Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
Vom Netzwerk:
gehörte Somerset ihr unbelastet.
    Aber es war nicht ums Geld gegangen, das hatten sie beide gewusst.
    Marys Ehe mit Ollie, die sie nach allgemeiner Überzeugung geschlossen hatte, um Somerset zu retten, erwies sich als erfolgreiche Tarnung. Die Bewohner von Howbutker
erwarteten, dass Ollie ihr Hampelmann sein würde, doch er überraschte sie. Ollie war niemandes Hampelmann, trotz seiner Gutmütigkeit und Bereitschaft, es allen recht zu machen. Sie führten eine gute Ehe, die auf gegenseitigem Respekt, Humor, grenzenlosem Verständnis und wechselseitiger Unterstützung basierte. Mary blieb ihm treu, selbst nach seinem Tod noch, als sie und Percy hätten zusammen sein können, denn da war es natürlich zu spät.
    Mary schüttelte traurig den Kopf. So viele »Wenns«, deren Folgen sie alle tragen mussten: Percy und Lucy. Matthew und Percys Sohn Wyatt. Miles und Mama. William und Alice. Und Mary Toliver DuMont. Sie alle hatten gelitten für Somerset.
    Aber ein Leben gab es, das Mary vor dem Toliver-Fluch bewahren würde. Sie hatte lange genug gebraucht, um zu erkennen, wie sie es anstellen konnte, und das Nötige veranlasst, bevor es zu spät war. Morgen würde sie nach Lubbock fliegen, Rachel die wahre Geschichte der Tolivers erzählen und die Geheimnisse aufdecken, die all die Jahre verborgen geblieben waren. Sie würde Rachel klarmachen, dass sie die gleichen Fehler beging und die gleichen sinnlosen Opfer am Altar der Tolivers brachte wie ihre Großtante. Sie hatte einmal gelesen, nicht das Land sei wichtig, sondern das, was es einen lehre. Seinerzeit hatte sie verächtlich die Nase gerümpft, doch nun glaubte sie es. Somerset war ein guter Lehrmeister gewesen, auf den sie leider nicht früh genug gehört hatte. Rachel würde ihr zuhören, und vielleicht würde sie ihre Lehren rechtzeitig ziehen.
    Zuvor musste sie noch eine letzte Aufgabe bewältigen; erst dann konnte sie die Erde in Frieden verlassen. Sie musste hinauf in den Speicher, zu Ollies altem Militärkoffer. Hinterher würde sie sich einen Happen von Sassies köstlichem Essen gönnen. Nicht, dass sie Hunger gehabt hätte. Nein, eigentlich war ihr eher übel. Der Schmerz in der Brust hörte nicht mehr
auf und strahlte bis zum Kiefer aus. Gott sei Dank kam gerade Sassie.
    Sie erhob sich auf wackeligen Beinen. »Miss Mary! Miss Mary!«, hörte sie von fern, als ein spitzer Schmerz sie durchzuckte. Sie streckte die Hand nach dem Geländer der Veranda aus. »Nein!«, keuchte sie, weil ihr klar wurde, was passierte. »Ich muss hinauf in den Speicher, Sassie. Ich muss …«
    Da gaben die Beine unter ihr nach, und den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie, die Konturen eines vertrauten Gesichts aus dem grauen Nebel auftauchen zu sehen. Ollie! , dachte sie, aber es waren Rachels Züge, die sie nun wahrnahm – schön, wütend und nicht zur Vergebung bereit. »Rachel!«, rief sie aus, als das Gesicht schon wieder verschwand, und sie spürte, wie der Bumerang zu ihr zurücksauste, den sie geschleudert hatte.

ZWEITER TEIL

EINUNDDREISSIG
    A ktentasche in der Hand, regelte Amos, der nach Hause wollte, gerade das Thermostat in seinem Büro, als das Telefon klingelte. Soll der Anrufbeantworter rangehen, dachte er. Er hatte keine Lust zu reden und war außerdem angetrunken.
    »Amos, geh ran, wenn du da bist«, hörte er Percys Stimme.
    Er nahm den Hörer von der Gabel. »Percy? Was kann ich für dich tun?« Unheilvolles Schweigen. »Was ist los?«
    »Mary. Sie … hat einen Herzinfarkt erlitten, Amos.«
    Er stützte sich auf seinem Stuhl ab. »Wie schlimm steht’s?«
    »Sie ist gestorben, Amos. Draußen auf ihrer Veranda, erst vor Kurzem. Sassie hat Henry zu uns geschickt. Matt ist hier. Ich wollte dir Bescheid sagen …« Percy unterdrückte ein Schluchzen.
    Amos presste eine Handfläche gegen seine pochende Stirn. Du lieber Himmel! Mary tot? Unmöglich! Und welche Auswirkungen hatte das auf Rachel? Jetzt würde sie Marys Gründe für das Kodizill niemals erfahren.
    »Amos?«
    »Ich komme vorbei, Percy. Bist du in Warwick Hall?«
    »Ja. Die Sanitäter haben sie gerade zum Leichenbeschauer gebracht. Es gibt keine Obduktion, weil die Todesursache auf der Hand liegt. Du wirst Rachel Bescheid sagen müssen.«
    »Ich rufe sie von euch aus an.«
     
    Als Rachel ihren dunkelgrünen BMW auf den für sie reservierten Parkplatz von Toliver Farms West lenkte, sah sie ihren Vorarbeiter, der seit acht Jahren ihre rechte Hand war, im Schatten der Markise auf sie warten. Eigentlich

Weitere Kostenlose Bücher