zusehen zu müssen, wie unser König von Preußen im Spiegelsaal von Versailles zum Kaiser der Deutschen gekrönt wird, während sie sich unter dem Donner des Kanonenfeuers vor Hunger fast gegenseitig an die Kehle gegangen sind!«
»Ja, ich kenne die Geschichte, aber ich bin mir nicht sicher, ob das klug war.«
»Was? Sie für ihre Arroganz büßen zu lassen? Du vergisst, es war der Franzosenkönig Napoleon III., der uns den Krieg erklärte, nicht andersherum«, erinnerte Hindrik.
»Wir mussten uns wehren, natürlich, aber sie derart zu provozieren, wäre nicht nötig gewesen«, meinte Alisa. »Unsere Reichsgründung in ihrem Versailles werden die Franzosen niemals vergessen.«
»Und wenn schon.« Hindrik zuckte mit den Achseln. »Sollen sie daran ersticken, wenn sie es nicht schlucken wollen.«
Alisa schüttelte den Kopf. »Ich sage dir, irgendwann fällt diese Tat auf uns zurück. Dann werden die Franzosen in der stärkeren Position sein und sie werden sich am deutschen Volk grausam rächen.«
Bevor Hindrik etwas erwidern konnte, lief Tammo an ihm vorbei und erinnerte ihn daran, dass es ja noch einen weiteren Vamalia gab, der eine Strafpredigt verdient hatte. Mit grimmiger Miene machte sich Hindrik auf, Alisas Bruder zur Rede zu stellen.
»Wer hätte das gedacht«, murmelte Franz Leopold und sah Hindrik
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