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Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Lowe
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nicht enden zu wollen. Sie hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, als der Pfad plötzlich steil anstieg und sie dunkle Schatten im öden Grau entdeckte. Sie wagte es kaum zu hoffen, doch als sie näher kam, sah sie, dass es sich bei den Schatten tatsächlich um eine der Turmruinen handelte. Die Fundamente schälten sich aus den Wolken, dann sah sie verfallene Mauern auf beiden Seiten. Der Turm selbst endete rund dreißig Fuß über ihrem Kopf. Dort waren die Steine herabgestürzt. Die Stelle, an der er stand, war ungeschützt, und das niedrige Gestrüpp hatte dem Wind nichts entgegenzusetzen. Malian zögerte und biss sich auf die Lippe. Der Wind und die Wolken stoben um sie herum.
    » Am besten steigst du ab und bleibst bei den Pferden « , sagte sie zu Kalan. » Die windabgewandte Seite der Mauer sollte dir ein wenig Schutz gewähren. Ich sehe mich um. Vielleicht finde ich ja etwas Besseres. «
    Der Turm war größer, als sie geglaubt hatte, und das Dornengestrüpp hatte sich bis zu seinen Mauern ausgebreitet. Es dauerte eine Weile, bis Malian sich zu seiner Rückseite vorgearbeitet hatte. Dort entdeckte sie einen Torbogen, hinter dem sich der offene Eingang befand. Sie erwartete, einen Steinkreis und darüber endlose Wolken zu sehen, stattdessen war da ein Tunnel, der tief in die Dunkelheit führte. Malian zögerte und dachte an die wilden Tiere, die darin vielleicht hausten, doch dann schüttelte sie den Kopf. Der Tunnel bot Schutz vor dem Wetter, alles andere war egal. Sie drehte sich um und machte sich auf den Weg zurück zu Kalan. Ihre Gedanken waren nicht mehr abgelenkt, deshalb spürte sie jeden Stein unter den Füßen und jedes Kratzen der Dornen.
    Kalan saß an der Mauer und hielt die Zügel der Pferde mit der Hand fest, die er nicht auf die Wunde gepresst hatte. Ohne Murren stand er auf, als Malian ihm sagte, was sie gefunden hatte. Er musste sich jedoch schwer auf sie stützen, während sie langsam um den Turm herumgingen. Erst als sie vor dem verwitterten Torbogen stehen blieben, kam Leben in ihn.
    » Das ist ja die Jagd « , sagte er.
    Malian sah hin – und fragte sich, wie ihr das hatte entgehen können. Das fliehende Wild, die verfolgenden Hunde und die Jäger hinter ihnen waren in den Stein geritzt worden. Da war das Horn, das fröhlich in den Himmel gehoben wurde, der ausgebreitete Umhang und die im Schatten liegenden Augen, die die jagenden Hunde beobachteten. Genau das hatte sie in der rotweißen Suite gesehen. Der einzige Unterschied war der Falke, der hoch über allen flog. Seine Flügel schienen den gesamten Himmel einzunehmen.
    » Der Jagdmeister und seine Krähe sollten auch dort sein « , sagte Kalan. Er sprach ein klein wenig undeutlich.
    Malian schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht, was er meinte, hoffte nur, dass er sich nicht ebenso veränderte wie Nhairin. » Wir brauchen eine windgeschützte Ecke « , sagte sie entschlossen, » und müssen einen Blick auf deine Wunde werfen. «
    Sie zögerte. » Aber ich bin mir nicht sicher, wie die Pferde auf diesen Ort reagieren werden. «
    Wie sich herausstellte, waren die Pferde alles andere als erfreut über den Tunnel, ließen sich aber schließlich davon überzeugen, ihn zu betreten. Malian nahm an, dass das zum einen am Wetter und zum anderen an den unterirdischen Ställen in der Burg der Winde lag, mit denen sie vertraut waren. Trotzdem scheuten sie unter dem Torbogen, tänzelten und legten die Ohren an, als Malian sie durch den gewundenen Tunnel zu führen begann. Kalan hielt sich mit einer Hand an einem Steigbügel fest, die andere presste er immer noch auf die Wunde.
    Malian hatte befürchtet, der Tunnel würde sie tief unter die Erde führen, doch der Höhenunterschied betrug gerade mal ein Stockwerk. Als der Gang breiter wurde, spürte sie, dass auch die Decke an Höhe zunahm, so als würde sie sich wölben. Die Luft war trocken und roch ein wenig abgestanden, aber das war nicht unangenehm.
    » Was glaubst du, wo wir hier sind? « , flüsterte Malian. Sie wagte es nicht, normal zu sprechen.
    » Sieht wie eine Höhle aus « , antwortete Kalan, während er sich umsah. » Oder ein Keller. Oh, ich habe ja ganz vergessen, dass Schwester Korriya mir eine dieser Kegellampen mitgegeben hat. Sie ist in meiner Satteltasche. «
    » Und das sagt er mir jetzt « , murmelte Malian. Sie suchte in der Tasche, bis sie die Lampe fand. Es dauerte einen Moment, bis sie zündete und begann, Licht zu spenden. Dann sah Malian sich um. Sie entdeckte Wände

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