Die Erben des Terrors (German Edition)
dickere Mann zu der etwas abseits stehenden, modeldürren Frau mit den langen blonden Haaren. Diese nahm, während sie einen Schritt auf ihn zuging und ihre Körper sich damit fast berührten, einen großen Schluck aus der Flasche und drückte ihre Lippen auf seine.
Craig und Marsha waren in der Zwischenzeit umgefallen und lagen im Sand.
„Wer zum Teufel bist du?“, fragte Chuck Dreyer nochmals, immer noch lallend und etwas aggressiver.
„Lass den Mann in Ruhe, Chuck“, sagte die Brünette mit weit aufgerissenen Augen, bevor Dreyer etwas sagen konnte. Sie hatte sehr schöne Augen, groß, dunkelbraun, wie ein Reh. Sie passten gut zu ihrem Gesamteindruck – wie ein Reh. Ein zumindest Chuck gegenüber sehr aggressives Reh. Sie sah Dreyer an und sagte kurz „Sorry“.
„Keine Ursache, ich war auch schon mal auf einer Hochzeit“, sagte Dreyer britisch-kühl, aber mit einem Augenzwinkern für das Reh. Sie gefiel ihm i mmer besser. Chuck gefiel das weniger und er fuhr Dreyer wieder an: „Also, is‘ mir egal wer du bist, hau ab!“
Dieser Chuck war zwar ein paar Zentimeter größer als Dreyer, der mit knapp über einem Meter neunzig nicht gerade klein war, und durchaus durchtra iniert. Wäre er nicht derart betrunken, wäre ein Kampf zwischen Dreyer und ihm vielleicht interessant geworden, so aber hätte der Junge keine Chance. Die Frage war nun, ob Dreyer, dessen Zigarette langsam ausgebrannt war, heute einen betrunkenen Hochzeitsgast bloßstellen wollte oder nicht. Und ob das Reh mit ihm klarkäme, wenn er ginge, aber so wirklich zusammengehörig wirkten die beiden sowieso nicht.
„Bitte ignorier Chuck einfach“, sagte das Reh zu Dreyer und musterte ihn dabei sehr intensiv. Während dieser antworten wollte, ging Chuck auf ihn los, mit erhobener Faust. Eine relativ dumme Bewegung in einem Kampf, wusste Dreyer, und ging einen Schritt zur Seite, als Chuck seine Faust in einer recht geraden Bewegung auf sein Gesicht zubewegte.
Die Kombination aus dem Vorwärtsimpuls des auf Dreyer Zulaufens und dem Vorwärtsimpuls der Schlagbewegung traf auf keinen Widerstand – Dreyer war zu schnell für den Betrunkenen. Er wäre wahrscheinlich auch für einen nüc hternen Chuck zu schnell, überlegte er, während er dabei zusah, wie Chuck in den Sand, oder vielmehr, in die Brandung fiel. Er ging zu ihm und in die Hocke.
„Geht es dir gut?“ fragte Dreyer, was Chuck mit einer recht unverständlichen Menge von Beschimpfungen beantwortete. „Gut“, quittierte Dreyer, stand auf und wandte sich wieder dem Reh zu. „Sorry wegen deinem Freund, ich wollte euren Abend nicht kaputtmachen“, sagte er.
„Das ist nicht mein Freund, und er wird es nie werden“, sagte das Reh. „Ich heiße übrigens Elena“.
„Daniel“, sagte Dreyer.
„Kann man dich für einen Schluck Champagner begeistern?“
Das war verlockend. Und Elena war wirklich hübsch. Und nett. Und resolut. Alles Eigenschaften, die Dreyer sehr schätzte. Und irgendwie… aber er hatte wirklich keine Lust, sich weiter mit Chuck auseinanderzusetzen. Der war mittlerweile aufgestanden und fluchte, während er erfolglos versuchte, seinen Anzug von nassem Sand zu befreien.
„Vielleicht morgen, ich wollte sowieso nach der Zigarette gehen“, sagte Dreyer. Elena sah ihn kurz fragend an und merkte, dass er das ernst meinte. „Schade“, sagte sie. „Dann gute Nacht“.
„Gute Nacht, Elena“, sagte Dreyer, blickte kurz auf die beiden knutschenden Pärchen im Sand, ignorierte Chuck, drehte sich um und lief ins Meer.
Chuck ging zu Elena, die verwundert dem ins Meer laufenden , mysteriös, aber interessant wirkenden Daniel hinterher blickte. „Besser so“, sagte Chuck überheblich, aber Elena blickte nur auf Dreyer und schubste ihn weg.
„Hey“, rief sie, „hey Daniel“.
Dreyer, bis zur Gürtellinie im Wasser, drehte sich um.
„Wohin gehst du?“, rief sie.
Dreyer überlegte kurz, dass „nach Hause“ blöde klingen würde. Er entschloss sich für „Schwimmen!“.
„Mitten in der Nacht?“
Dreyer hätte sich das vorher überlegen sollen. „Warum nicht?“
„Ganz angezogen?“
Chuck schüttelte den Kopf. „Willst du jetzt mit dem Typen nackt schwimmen gehen, nachts, oder was?“, fragte er Elena, die mit „Halt die Klappe, Chuck!“ konterte.
Dreyer gefiel die Idee.
Elena auch.
„Trish, Marsha“, rief Elena, „Skinny-Dipping im Meer – seid ihr dabei?“
Marsha reagierte nicht, Trish hingegen setzte sich auf und meinte „Der
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