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Die Erben des Terrors (German Edition)

Die Erben des Terrors (German Edition)

Titel: Die Erben des Terrors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes C. Kerner
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behalten. Und mit den Hunderttausenden von Dollars aus Ibn Ladins Tasche wäre das wohl nur ein Problem unter vielen.
    Er legte eintausend chinesische Yuan in seinen französischen Reisepass, hoffend, dass ein Monatslohn den Beamten nicht beleidigen würde, ob es nun Zuviel oder Zuwenig sei. Seine verbleibenden zehntausend indischen Rupien legte er in den belgischen Reisepass, für die pakistanischen Grenzer. Sutter schnallte sich den Rucksack auf den Rücken, steckte die Pässe in seine linke respektive rechte Brusttasche und nickte, glücklich mit seinem Plan. Er ging zur Fahrertür des Toyotas, beugte sich hinein, riss die Kupplung aus dem ersten Gang und löste die Handbremse.
    Der Wagen musste aufgrund des Gefälles der Straße nicht über die Klippe geschoben werden. Er fing sofort an, rückwärts zu rollen, und nach etwa zehn Metern verließt er die Fahrspur, nach zwanzig Metern die zivilisierte Welt, mehr als fünfhundert Meter einen Berghang hinab. Er explodierte leider nicht, dachte Sutter, nicht so wie in den Filmen. Sutter hätte es gerne gehabt, dass die Wagen, die er entsorgte, explodieren würden, das wäre irgendwie aufregender. So aber war das Auto nur aus dem Blickfeld.
    Er setzte sich auf das Fahrrad und fing an zu treten, in Richtung der Grenze.
    05. Mai 2011
37° 20’ 35.96” Nord, 75° 24’ 22.88” Ost
Zheng Wei’s Friseursalon, Dabuda’erxiang, Volksrepublik China
    China, dachte Sutter, war eine unglaublich blöde Idee gewesen. Trotz unglaublich viel Geld in der Tasche war es ihm nicht gelungen, ein Fahrzeug zu erwerben, und dieses Dorf war das erste nach über achtzig Kilometern Radfahren. Er hatte in seinem Zelt schlafen müssen und war halb erfroren. Seine Chinesischkenntnisse reichten nicht mal aus, um sagen zu können, wo er sich befand – er konnte nur eines der fünf Schriftzeichen amOrtsschild lesen , 尔 , und das war eine Nachsilbe ohne große Bedeutung.
    Über China selbst wusste er nicht viel, er war nur einmal für ein Covert Operations-Training dort gewesen. Er hatte über das Land nicht viel gelernt, außer zwei Dingen: Erstens sind die Chinesen alle höflich zu Ausländern, und zweitens sind die meisten Friseursalons Bordelle. Und Bordelle haben Betten. Ein Hotel oder eine sonstige Herberge hatte er in den letzten Tagen nicht gesehen. Vor allem aber hatte er keine Lust, nochmal in dem Zelt zu schlafen.
    Er betrat den Laden, in dem vier Frauen sich gegenseitig die Haare frisierten und ein Mann einem Kunden die Haare schnitt. Alle blickten ihn an.
    Sutter lächelte unbeholfen.
    Eine der Chinesinnen fragte ihn etwas, was er nicht verstand.
    Zu seinem Leidwesen konnte er auch nich t sagen, was er andeuten wollte. Aber Schlafen konnte er sagen. „ 睡 觉 “, sagte er, schlafen . Der Mann, dem die Haare geschnitten wurden, lachte laut. Die Friseuse blickte zuerst etwas schockiert und richtete sich dann das Dekolleté.
    „ 八百 元 “, sagte sie, achthundert Yuan, achtzig Dollar. Sicher zu teuer, aber er hatte auch vor, länger zu bleiben, als das wahrscheinlich üblich war, und er nickte. Der Friseur kam auf ihn zu, nickte, sich halb verbeugend, und schüttelte ihm die Hand. „ 八百 元 “, wiederholte er. Vorkasse an den Inhaber, beschloss Sutter zu verstehen, und griff in seine Tasche, zählte acht Scheine ab – er hatte keine kleineren als Einhundert-Yuan-Scheine. Nachdem diese die größten Scheine in China waren, bei einem Wert knapp über zehn Dollar, musste er sein großes Vermögen hier nicht auspacken. Er übergab die acht Scheine dem Friseur.
    •
    Yi Lingling beobachtete den weißen Mann mit einer zwischen Angst, Skepsis und Faszination schwankenden Emotion. Er hatte ein markantes Gesicht mit kantigem Kinn, ungewöhnlich breite Schultern, einen aufrechten Gang mit stolzem Brustkorb; durchdringende, schwarzbraune und sehr große Augen unter seinen fast schwarzen Haaren.
    Sie fragte, was genau er wolle, aber er lächelte nur. Sie fragte, ob sie sich auszi ehen solle oder zuerst ihm beim Ausziehen behilflich sein sollte, aber er lächelte nur.
    Der Mann zeigte auf das Bett und sagte „ 睡 觉 “. Ja, dachte sie, das war ihr auch klar. Auch wen n 睡 觉 nicht das ist, was du sagen willst, du Ausländer mit viel zu viel Geld. Sie beschloss, mehr Gesten zu verwenden und lehnte ihren Kopf zur Seite, fragend, und griff an die Träger ihres Kleides. Er zuckte mit den Schultern und setzte sich auf das Bett. Offensichtlich er zuerst, beschloss sie, und ging zu

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