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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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dem kleineren der beiden Jungen, bückte sich und packte seine Hinterbacken mit der Rechten. Der Junge schrie auf. Johannes zog die Hand zurück und schnupperte daran.
    »Eins …«
    Alexandras Blick fand den Wenzels. Tu etwas! , schrie sie stumm. Wenzels Gesicht war eine verzerrte Fratze der Hilflosigkeit.
    Johannes ließ den Jungen los und stellte sich hinter den Halbwüchsigen. Dessen Nerven versagten, und er begann ebenfalls zu weinen. Johannes zwängte seine Hand grob von hinten in seinen Schritt. Der Halbwüchsige keuchte und wand sich. Johannes schnupperte erneut.
    »Zwei …«
    Wenzel machte eine kleine Bewegung, und zwei Musketenläufe richteten sich auf ihn. Seine Augen blitzten. Einer der Männer, die auf ihn zielten, formte stumm mit den Lippen: Bitte … bitte … bitte, und seine Augen leuchteten voller Vorfreude.
    Johannes trat hinter die Frau. Sie hatte nicht mehr aufgehört zu weinen. Er zog eine der Pistolen aus dem Gürtel und spannte den Hahn. Der Lauf presste sich gegen den Hinterkopf der Frau. Ihre beiden Söhne schrien laut. Ihr Ehemann stöhnte dumpf und murmelte etwas Unverständliches.
    Johannes starrte auf seine Rechte, in der er die Waffe hielt. Nach einem Moment des Überlegens streckte er die Linke aus und packte den Hintern der Frau, arbeitete sich in ihren Schritt und begann zu wühlen. Ihr Schluchzen verwandelte sich in Schmerzensschreie. Johannes’ Lippen zogen sich von seinen Zähnen zurück.
    »Drei …«, sagte er. Die Waffe schwang herum, er betätigte den Abzug, Funken sprühten, ein Feuerstrahl schoss heraus, der Schuss dröhnte, die weiße Pulverwolke hüllte alles ein. Der Ehemann rutschte am Kirchenportal herunter und fiel in sich zusammen, eine leblose, nackte Gliederpuppe. Wo sein Kopf gewesen war, befand sich ein riesiger, sternförmiger Fleck aus Blut, grauer Masse und Knochensplittern am Kirchenportal. Alexandras Pferd wieherte und scheute. Die beiden Knaben und ihre Mutter brüllten wie am Spieß. Aus der Kirche tönte Antwortgeschrei. Johannes hob die linke Hand und schnupperte daran.
    »Jetzt zählt Johannes noch mal bis zwei«, sagte er so gelassen, dass man ihn drinnen kaum gehört haben konnte. Er schnupperte erneut an seiner Hand und leckte sich dann über die Lippen. Seine Gesellen johlten und pfiffen, und für einen kurzen Augenblick schwenkten die meisten der Gewehrläufe, die auf sie zielten, aus.
    Es war der Moment, in dem Alexandra sich mit einem Satz in den Sattel ihres Pferdes schwang.

18.
    Der Wagen, in dem sie fuhren, war der, mit dem Andreas die unselige Reise seiner Familie vor Wochen in Prag angetreten hatte; das Pferd, auf dem der Jesuit ritt, war das, welches Melchior auf seinem Marsch mit Wenzel und den anderen sechs Mönchen hierher am Zügel mitgeführt hatte. Agnes musste Pater Silvicola zugestehen, dass er vorhandene Ressourcen zu nutzen wusste. Gleichzeitig gab es ihr zu denken. Der Orden der Societas Jesu war nicht für Armut bekannt, und doch hatte der Pater auf die Ausrüstung seiner Geiseln zurückgegriffen. Was sie ebenfalls beschäftigte, war der Umstand, dass Pater Silvicola sich von einem halben Dutzend Fußsoldaten begleiten ließ, die eindeutig von irgendeinem der vielen stehenden Heere im Reich stammten. Sie waren verlottert und sprachen Sächsisch. Man hätte meinen sollen, dass jemand, der im Auftrag des Ordens handelte, vatikanische Soldaten aus Rom zu seiner Bewachung mit sich führte, so wie man auch hätte meinen sollen, dass er die übliche Taktik der Jesuiten einhielt, überall mindestens zu zweit aufzutauchen. Daraus ließ sich eigentlich nur ein Schluss ziehen …
    »Pater Silvicola?«
    Agnes beugte sich halb aus der Kutsche, um den Jesuiten zu rufen. Sie und Karina saßen auf der einen Bank, auf der anderen lag, in warme Decken gehüllt und nach wie vor erschöpft, aber trotz allem auf dem Weg der Besserung, Lýdie. Agnes fühlte noch immer Erstaunen, wenn sie ihre Enkelin betrachtete. Sie hatte genau gewusst, dass Alexandra geplant hatte, der Kleinen den entzündeten Arm abzunehmen, und war zunächst entsetzt gewesen, als sie sich anders entschieden hatte. Agnes hatte anfangs gedacht, dass ihre Tochter am Ende die Nerven nicht besessen hatte, die Operation durchzuführen, und dass sie geglaubt hatte, es werde leichter füralle sein, wenn Lýdie starb, ohne dass sie vorher all die Qual erlitten hätte; denn selbstverständlich wäre ihre Überlebenschance auch nach der Amputation nur gering gewesen.
    Doch sie hätte

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