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Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Emerson
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wusste, wie lange noch. Es war einfach eine Frage der Nahrung, die es fand. Wie lange würde es dauern, bis auch der letzte Baum im Westen verbrannt war? Es stellte sich heraus, dass die Antwort auf diese Frage drei Jahre und anderthalb Monate lautete.
    Nachdem es im sechsten Monat schon einmal knapp an uns vorbeigezogen war, erreichte es uns nun wirklich. In gewisser Weise hatten wir uns vielleicht sogar vernachlässigt gefühlt.
    Wie ein bösartiges, primitives Raubtier kroch es voran: eine Ameisenschar, ein Raptorenrudel, das nun über den Rand der Caldera sprang und die Kiefern mit einem hellen Auflodern verschlang. Die Flammen wirkten beinahe flüssig auf den Hängen. Bald hatten sie das ganze Tal überflutet. Als ich es am nächsten Morgen wieder sah, war alles Grün und Gelb daraus verschwunden, die ganze Ebene wirkte wie grau gestrichen, die Bäume waren nur noch brüchige schwarze Gerippe und der Fluss war mit Asche verstopft.
    Alles durch unsere Hand , sagte da jemand – oder hatte jemand vor langer Zeit einmal gesagt.
    Als das Feuer vorüberpreschte und uns trockene, graue Flocken auf Haar und Augenlider regneten, legte mir Mom die Hand auf die Schulter. »Einfach unglaublich, nicht wahr?«, flüsterte sie, und ich wusste, sie meinte damit nicht direkt »schön«, doch sie klang aufgewühlt, beinahe ehrfürchtig. Sie war nicht die Einzige, die so reagierte – vielleicht, weil wir schon alle so viel über das furchtbare Feuer gehört hatten. Und hier war es nun. Der Blick des marodierenden Dämons war endlich auch auf uns ge fallen.
    Ich wusste nicht, ob ich es unglaublich fand oder einfach nur Angst hatte, doch ich sah den Ausdruck auf Moms Gesicht und musste später noch häufig daran denken, besonders nachdem sie uns kaum ein Jahr darauf verließ: die staunenden Augen ganz weit und glasig, der Mund leicht geöffnet, als wäre es eine spirituelle Erfahrung für sie, Zeugin dieses Moments und so nahe an den Flammen zu sein. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie Dad oder mich je so angeschaut hätte.
    Die letzten Bäume begannen zu knacken. Mit schrecklichem Krachen zerbarsten selbst die mächtigsten Stämme und stürzten in die Flammen.
    Ich fing an zu weinen.
    Mom blickte auf mich herab, und ich wollte nicht, dass sie mich so sah. Ich wollte den Moment nicht kaputtmachen.
    »Owen, ist schon okay. Alles wird gut …«
    »Alles wird gut, Owen …«
    Ich schlug die Augen auf und sah Lilly, die wieder ihren Kapuzenpulli trug und neben mir kniete, die Hand auf meiner Schulter. Die Hitze Yellowstones war nur das SafeSun-Licht in meinem Gesicht. Ich schaute mich um und begriff, dass wir uns auf der kleinen Lichtung der Tigerlillyinsel befanden.
    Ich brauchte einen Moment, um mich zu orientieren. Ich hatte wirklich geglaubt, wieder in Yellowstone bei meiner Mutter zu sein, sechs Jahre alt. Und obwohl ich in der Nacht, in der das Feuer kam, schreckliche Angst gehabt hatte, war es auch eine Erleichterung gewesen, wieder dort zu sein – als ob nichts von dem danach je geschehen wäre, geschehen würde … Doch das war nicht der Fall. Ich würde nie wieder sechs Jahre alt sein, und mein Leben würde in keinen anderen Bahnen verlaufen als denen, die es genommen hatte.
    Es fiel mir schwer, unter all diesen Eindrücken die Gegenwart wiederzufinden. Vor meinem geistigen Auge sah ich die Welt innerhalb des Schädels, Lüks Stadt unter dem Aschehimmel, die Nacht in Yellowstone. Das war es, was beide Erinnerungen verband: dieses seltsame Gefühl, Zeuge zu sein, wie alles zu Ende ging; zu akzeptieren, dass die Welt, die man gekannt hatte, nicht von Dauer war, sondern zerbrechlich, vergänglich, und jeden Moment zerstört werden konnte. Meine Gene hatten es schon einmal erlebt.
    »Du musst atmen«, sagte Lilly.
    Wie ich zu ihr aufsah, kehrte die Erinnerung an die jüngsten Geschehnisse zurück. Wir waren aus dem Tempel geflohen und davongeschwommen, doch dann war alles zum Stillstand gekommen, und ich hatte keine Luft mehr gekriegt.
    Ich versuchte es wieder. Diesmal ging es, doch das Atmen tat weh. Ich hatte noch immer den Metallgeschmack des Wassers im Mund, das in mich geströmt war. »Meinetwegen«, krächzte ich. »Aber das ist das letzte Mal.«
    Lilly lachte leise. Dann strich sie mir mit dem Finger über den Hals. »Deine Kiemen …«
    »Was ist?« Ich griff nach ihnen, nur um festzustellen, dass sie kaum noch da waren. Die tiefen Schlitze, die an meinem Hals entstanden waren, fühlten sich nur noch wie

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