Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
Rittmeister. Wir sind Nachbarn der Småländer, da färben ein paar schlechte Angewohnheiten ab. Und ich bin Ebba, nicht ›Euer Gnaden‹.«
Sie hielt Samuel die Hand hin. Er ergriff sie und schüttelte sie.
»Männer!«, rief er dann. »Kommt her. Ich muss euch etwas mitteilen.«
Ebba sah ihn überrascht an. »Nein!«, zischte sie. Die Småländer versammelten sich um sie beide. Einige lächelten Ebba scheu an. Auf ein paar der stoppeligen Wangen waren Tränenspuren zu sehen.
»Die Hälfte des Unglücks in der Schlacht kommt davon, weil die Männer nicht Bescheid wissen«, sagte Samuel. »Das war bei Lützen nicht anders – und du darfst glauben, dass wir ganz besonders aus Lützen gelernt haben.«
»Aber ich habe doch gesagt, es ist …«
»Geheim?« Samuel lächelte. »Wer soll es nachher noch ausplaudern? Männer!«, rief er dann laut. »Was haltet ihr davon, auf einer letzten Mission alle ins Gras zu beißen?«
Sie starrten ihn ebenso verwirrt an wie Ebba, deren Brauen sich zusammenzogen.
»Auf einer letzten Mission, die ihr als Angehörige des großartigen Småländischen Regiments vollführt, eine Mission, die dafür sorgen wird, dass das Småländische Regiment seine Fahnen zurückbekommt, eine Mission, an deren Ende wir und unsere Kameraden, die bei Lützen und seither gefallen sind, in unserer Ehre wiederhergestellt werden!«
»Was meinst du damit, Rittmeister?«, fragte jemand.
»Ich meine damit, Björn Spirger, dass deine Witwe unddeine Kinder zu Hause erfahren werden, dass du vor sechzehn Jahren nicht als Feigling aufgehängt wurdest, sondern in Wahrheit als Held im Auftrag der Königin höchstselbst gefallen bist, und dass sie die Entschädigung bekommen, die jedem Hinterbliebenen eines ehrenhaft gefallenen Soldaten zusteht, und dass dein Sprössling den Namen Spirgersson mit Stolz führen kann.«
Sie starrten ihn an.
»Das meinst du nicht ernst«, sagte Björn Spirger.
»Meine ich es ernst, Wachtmeister Alfredsson?«
»Jawohl«, brüllte Alfred.
Unwillkürlich wanderten ihre Blicke zu Ebba. Sie nickte.
»Was sollen wir dafür tun?«, fragte Spirger. Er grinste mit einer Reihe von Zahnlücken, durch die man eine Kugel hätte treiben können, ohne den Rest seines Gebisses zu beschädigen. »Dem Teufel die Schwanzhaare ausreißen?«
»Nein«, sagte Samuel, der ignorierte, dass Ebba ihn am Ärmel packte. »Wir stehlen sein Vermächtnis und übergeben es unserer Retterin hier, Ebba Larsdotter Sparre, Gräfin Horn zu Rossvik, die es nach Stockholm zu unserer allergnädigsten Königin Kristina bringen wird.«
»Ich dachte, das Vermächtnis des Teufels ist dieser verdammte Krieg hier, Rittmeister«, sagte Spirger.
»Es heißt«, sagte Ebba ruhig, »dass er nicht zuletzt wegen dieses Vermächtnisses ausgebrochen ist.«
Sie musterten sie, manche mit zusammengekniffenen Augen. Als protestantische Schweden war ihnen der Teufel suspekt; aber als Soldaten in der Armee, die die zwanzigtausend Toten von Magdeburg, die verwüsteten Bauerndörfer und Ruinenstädte und die schwelenden Überreste von Menschen gesehen hatte, die man als Hexen verbrannt hatte … als Soldaten, die miterlebt hatten, wie ihre eigenen Kameraden von der Grausamkeit angesteckt wurden und sich von einer Befreiungs- in eine Armee des Todes verwandelt hatte … alssolche Soldaten war ihnen mittlerweile klar geworden, dass es den Teufel doch gab und dass ein Stück von ihm ganz tief im Herzen eines jedes Menschen hockte und darauf wartete, herausgelassen zu werden.
»Es ist ein Buch«, sagte Samuel. »Oder es sieht aus wie ein Buch. Aber was immer es ist – wir holen es uns, und wenn nur einer von uns mit seinem letzten Atem hierher zurückkehrt und es Gräfin Sparre in die Hände drückt, dann haben wir doch nicht umsonst gelebt.«
»Vielleicht«, sagte Björn Spirger und bewies, dass auch ein Mann mit Zahnlücken und einem Gesicht, das aussah wie eine geballte Faust, die Träume noch nicht vergessen hatte, die er als Junge geträumt hatte, »hört der Krieg dann ja wirklich auf, wenn wir das verdammte Ding außer Landes geschafft haben. Vielleicht wachen all die Verrückten hier dann endgültig auf.«
»Ja, mein Junge, wer weiß«, sagte Samuel und nickte ihm zu. »Also, wie sieht es aus?«
»Die Alternative ist …«, begann Ebba.
»Entschuldige, Euer Gnaden«, sagte Björn Spirger. »Aber wir brauchen keine Alternative, selbst wenn sie hieße: ›Kehrt unbehelligt und in Frieden nach Hause zurück.‹ Wir folgen dem
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