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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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das nicht. Ich glaube … ich kann nichts mehr sehen … ich werde ohnmächtig …«
    »Nein, wirst du nicht.«
    »Wenzel, o mein Gott, was hab ich getan? Ich kann das nicht …!«
    »Du hast es doch schon gekonnt.«
    Sie starrte auf den Schnitt, den sie gemacht hatte. Er verlief gerade von Lýdies Ellbogen bis hinunter fast zum Handgelenk. Der Gestank schnürte Alexandra die Kehle zu; ein frisch aufgebrochenes Grab konnte nicht stärker nach Fäulnis und Verfall riechen. Immer noch mit dem Gefühl, als sei sie weit weg von diesem Ort, hob sie die hauchdünne Klinge des Skalpells aus dem Schnitt, und ein Blutstropfen quoll hervor und lief an Lýdies Unterarm nach unten, formte ein dünnes Rinnsal frischen, hellen Rots, das mit hastigen Tropfen auf den Boden zu rinnen begann. Alexandra blinzelte. Unvermittelt und schwindelerregend plötzlich kehrte sich alles um. Nun konnte sie jedes einzelne Härchen auf Lýdies Arm sehen; die verfärbte Haut bestand aus einzelnen missfarbenen Flecken. Beinahe hätte sie das Skalpell vor die Augen gehoben; sie war sicher, sie hätte in diesem Augenblick jede noch so kleine Unebenheit in der Klinge erkannt, einer Klinge, die so scharf geschliffen war, dass sie ein fallendes Haar hätte zerteilen können.
    »Drück die Wunde dort ab, wo das Blut herauskommt«, hörte sie sich sagen.
    »Wirst du einen zweiten Schnitt machen?«, fragte Wenzel, der mit der freien Hand eines der sauberen Tücher angelte und es geschickt um Lýdies Unterarm wickelte.
    »Du weißt Bescheid.«
    »In meinem Kloster gibt es jede Menge Bücher …«
    Sie sah auf und begegnete seinem Blick. Der kalte Schweiß brach ihr erneut aus. »Dann hast du auch gelesen …«
    »Ja.«
    »Dies ist eine Behandlung, die man …«
    »Mach weiter und hör auf, dich zu quälen. Du tust das Richtige.«
    »… die man dann anwendet, wenn der Patient schon aufgegeben worden ist. Wenn der Tod im Grunde unausweichlich ist.« Alexandra vernahm ihre Stimme; sie war so schrill wie das Kreischen eines Vogels, der auf einer Leimrute festsitzt.
    »Ein guter Arzt gibt seinen Patienten niemals auf.«
    »Hast du nicht gehört, Wenzel? Dies ist …«
    Wenzel beugte sich zu ihr herüber und gab ihr einen Kuss auf die Lippen. Sie fuhr zurück. »Mach weiter«, sagte er. »Ohrfeigen kannst du mich später.«
    Sie starrte ihn an. Ihr wurde klar, dass sie in den letzten Augenblicken vor Panik aufgehört hatte zu atmen. Nun sog sie tief die Luft ein. Sie setzte das Skalpell erneut an. Ihre Hand zitterte nicht mehr.
    »Nach Amputationen«, murmelte sie, während sie das Skalpell nach unten führte und der Schmerz erneut in Lýdies weit entferntes Bewusstsein drang und sie stöhnen und zucken ließ, »wenn das Fleisch sich entzündet und der Patient mit anderen Mitteln nicht mehr gerettet werden kann, schneidet man das entzündete Fleisch oberhalb der Wunde in Längsstreifen auf. Man hält die Wunde sauber und offen, sodass die faulen Säfte abfließen können … siehst du, auch hier kommt frisches Blut, das ist ein gutes Zeichen … binde es ab! … und wenn es Gott gefällt und der Schnitt tief und lang genug ist … hier, die anderen Tücher … mach dünne Rollen … drück sie in die Schnitte … ich ziehe das Fleisch auseinander … Gott, dieser Gestank … wenn es Gott gefällt und der Arzt nicht gepfuscht hat und der Patient einen starken Lebenswillen hat, wird die Vergiftung aus seinem Körper herausgespült …« Sie lehnte sich zurück. »Fertig …«
    »Leg das Skalpell weg«, sagte er.
    Ihre Blicke wanderten zu ihrer Rechten. Sie hielt das Skalpell mit weißen Knöcheln umklammert. Ein dünner Faden von Lýdies Blut war an der Klinge herabgelaufen und aufihrem Handrücken erstarrt. Während sie ihre Hand anstarrte, begann sie von Neuem zu zittern.
    »Leg das Skalpell weg.«
    Sie senkte die Hand auf das Tuch neben ihrer Tasche, auf dem die Knochensäge lag. »Ich kann die Finger nicht öffnen!«
    »Natürlich kannst du das.«
    Sie sah sich selbst dabei zu, wie sich ihre Finger langsam vom Griff des Skalpells lösten, einer nach dem anderen. Am Ende lag das Instrument auf dem Tuch, und wäre nicht das Blut an der Klinge gewesen, hätte es so sauber gewirkt wie vor seinem Einsatz. Alexandra hatte nicht einmal Fingerabdrücke darauf hinterlassen. Die Geräusche aus der Umgebung drangen wieder an ihre Ohren, das Knacken des Gebälks und der Vertäfelung und von unten das Geschrei ihres Bruders Andreas. Es schien, als sei es noch immer die

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