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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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oder wie Ollie es verdient hätte.
    Percy schlug mit der Faust gegen die Wand neben dem Spiegel und sank aufs Bett. Die Wut auf sich selbst und Mary drohte ihn zu überwältigen. Den Rest der Strecke nach Howbutker legte er auf dem Bett sitzend zurück, den Kopf in die Hände gestützt, während der Kaffee auf dem Nachtkästchen kalt wurde.
    Als sie den Bahnhof erreichten, sprang er aus dem noch fahrenden Zug und rief Isaac, einem der beiden Kutscher von Howbutker, zu: »Zu den Tolivers in der Houston Avenue.« Dann warf er sein Gepäck in die Kutsche und kletterte neben den Fahrer, weil er sich den kühlen Fahrtwind um die Nase wehen lassen wollte, um sich zu beruhigen. Sobald sie vor den Stufen zur Veranda der Tolivers hielten, sprang er herunter. »Warte hier auf mich«, instruierte er den Kutscher, hastete zur Haustür und klingelte Sturm, bis Sassie öffnete.
    »Kommen Sie lieber rein«, begrüßte sie ihn. Ihr Gesichtsausdruck bestätigte, was Titus gesagt hatte.
    »Dann ist es also wahr?«, fragte Percy.
    »Sie haben gestern geheiratet und den Fünf-Uhr-Zug genommen. Ging alles ziemlich schnell, weil Mister Ollie zu ’ner Modenschau in Paris muss, sagt jedenfalls Miss Mary.«
    »Was soll das heißen: ›Sagt jedenfalls Miss Mary‹?«
    Sassie zuckte mit den Achseln und verschränkte die Hände vor ihrer geblümten Schürze. »Sagt sie eben. Mister Ollie, der liebt sie wirklich. Damit können Sie sich trösten, Mister Percy.«
    »Warum hat sie das getan, Sassie?«, schluchzte er.
    Sassie legte den Arm um ihn, zog seinen Kopf zu sich herunter und strich ihm darüber. »Sie hat sich so nach Ihnen
gesehnt, Mister Percy, dass sie fast krank geworden ist. Miss Mary dachte, Sie kommen nie mehr wieder. Mister Ollie hat ihr aus dem Schlamassel mit Somerset rausgeholfen; da war sie ihm wahrscheinlich was schuldig. Wenn sie Sie schon nicht heiratet, wer wäre dann gut genug für sie gewesen?«
    »Was hab ich nur getan, Sassie?«
    »Sie sind jung, Sie und Miss Mary, das haben Sie getan. Die Liebe ist nichts für die Jungen. Nur die Alten sind klug genug, richtig mit ihr umzugehen. Ich würd Ihnen ja was zu trinken anbieten, aber im ganzen Haus gibt’s keinen Tropfen.«
    Percy richtete sich auf, holte ein Taschentuch hervor und wischte sich die Tränen ab. »Schon gut, Sassie. Ich kann sicher irgendwo eine Flasche auftreiben.«
    Sobald er wieder auf dem Kutschbock saß, fragte er den Fahrer: »Wie viel willst du für die Flasche Gin unter deinem Sitz, Isaac?«
    »Zwei Dollar. Sie ist bloß halb voll.«
    »Du kriegst noch mal fünf, wenn du es schaffst, unterwegs eine zweite Flasche zu organisieren.«
    Isaac schnalzte mit den Zügeln. »Ich denke, das lässt sich machen, Mister Percy.« Eine halbe Stunde später kletterte Percy vor der Hütte am See vom Kutschbock und reichte dem Kutscher einen Zehner und einen Fünfer. »Isaac, gib mir vierundzwanzig Stunden Zeit, bevor du irgendjemandem von meiner Rückkehr erzählst und meine Eltern bittest, mich hier abzuholen.«
    »Wie Sie meinen, Mister Percy.«
    Beatrice holte ihn allein ab. Ihr Mann war im Büro, als Isaac anrief. Später erfuhr Percy, wie seine Mutter, die keines der Warwick-Automobile lenken wollte, die Bediensteten angewiesen hatte, die zweisitzige Kutsche bereit zu machen und einige Dinge aus der Speisekammer zu bringen. Anschließend war sie hinauf in Percys Zimmer gegangen, um ein paar
Kleidungsstücke in eine Reisetasche zu packen, hatte ihren Hut aufgesetzt und die Handschuhe angezogen und, ohne die Haushälterin über ihr Ziel zu unterrichten, das Zweiergespann zu der Hütte im Wald gelenkt.
    Dort fand sie ihren Sohn auf dem Sofa vor, das Gesicht aschfahl, den Blick auf die Decke gerichtet. Das Licht von draußen fiel auf die blonden Bartstoppeln an seinem Kinn und zwei leere Flaschen schwarzgebrannten Gin auf dem Boden. In der Hütte stank es nach billigem Fusel und Erbrochenem, wovon sich eine Spur über die Hemdbrust ihres Sohnes zog.
    Beatrice ließ die Tür zum Lüften offen, machte die Fenster auf und schürte den Ofen an. Dann zog sie Percy die schmutzigen Sachen aus, dirigierte ihn nackt zu der Dusche am See und pumpte das Wasser heran, während er sich einseifte und unter dem kalten Strahl zitternd wusch. Hinterher trocknete er sich mit Handtüchern ab, hüllte sich in den Daunenquilt, den sie ihm mitgebracht hatte, und kehrte in die Hütte zurück, wo eine Schale heiße Suppe sowie eine Tasse frisch aufgebrühter Kaffee auf ihn warteten. Danach

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