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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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diskutieren. Wir sind einfach zu verschieden. Ich will nicht trotz meiner Persönlichkeit geliebt werden, sondern wegen ihr – was dir unmöglich zu sein scheint.«
    »Es ist mir scheißegal, wie es scheint.« Sein Gesicht rötete sich. »Ich liebe dich. Punkt. Diese Auseinandersetzungen haben nichts mit Liebe zu tun.«
    »In meinen Augen schon. Für mich gilt unsere Abmachung
nicht mehr!« Sie marschierte an ihm vorbei in den Flur. »Außerdem blutest du!«, rief sie über die Schulter gewandt zurück. Er hatte sich an einem Dorn gestochen. »Lecke du deine Wunden, ich kümmere mich um die meinen.«
    Er streckte hilflos die Hand aus. »Mary …«
    Doch sie eilte die Treppe hinauf und war schon fast beim Zimmer ihrer Mutter, als sie hörte, wie sich die Haustür schloss.
    Am nächsten Tag wurde eine langstielige rote Rose von Percy geliefert, mit einem kurzen Brief: Vergib mir. Wie dumm von mir, zu einem so ungünstigen Zeitpunkt ein so heikles Thema anzuschneiden. Du hättest Trost gebraucht, nicht Kritik. Es tut mir leid, dass ich nicht die Liebe bewiesen habe, die ich aus tiefstem Herzen für Dich empfinde. Percy.
    Mary antwortete mit der letzten weißen Rose aus dem Garten. Obwohl sie vom Regen zerzaust war, würde sie die gewünschte Botschaft vermitteln. Mary ließ sie, ebenfalls mit einem Brief, von Toby nach Warwick Hall bringen: Du brauchst Dich nicht dafür zu entschuldigen, dass Du die Wahrheit gesagt hast, wie Du sie siehst. Das zeigt nur die unüberbrückbaren Unterschiede zwischen uns beiden. Mary.
    Sie erwartete, dass er sofort mit dem Wagen zum Haus oder auf die Plantage brausen würde, doch der Pierce-Arrow tauchte nicht auf. Am folgenden Abend hörte sie von Ollie, dass Percy eine Geschäftsreise angetreten habe.
    »Tatsächlich?«, fragte sie. Die Nachricht verletzte sie zutiefst. »Davon hat er gar nichts erwähnt.«
    »Percy ist unterwegs nach Oregon, wo sein Unternehmen Wälder erworben hat und es Probleme mit den Holzfällern gibt. Das sind raue Gesellen. Er wollte dich nicht damit belasten, aber ich dachte, du möchtest sicher Bescheid wissen.«
    Der liebe Ollie … Immer versuchte er, Frieden zwischen ihr und Percy zu stiften. Bestimmt dachte er nun, dass sein
Opfer für sie vergebens gewesen war. »Danke«, sagte sie. »Dann werde ich erst einmal eine Weile nicht mit ihm rechnen.«
    Als Ollie weg war, blieb sie niedergeschlagen auf der Verandaschaukel sitzen. Zwei Verluste in einer Woche und niemand in der Familie, an den sie sich hilfesuchend wenden konnte. Sie erinnerte sich an Opa Thomas’ Tod, bei dem sie elf gewesen war und sich gefühlt hatte, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. Nach der Beisetzung war ihr Vater mit ihr am späten Nachmittag hinaus zur Plantage gefahren, wo die Felder so kurz vor der Ernte in strahlendem Weiß erstrahlten. Ihr Vater hatte sie an der Hand genommen und war mit ihr die Baumwollreihen abgegangen, bis die Sonne am Horizont versank. Wie immer hatten sie über Baumwolle gesprochen. Ohne ein Wort über den Tod seines Vaters oder seine Trauer verlieren zu müssen, hatte er ihr seine Gefühle über ihre verschränkten Hände vermittelt.
    Wie sehr sie sich jetzt gewünscht hätte, ihre Hand in die ihres Vaters legen zu können!
    In der folgenden Woche erhielt sie eine kurze Nachricht von Lucy:
    Ich spiele mit dem Gedanken, mich am Ende des Schuljahres um die Stelle in Bellington Hall zu bewerben, wenn die alte Peabody mich zurückhaben möchte. Wie Du vielleicht gehört (und prophezeit) hast, bin ich von Percy schon am ersten Tag nach seiner Heimkehr vor die Tür gesetzt worden. Er liebt eine andere, angeblich bereits, seit sie auf der Welt ist. Kennst Du sie? Nein, verrat es mir nicht. Ich will es gar nicht wissen. Wenn, würde mich die Eifersucht auffressen. Wahrscheinlich entspricht sie genau Deiner Beschreibung seiner Idealfrau. Es wundert mich, dass Du mir nie von ihr erzählt hast. Dann hätte ich meine Zeit nicht mit aussichtslosen Träumen vergeudet.
– Nein, natürlich hast Du Dich aufrichtig bemüht, mir meine Liebe auszureden. Ich halte Dich auf dem Laufenden. Wer weiß, wann das Schicksal uns wieder zusammenführt. Viel Glück, Lucy.
    Mary faltete den Brief mit einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Erleichterung zusammen. Wenn sie und Percy nicht heirateten, würde ihre frühere Zimmergenossin vermutlich nie erfahren, dass sie selbst die Frau war, die Percy schon ihr ganzes Leben lang liebte. Falls sie es erfuhr,

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