Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
geiferten und heulten, und Kalan heulte ebenfalls. Seine Stimme erhob sich über alle anderen und er griff nach dem Speer. » Es ist mir egal! Ich werde das beenden. Jetzt! «
Der rechte Arm des Jagdmeisters war wie eine Stahlzwinge und sorgte dafür, dass er sich nicht bewegen konnte. » Willst du unsere Welt zerstören? « , knurrte die harte Stimme in sein Ohr. » Glaubst du, dass das deine Freundin retten wird? «
» Aber es geschieht doch nichts! « , brüllte Kalan ihn an. » Ihr und Euer Neun-verfluchtes Symbol habt sie ohnehin schon getötet! «
» Schweig. « Die schwache, schnarrende Stimme befand sich in Kalans Gedanken und bahnte sich einen Weg durch seine innere Unruhe. » Hab Vertrauen, und du wirst sehen, wie gut du gearbeitet hast mit deiner Macht der Drei. «
Kalan hörte es kaum. » Es ist zu spät « , dachte er, » alles zu spät. Ich habe versagt. Nichts kann Malian jetzt noch retten. « Dann ließ er sich gegen den Arm des Jagdmeisters fallen, und Verzweiflung zerriss ihm die Kehle.
21 Spielfiguren auf dem Brett
Es war bereits spät, als Asantir ihre Runde durch die Neue Burg machte. Die Lampen in den Fluren und Korridoren strahlten wie Juwelen und tauchten das Gesicht des Ehrenhauptmanns in Rosa, Kupfer und Gold. Doch trotz des Lichts blieben Schatten und sammelten sich in jeder Ecke und Nische.
» Lichter gegen die Finsternis « , dachte Asantir und schritt leise durch die stillen Hallen. » Wir sind wie Kinder, die ihr Kindermädchen dazu bringen, eine Kerze anzulassen, um die dunklen Stunden zurückzuhalten. Und das von dem Haus, das die Nacht in seinem Namen trägt. «
Asantirs Lippen pressten sich dünn aufeinander. Ihre Aufgabe war es aber, sich mit der Welt so, wie sie war, auseinanderzusetzen, also schob sie den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf die schattigen Ecken und dunklen Nischen. Sie war zutiefst erschöpft. Ihre verwundete Schulter war nur ein dumpfer, pochender Schmerz, doch sie hielt ihre Augen und Ohren offen. Während und direkt nach dem Ausflug in die Alte Burg hatte sie Dulkatblätter gekaut, um den Schmerz zu betäuben. Aber man konnte sie auch nicht unbegrenzt benutzen, und ihre Wirkung war schon längst verflogen. Jetzt konnte man nichts mehr tun, außer die Zähne zusammenzubeißen und es auszuhalten.
Der Oberste Heiler Akerin hatte sich die Schulter sofort nach ihrer Rückkehr aus der Alten Burg angeschaut und hatte leise gezischt. » Was ist denn das für ein Unsinn, Asantir? « , hatte er verlangt zu wissen. » Wenn Ihr diese Wunde noch länger sich selbst überlassen und eine Infektion bekommen hättet, dann wäre nicht nur Eure Schulter, sondern auch Euer Leben jenseits unserer Heilkräfte gelegen. Und was wäre dann aus uns geworden? Die Nacht kann sich nicht leisten, den Befehlshaber der Burg und den Ehrenhauptmann gleichzeitig zu verlieren! «
Sie hatte ihre gesunde Hand ausgestreckt und die seine ergriffen. » Manchmal erfordern verzweifelte Situationen verzweifelte Maßnahmen. Und Ihr hättet immer noch den Grafen und alle anderen Hauptleute, die dieser Burg dienen. «
Akerin war ein ebenso erfahrener Veteran wie jeder Wachmann in der Burg und schüttelte den Kopf. » Gerenth zu verlieren war ein schwerer Schlag, aber Euch zu verlieren … « Er hatte aufgehört, als eine Ordonnanz den Raum betrat, und gewartet, bis der Mann wieder weg war, bevor er weitersprach. Dennoch hatte er leise gesprochen. » Ihr werdet Euch entscheiden müssen zwischen dem Kommando über die Burg und dem Posten als Ehrenhauptmann. Die Nacht ist zu verwundbar, wenn nur eine Person – egal, wie fähig diese ist – beide Posten ausfüllt, und sei es nur für einen kurzen Zeitraum. «
» Akerin hatte recht « , dachte Asantir jetzt, » besonders, wenn wir ohnehin schon unter Druck stehen. «
Sie wusste, dass der Graf vorhatte, Gerenth so bald wie möglich zu ersetzen. Doch das war kein Posten, den jeder ausfüllen konnte, und Gerenth hatte es geschafft, seine ältesten Leutnants mit abschlachten zu lassen. » Also müsst Ihr diesen Posten noch ein wenig länger bekleiden, Asantir « , hatte der Graf ihr gesagt. Sie hatte genickt und das akzeptiert. Danach hatten sie sich ausführlich über die Folgen des Kampfes für das Haus und die Burg unterhalten und über ihre Möglichkeiten, mit seinen Nachwirkungen fertigzuwerden.
Das war keine leichte Diskussion gewesen. Die bittere Realität war, dass ihre Verwundbarkeit offengelegt worden war. Asantir graute es davor,
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