Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
Vom Netzwerk:
seines Großvaters. »Sie hat mich für dich gehalten, war mit den Gedanken in der Vergangenheit. Und als ich auf sie zugegangen bin, hat sie gesagt …«
    Matt spürte die Anspannung seines Großvaters. »Sprich weiter, Junge. Was hat sie gesagt?«
    »›Percy, mein Lieber … Ich wollte das Soda damals so sehr – genau wie dich, ohne es zu ahnen.‹ Das war’s wortwörtlich, Großvater. Hoffentlich wecke ich damit keine alten Erinnerungen für dich.«
    »Nein, nein. Hat sie sonst noch was gesagt?«
    »Ja, dass sie jung und dumm und zu sehr eine Toliver gewesen sei. Da habe ich sie gerüttelt und mich als Matt zu erkennen gegeben.« Er versuchte, Percys Reaktion abzuschätzen. »Deshalb wollte ich wissen, ob du auch mal in sie verliebt warst.«
    Percy gluckste heiser. »Ob ich mal in sie verliebt war?« Sein Blick wanderte zu den Familienfotos auf dem Kaminsims, unter denen sich Bilder von Matt in Sportkleidung sowie eine Aufnahme seiner Mutter mit ihm auf dem Arm befanden. Ganz vorn in der Mitte stand das offizielle Foto von Matts Vater in der Uniform der US Marines, deren linke
Brustfront über und über mit Auszeichnungen bedeckt war. Matt wusste nicht so recht, ob Percy die Bilder oder das düstere Aquarell, ein Geschenk von seinem Vater, das den Platz darüber einnahm, ansah.
    Mit rauer Stimme begann Percy seine Schilderung: »Es war im Juli 1914, bei der Einweihungszeremonie für das Gerichtsgebäude. Dort war Mary in Gedanken, als du ihr begegnet bist. Sie war vierzehn, ich neunzehn. Sie trug ein weißes Kleid mit einem grünen Band. Schon damals habe ich sie geliebt und wollte sie heiraten, doch das wusste sie nicht.«
    »Meine Güte, Großvater«, stieß Matt hervor. »Hat sie es jemals erfahren?«
    »Ja.«
    »Und warum habt ihr nicht geheiratet?« Was in seiner Frage mitschwang, war klar: Percy wäre seiner Ansicht nach mit Mary Toliver um etliches glücklicher gewesen als mit Lucy Gentry.
    »Somerset ist dazwischengekommen«, antwortete Percy und knetete seine Knöchel, wie immer, wenn er in Gedanken versunken war.
    »Willst du darüber reden?«, erkundigte sich Matt. »Vielleicht ist der Johnny Walker gar keine so schlechte Idee.«
    Percy schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, der hilft nichts. Nein, ich möchte nicht darüber reden. Es ist vorbei … alles, was möglicherweise hätte sein können.«
    »Großvater …« Matt empfand Mitgefühl für Percy. »Das bricht mir das Herz. Hat Lucy je von dir und Mary erfahren?«
    »Ja, aber das mit Mary und mir war vor meiner Ehe mit deiner Großmutter, und danach gab es kein ›mit Mary und mir‹ mehr.«
    »Hast du sie nach deiner Hochzeit mit Lucy immer noch geliebt?«
    Percy knetete weiter seine Knöchel. »Ich habe sie ihr ganzes Leben lang geliebt, vom Augenblick ihrer Geburt an.«
    Du gütiger Himmel , dachte Matt. Fünfundachtzig Jahre …
    »Wusste Ollie es?«, fragte Matt.
    »Ja, von Anfang an.«
    Matt blähte überrascht die Backen. »War Mary der Grund, warum Lucy dich verlassen hat?«
    »Das spielte auch eine Rolle, doch deine Großmutter hatte andere Probleme.« Percy rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. »Aber das ist Schnee von gestern.«
    »Irgendwann würde ich gern mehr darüber erfahren, Großvater, über die Leerstellen in unserer Familiengeschichte. … Solange noch Zeit dazu ist.«
    Percy sah ihn erstaunt an. »Begreifst du gewisse Abschnitte unserer Familiengeschichte als Leerstellen? Ich verstehe, dass du neugierig bist, aber sie liegen in der Vergangenheit und betreffen dich nicht.«
    »Warum hast du dich nicht von Lucy scheiden lassen?«
    »Auch das ist ein Teil der Vergangenheit, der dich nicht betrifft.« Er bedachte Matt mit einem entwaffnenden Lächeln. »Geh jetzt lieber runter zu Amos und kümmere dich um ihn. Ihm geht’s nach dem Gespräch mit Rachel bestimmt noch schlechter als vorher. Wenigstens kann er sich mit dem Gedanken trösten, dass sie nun endlich in Howbutker leben wird. Er ist ganz vernarrt in das Mädchen.«
    Matt gab sich mit Percys Antwort zufrieden, obwohl er nicht begriff, warum sein Großvater stoisch eine Ehe geführt hatte, die diese Bezeichnung eigentlich nicht verdiente. Und er empfand so etwas wie Neid. Wie es wohl war, eine Frau zu lieben wie er … so lange und intensiv … und nie eine andere zu wollen? In dieser Hinsicht konnte er sich immerhin glücklich schätzen.
    »Ich freu mich auch darauf, wenn Rachel hier lebt«, sagte
Matt und stand auf. »Es wird Zeit, dass wir uns besser

Weitere Kostenlose Bücher