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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Blutbad, in das sich die Schlacht vor Lützen verwandelt hatte, gelegt hatte, waren willkürlich sechs Männer aus dem Småländischen Regiment ausgewählt worden, um mit einem Spießrutenlauf für denTod Gustav Adolfs zu bezahlen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die meisten Småländer noch geglaubt, die hastigen, plump formulierten Nachrichten der Feldherren – dass der König zwar verwundet worden sei, sich aber bei guter Gesundheit befinde und nun erst recht darauf brenne, die kaiserliche Pest vom Antlitz des Kontinents zu fegen – tatsächlich zutrafen. Kaum einer hatte sich vorstellen können, dass der »Löwe aus Mitternacht«, wie man ihren König genannt hatte, dass Gustav Adolf von Schweden tot sein könnte; und noch weniger, dass man dem Småländischen Regiment die Schuld daran geben würde. Samuel war sicher gewesen, dass die sechs willkürlich Erwählten vollkommen verwirrt durch die Todesstrecke taumelten und weniger den Schmerz der Schläge und Stiche spürten als die Ratlosigkeit, warum ihnen das widerfuhr. Wie auch immer, nach dem vierten Mann war die Königinwitwe mit ihrer Kutsche im Lager eingetroffen, Marie Eleonore von Brandenburg. Der Profos hatte das Spießrutenlaufen sofort beendet und sich verlegen zu der prächtigen Karosse begeben. Nach einem kurzen Gespräch war er wieder zurückgekommen und hatte das Spektakel fortführen lassen. Die beiden letzten Männer waren von ihren ehemaligen Kameraden totgeschlagen worden; die Kutsche hatte, als man die blutig geschlagenen Leichname an den Hälsen ins Geäst des nächsten Baumes gehängt hatte, schweigend gewendet und war davongerollt.
    Nein, wenn die Nachricht der unbekannten Frau aus dem Königshaus kam, dann war ihr Ende nur aufgeschoben.
    Die Tür flog auf, und der Profos polterte herein. Die Småländer zuckten zurück.
    »Auuuf-STELLUNG!«, brüllte der Profos.
    Ein Dutzend Augenpaare flogen Samuel zu. Samuel wusste, dass er kalkweiß geworden war, so wie er wusste, dass er nun erst recht keine Schwäche zeigen durfte. Er nickte Alfred Alfredsson zu, dem ewig Zuverlässigen. Der Stimmedes ehemaligen Wachtmeisters war nichts anzumerken, als er bellte: »Aufstellung, Kerls!«
    Der Profos stürmte auf Alfred zu. »Was erlaubst du dir, du Dreckskerl! Die Befehle gebe ich !«
    Er hob seinen Stock. Samuel trat dazwischen. Der Zorn des Profos richtete sich sofort gegen ihn. »Glaubst du, ich scheu mich, dir eine reinzuhauen, weil du mal Offizier warst?«
    »Nein«, sagte Samuel, »so gut kennen wir dich schon.«
    Die Småländer hatten Aufstellung genommen. Einer, der die Rolle des Corporals einnahm, rief: »Schwadron bereit, Wachtmeister!«
    Der Profos biss erbittert die Zähne zusammen. Samuel zwang sich, ihn anzulächeln. »Na bitte«, sagte er. »Sie hören doch auf dich.«
    »Du bist heute viel besser aufgelegt als sonst«, sagte Alfred auf Schwedisch.
    »Was sagt er?«, schnappte der Profos.
    »Er hat nur Meldung gemacht, das ist alles.«
    Der Profos schlug Alfred gegen die Schulter und schob ihn zu den Männern hinüber. »Stell dich daneben! Wird’s bald?«
    Samuel machte Anstalten, Alfred zu folgen. Der Stock des Profos schlug gegen seinen Bauch. Er spürte die noch panischer werdenden Blicke seiner Männer, dass man sie so von ihm separierte. Als die Soldaten des Profos einen Korb mit Halseisen und einer langen Kette hereinschleppten, wurden entsetzte Ausrufe laut. Samuel wusste nicht, welches Gefühl stärker in ihm loderte: die eigene aufsteigende Panik oder die Fassungslosigkeit, wie man mit der Todesangst der Männer spielte. Verglichen damit waren sogar die Himmelfahrtskommandos, zu denen man sie eingeteilt hatte, eine anständige Sache gewesen.
    »Ruhe!«, brüllte Alfred und grinste dann den Profos mitdem Gesichtsausdruck eines kleinen Jungen an, der bereit ist, mit Frechheit weiterzumachen, obwohl seine Füße in den Scherben des Kirchenfensters stehen und er die Steinschleuder noch in der Hand hält.
    »Ich lass euch die Halseisen anlegen, Schweinebande!«, rief der Profos. »Mir persönlich ist es scheißegal, ob eines zu eng sitzt, weil sein Träger die Gurgel nicht ordentlich rausgestreckt hat. Aufstellung nehmen! Jeder Zweite: Kehrt! «
    »Kooperation, Kerls!«, brüllte Alfred. »Das ist ein Befehl!« Wären seine eigenen Gefühle nicht ein Mahlstrom gewesen, hätte Samuel sich gefragt, ob der ehemalige Wachtmeister sich nicht in Wahrheit amüsierte. Jeder Zweite der Männer machte eine exakte Kehrtwendung und blieb dann

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