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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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sehr.«
    »Was?«
    »Ich glaube, du bist kein Engel. Engel haben Flügel. Du hast keine Flügel. Du bist eine Hexe.«
    Alexandra versuchte etwas zu sagen, aber sie brachte nichts heraus.
    »Hier hat man früher viele Hexen verbrannt«, fuhr das Mädchen fort. »Sagt meine Mama.«
    »Ich habe davon gehört …«
    »Meine Mama hat erzählt, alle hätten gesagt, die Hexen waren böse.«
    »Das erzählt man immer.«
    »Jetzt sagt man, dass die böse waren, die die Hexen verbrannt haben.«
    »Die Welt wäre ein einfacherer Ort, wenn Gut und Böse so leicht festzustellen wären.«
    »Ich glaube, du bist eine gute Hexe.«
    Alexandra schnaubte humorlos. Plötzlich brach es aus ihr heraus: »Ich hatte einen Sohn, der war ungefähr so alt wie Lýdie heute.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Er ist gestorben.«
    »Hast du gehofft?«
    »Bis zuletzt«, sagte Alexandra und fühlte, dass sie im nächsten Moment zusammenbrechen würde.
    »Warum hast du ihn nicht gerettet?«
    »Gott wollte ihn lieber im Himmel haben als hier auf der Erde.«
    »Ich habe dir wehgetan mit meiner Frage.«
    »Nein«, log Alexandra und wischte sich die Tränen ab. »Nein.«
    »Mama vermisst mich. Ich muss wieder zurück.«
    »Ja.«
    »Heute ist das Christfest. Alles ist vergeben«, sagte das Mädchen und trottete zurück.
    Alexandra starrte ihr nach. Alles ist vergeben , wiederholte sie in Gedanken. Und allen Menschen ist vergeben. Nur mir nicht. Weil ich mir selbst nicht vergeben kann.

10.
    Sie war eine Schönheit mit dunkelrotem Haar und scharf geschnittenem Gesicht, sie kam aus der Heimat, sie war eine Gräfin, sie hieß Ebba Sparre, und es dauerte eine Weile, bis Samuel sich daran erinnerte, dass Königin Kristina, als diese noch ein kleines Mädchen und das Småländische Regiment nicht die Schande Schwedens gewesen war, eine gleichaltrige Spielgefährtin mit diesem Namen gehabt hatte. Heute war Ebba Sparre, und dies war sogar bis zu Samuels Ohren gedrungen, immer noch die Gefährtin der Königin, nur dass die Spiele jetzt alles andere als unschuldig und die Spielwiese das Bett im königlichen Schlafgemach war. Er betrachtete das makellose Gesicht Ebba Sparres und fühlte tiefe Befriedigung, dass das unglückliche Kind, das Königin Kristina gewesen war, das Herz der größten Schönheit Schwedens besaß.
    Das Gesicht der Frau, der er zur Flucht verholfen hatte, schob sich plötzlich vor Ebbas Anblick. Er ahnte, dass Ebbas Schönheit ebenso zeitlos sein würde, und unvermittelt dachte er, dass ein durchschnittlicher Mann, dem es vergönnt wäre, auch nur einen halben Tag mit den beiden zusammen in einem Raum zu verbringen, danach würde sterben wollen, weil es nichts Hehreres mehr zu erreichen gab.
    »Es tut mir leid, das mit den Ketten«, sagte Ebba. »DerBefehl stammt nicht von mir. Aber ich wollte die Lage nicht noch zum Kippen bringen, indem ich ihren Einsatz verweigerte. Stockholm ist weit, und General Königsmarck ist unberechenbar.«
    »Die Anordnung, die Hinrichtung aufzuschieben, kommt aus Stockholm?«, krächzte Samuel.
    Ebba nickte. »Willst du mir zuhören, was ich zu sagen habe, Rittmeister Brahe?«
    »Ich bin kein Offizier mehr, ich bin …«
    »Willst du mir zuhören?«
    Samuel gelang es, ein Grinsen aufzusetzen. »Ich habe eigentlich jede Menge zu tun, aber ausnahmsweise …«
    Sie gab sein Grinsen zurück und trat einen Schritt an ihn heran. Die Gerüche einer langen Reise und von Nächten, die mit einem unruhigen Schlaf in der rauchigen Schankstube einer Herberge oder vor der ranzigen Tranlampe in der Kajüte eines Schiffs verbracht worden waren, stiegen ihm in die Nase. Gleichzeitig roch er den schwachen Duft ihres Haars und was von einem Parfüm noch übrig war, das sie getragen haben musste. Plötzlich schämte er sich seines eigenen Gestanks nach Schweiß und Todesangst.
    »Ich weiß, dass du vor deinen Männern keine Geheimnisse hast, Rittmeister Brahe, aber mir wäre es lieber, wenn wir das, was ich dir antragen will, zunächst unter uns besprechen könnten.«
    Samuel musterte sie. Dann wandte er sich ab. »Alfred? Die Männer sollen ein Lied singen.«
    Die Pause war so kurz, dass nur jemand, der Alfred Alfredsson genau kannte, seine vollkommene Überraschung erkannt hätte. »Hast du einen besonderen Wunsch, Rittmeister?«, fragte er dann zackig. Samuel fühlte sich amüsiert von der Anrede. Selbst Alfred, der stets seine Energie darauf verwendet hatte, dass die Autorität seines befehlshabenden Offiziers (und besten Freundes) unter

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