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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Alexandra besser kennen sollen – ihr ältestes Kind war noch nie den leichten Weg gegangen. So wie Cyprian in ihrem Sohn Melchior wiedergeboren schien, war sie selbst, Agnes, eindeutig in ihrer Tochter Alexandra zu erkennen. Nur Andreas war irgendwie aus der Art geschlagen. Sie hatte mit ihrem Bruder Andrej oft über ihre Eltern gesprochen, die sie nie gekannt hatte, und darüber, was für ein Mensch ihr leiblicher Vater wohl gewesen war (unter der Oberfläche eines selbst ernannten Alchimisten und zwangsweisen Trickbetrügers, Scharlatans und Zechprellers). Andrej hatte nie viel zu ihrer Erkenntnis beisteuern können; er war knapp acht Jahre alt gewesen, als ihre Eltern ermordet worden waren. Aber er war stets der Meinung gewesen, dass Andreas die Studie eines Mannes darstellte, der sein Leben von seinen Ängsten hatte bestimmen lassen und nicht von seinen Träumen.
    »Pater Silvicola?«
    »He, Pater Arschloch«, sagte Melchior, der zusammen mit Andreas neben der Kutsche herging. »Meine Mutter will was von dir.«
    In den paar Tagen seit ihrer Abreise aus Würzburg hatten sich die Rollen gefestigt: Andreas brütete dumpf vor sich hin und ließ erkennen, dass Pater Silvicola ihm nur einmal den Rücken zuzuwenden brauchte, wenn er vom Leben in den Tod finden wollte; Karina war zur ängstlichen Beobachterin geworden, hinter deren Stirn sich offensichtlich die Gedanken jagten, ob ihr Mann demnächst eine Dummheit begehen und ob die Reise ihrer Tochter schaden würde; Melchior hatte für sich die Aufgabe entdeckt, den kalt-höflichen Jesuiten bei jeder Gelegenheit mit Schimpfworten zu bedenken, die Agnes nie zuvor aus seinem Mund gehört hatte; nur sieselbst schien darüber nachzudenken, was sie erwartete, falls Pater Silvicola die Teufelsbibel in die Hände bekam. Mittlerweile ahnte sie, dass er sie hereingelegt hatte. Sein Auftritt in Andreas’ Haus hatte sie alle fälschlicherweise glauben lassen, dass er die Macht hatte, sie selbst in Würzburg jederzeit der Hexerei anzuklagen. War er nun mit ihnen unterwegs zu einem Ort, an dem er tatsächlich tun und lassen konnte, was ihm beliebte? Aber wie sollte Alexandra ihn dort finden, wenn sie mit dem Buch zurückkehrte?
    Wenn man eins und eins zusammenzählte, war es klar, wohin die Reise führte: Alexandra hinterher, nach Prag.
    Aber Prag war eindeutig das Territorium, in dem die Familien Khlesl und Langenfels die Oberhand hatten. Welche Teufelei steckte dahinter, dass der Jesuit dachte, ihrer dort sicherer zu sein als anderswo?
    Pater Silvicola ignorierte Melchiors Feindseligkeit und lenkte das Pferd neben die Kutsche. Er war kein sicherer Reiter, das konnte man ihm ansehen, und dass der Gaul die Anwesenheit seines Herrn spürte, dennoch aber von einem anderen geritten wurde, machte dem Jesuiten das Leben nicht leichter. Er starrte sie stumm an. Die Abneigung, die der Mann gegen sie alle empfand, war echt. Agnes fragte sich, womit sie diese erworben hatten. Anfangs hatte sie den Jesuiten mit dem Dominikanerpater Xavier Espinosa verglichen, der ihnen damals, als sie dachte, Cyprian endgültig verloren zu haben, und als die schwarzen Mönche das Feuer in Prag gelegt hatten, das Leben zur Hölle gemacht hatte. Doch Pater Xavier war seiner Aufgabe, die Teufelsbibel zu beschaffen, vollkommen gefühllos nachgekommen, ein Teufel, dessen Feuer kalt brannte. Pater Silvicola hingegen verfolgte ein persönliches Ziel, das sie nicht erkennen konnte. Eines aber war klar: Seine Verachtung gegenüber ihr und ihrer Familie als vermeintliche Hexen war aufgesetzt gewesen, um sein Ziel zu erreichen. Sein tatsächlicher Hass gingtiefer und ließ Agnes’ Haut sich kräuseln, sobald sie länger darüber nachdachte.
    »Wie sind Sie eigentlich auf Sebastian Wilfing gestoßen?« Wenn es ihn aus dem Gleichgewicht brachte, dass sie ihn höflich anredete, während Melchior so rüde war, wie er nur konnte, ließ er sich das nicht anmerken.
    »Er war da – ein Werkzeug Gottes.«
    »Eher ein Werkzeug des Teufels, finden Sie nicht?«
    »Wie auch immer, er war da.«
    »Ich nehme an, er hat sich damals bei den Hexenverbrennungen in Würzburg einen Namen gemacht. Sagten Sie nicht, Sie seien der advocatus diaboli bei den Prozessen? War Sebastian Ihr Klient?«
    Pater Silvicola schwieg.
    »Was wird jetzt aus ihm, wenn Sie bei den Prozessen nicht da sind, um seine Seite zu vertreten?«
    »Er ist jenseits der irdischen Gerichtsbarkeit.«
    Agnes schwieg eine Weile. Sie war überrascht davon, dass die

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