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Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Emerson
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Leiter. Nach ein paar Metern beschrieb der Schacht einen Knick und führte in schrägem Winkel weiter nach oben. Ich spürte, wie der Druck auf meine Ohren nachließ. Über uns schien das blaue Licht Wellen zu schlagen und sich in glitzernde Diamanten aufzulösen; wir näherten uns der Oberfläche.
    Vorsichtig streckte ich den Kopf aus dem Wasser. Ich sah, dass der Schacht sich nach wenigen Metern zu einer großen Kammer hin öffnete.
    Lilly tauchte neben mir auf und nickte mir zu. Dann kro chen wir an Land, schlossen unsere Kiemen und schmeck ten die kalte, feuchte Höhlenluft. Ihre Finger glitten zwischen meine.
    Wir betraten die Kammer. Ein runder Raum mit gewölbter Decke, in glitzerndes Blau getaucht – und in seiner Mitte schwebte die Sirene.
    Ich hatte sie noch nie so deutlich gesehen. Sie war wunderschön, aber doch fremdartig. Ihr langes, dunkles Haar ging ihr bis zur Taille und wurde von einem Stirnband aus schimmernder Jade gehalten. Von Kopf bis Fuß war sie durchgängig blau, doch auf der tieferen Ebene meiner Wahrnehmung schien sie eine normale Hautfarbe zu be sitzen. Ihr ärmelloses Gewand erinnerte mich an die Priester auf der Pyramide; der Gürtel bestand aus Kupferscheiben, in deren Mitte türkisfarbene Kristalle eingesetzt waren. Um den Hals trug sie einen Anhänger an einem Lederband, ein wildes Tier aus Speckstein, das ich für einen Tiger hielt, bloß dass es noch bedrohlicher wirkte. Doch es war schwer zu sagen, weil das Licht um ihr Herz am hellsten war.
    Auch ihr Gesicht mit den tiefliegenden Augen, den hohen Wangen und der ausgeprägten Stirn, ihre Haut, die etwas dunkler war als meine – all das war so vertraut und doch so fremd, als wäre da ein Band zwischen uns, das über so viele Generationen zurückreichte, dass wir fast verschiedene Spezies von Menschen zu sein schienen.
    »Hallo?«, sprach ich sie an. Meine Stimme hallte in der Kammer.
    Sie schwebte vor mir, gab jedoch keine Antwort. Sie sah mich bloß an, als müsste sie erst entscheiden, ob ich ihrer würdig war.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Lilly.
    »Keine Ahnung.« Doch das stimmte nicht ganz. Zwar wusste ich nicht, was von mir erwartet wurde, doch ich spürte die seltsame Gewissheit, dass irgendetwas geschehen würde. Als hätte ich einen Zug bestiegen, der gerade losfuhr.
    Dann sprach die Sirene, lauter und bestimmter als zuvor. Der Schlüssel ist in dir.
    »Was?«, fragte ich.
    Doch sie verschwand. Es wurde dunkel.
    Aber nicht still.
    »Hörst du das?«, flüsterte Lilly.
    Wir hörten ein leises, elektrisches Summen. Dann entdeckte ich einen weißen Schimmer in der Ferne. Ich nahm Lillys Hand und lief darauf zu.
    Die Lichtquelle erwies sich als heller, aber auch weiter entfernt als gedacht. Da stieß ich mit der Schulter gegen eine Felswand.
    »Alles okay?«, fragte Lilly.
    »Alles gut«, murmelte ich. Wir umrundeten die Wand und fanden uns in einem weiteren Gang wieder. Das Licht kam von seinem Ende – elektrisches Licht, das aus einer runden Öffnung fiel.
    Vorsichtig schlichen wir näher und gingen im letzten Stückchen Schatten in Deckung. Jenseits der Öffnung lag ein breiter Tunnel. Er war rund und aus dem Fels geschlagen, aber sein Boden bestand aus glattem Beton, und an seiner Decke hingen nackte Glühbirnen. Ich steckte den Kopf durch die Öffnung. Zur Rechten endeten die Glühbirnen an einer Stahlleiter, die durch ein Loch in der Decke nach oben führte. Helles Licht schien von dort herab. Hinter der Leiter verschwand der Tunnel in der Dunkelheit. Zur Linken fiel er langsam ab, bis die Glühbirnen sich in der Ferne verloren.
    »Wo geht‘s lang?«, fragte Lilly.
    Ich suchte nach der Sirene, konnte sie aber nirgends entdecken. Dennoch schien ich einen konstanten Zug in meinem Inneren zu spüren, der mich in die richtige Richtung lenkte. »Nach unten«, sagte ich und wandte mich nach links.
    Halb liefen, halb rannten wir den Tunnel hinab. Unsere nackten Füße klatschten auf dem Beton. Der Weg führte immer weiter, mit vielen unbeleuchteten Abzweigungen in beide Richtungen. Die Felswände hatten eine rötliche Farbe.
    »Schau«, sagte Lilly an einer Abzweigung und zeigte auf die Wand. Dort war ein Zeichen eingeritzt.
    »Das habe ich schon mal gesehen«, sagte sie.
    »Ich auch. Auf dem Asgard-Schild im Werkhaus.«
    »Was soll es darstellen?«, fragte Lilly. »Einen Berg vielleicht?«
    »Ich bin mir nicht sicher.« Ich wollte weiter, denn wahrscheinlich würden wir es noch früh genug herausfinden.

    Wir

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