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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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aus dem Scharnier sprang. »Schweig!« , schrie er sie an.
    In ihrer Bestürzung vergaß sie, Melchior zuzunicken, aber er hatte auch so erkannt, dass die Gelegenheit nun da war. Sie sah, wie er plötzlich herumwirbelte und dem Soldaten, der das Pferd am Zügel führte, die Beine wegtrat. Der Mann plumpste zu Boden. Zwei andere Männer versuchten, Melchior zu packen, aber er tauchte unter dem Leib des Pferds hindurch, und sie prallten gegeneinander und gingen in die Knie. Ein dritter legte seine Muskete auf Melchior an, ein vierter kam ihm in den Weg, und der Soldat riss fluchend den Lauf seiner Waffe in die Höhe. Melchior schwang sich in den Sattel und schlug dem Pferd die Fersen in die Flanken, sodass es stieg und den Soldaten, der nach Luft schnappend auf dem Rücken gelegen und die Zügel festgehalten hatte, mit in die Höhe zog. Ein Tritt Melchiors sandte ihn wieder zu Boden, wo die beiden Männer, die zusammengestoßen waren, gerade auf die Beine zu kommen versuchten und erneut umgerissen wurden. Das Pferd machte einen Satz, Melchior schnappte sich die Zügel und sprengte um die Kutsche herum und in das gefrorene Feld hinein.
    Agnes hob den Fuß und trat gegen den schwingenden Wagenverschlag. Er traf Pater Silvicola vor den Leib, ließ ihn zurücktaumeln und zu Boden sacken. Aufzuspringen und über die erschrocken aufschreiende Lýdie hinweg auf den offenen Bock des Wagens zu klettern dauerte nur einen Augenblick. Der Soldat, der die beiden Kutschpferde lenkte und versucht hatte, eine Pistole aus dem Gürtel zu ziehen, fuhr herum und gaffte sie an. Sie gab ihm einen Stoß; er verlor den Halt und flog seitlich vom Bock herunter. Die Pistole fiel ihm aus der Hand, und Agnes fluchte, dass sie nicht danach gegriffen hatte. Karina in der Kutsche schrie auf. Agnes angelte nach den Zügeln. Die Kutsche schaukelte.
    Sie hatte den Soldaten vergessen, der auf dem Kutschendach zu sitzen pflegte! Er hatte seine Muskete in Anschlag gebracht, der Schuss dröhnte los und hüllte die Kutsche ineine weiße Dampfwolke. Agnes’ Herz setzte aus. Melchior, der sich noch keine zwanzig Schritte von der Kutsche entfernt hatte, bäumte sich im Sattel auf. Das Pferd geriet ins Stolpern und fiel dann schwer zu Boden, scheinbar direkt auf Melchior. Karina schrie erneut. Zwei weitere Soldaten kamen mit Pistolen in den Händen um den Wagen herum und rannten auf den Ort zu, wo Pferd und Reiter gefallen waren. Es schien Agnes, als vollzöge sich alles in schrecklicher Langsamkeit und als sähe sie die Wirklichkeit wie von Blitzen unterbrochen, die ihr immer wieder zeigten, wie Melchior vom Einschlag der Kugel fast aus dem Sattel gehoben wurde und das Pferd auf ihn stürzte, und dazwischen die Männer, die auf ihren gefallenen Sohn zurannten. Karinas Schreie hörten sich an, als kämen sie von weit her. Die Kugel musste Melchior durch den Leib gedrungen und das Pferd in den Kopf getroffen haben. Kälte strömte in ihren Leib, als ihr klar wurde, dass ihr hastig ausgedachter und gestern flüsternd mit Melchior besprochener Plan zu seinem Tod geführt hatte. Die Zügel glitten ihr aus den Händen. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Pater Silvicola sich hochgerappelt hatte; er stolperte um die Kutsche herum. Die Soldaten waren bei Melchior angekommen und zielten auf seinen reglosen Körper.
    Das Pferd sprang mit einer einzigen Bewegung wieder auf die Beine, mit Melchior im Sattel. Plötzlich war eine der Pistolen, die die Soldaten auf ihn gerichtet hatten, in seiner Hand, während ihr ehemaliger Besitzer davonflog, vom Aufprall des aufspringenden Pferdeleibs davongeschleudert wie eine Puppe. Der Zweite riss seine Waffe hoch, aber das Pferd stieg mit wirbelnden Hufen, etwas hörte sich an wie ein Schlag mit einem Hammer auf eine zerberstende Kiste, und der Soldat überschlug sich nach hinten und blieb liegen. Seine Pistole wirbelte davon.
    Das Pferd machte einen Satz auf die Kutsche zu. Agnessah Melchiors blitzende Augen und die Pistole am Ende seines ausgestreckten Armes, die zielte …
    »Nein!«, kreischte Karina.
    Agnes fuhr auf dem Kutschbock herum. Pater Silvicola lag auf dem Boden vor der Kutsche, Andreas unter sich, einen Arm um seine Kehle geschlungen, mit der anderen Hand die Pistole, die der Wagenlenker verloren hatte, an die Schläfe ihres Sohnes drückend. Andreas’ Gesicht war eine hochrote Fratze. Im Bruchteil eines Augenblicks begriff Agnes, dass Andreas sich auf den um die Kutsche herumtaumelnden Jesuiten gestürzt hatte, doch

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