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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Stimme in sich, die ungläubig fragte: Was, willst du für die beiden Weiber Partei ergreifen? Die sind totes Fleisch, mein Lieber, und wenn wir ehrlich sein wollen, würdest du nachher, wenn die Soldaten sie zu Tode geschändet haben, nicht behaupten können, du hättest so etwas noch nie gesehen – oder nicht selbst schon zugelassen. Willst du für die beiden sterben oder dein Ehrenwort als Offizier brechen? Krieg ist die Hölle, mein Lieber.
    »Das ist ’ne Hexe, Rittmeister«, sagte einer der Dragoner zögernd.
    »Scheiße, dann verbrennen wir sie halt nachher, anstatt sie zu erschlagen. Los, Männer, packt …«
    Im selben Moment hörte Erik neben sich ein klatschendes Geräusch und spürte einen warmen Schauer, der über seine linke Gesichtshälfte sprühte.

5.
    »Bald ist das Christfest da«, murmelte Fabio Chigi und versuchte, den Drang zu urinieren noch ein wenig länger zu unterdrücken. Als Kind hatte er stets gedacht, er könnte seine Blase darin üben, das Wasser länger zu halten. Doch sie hatte sich jeglicher Ertüchtigung gegenüber als resistent erwiesen. Auf seinem Stuhl hin- und herwetzend, spähte er auf den Brief bogen, der vor ihm lag. Das Papier wellte sich in der Feuchtigkeit seiner Unterkunft und rollte sich an einem Ende auf. Er hatte sein Siegel daraufgelegt, um die Seite niederzuhalten– das Siegel eines päpstlichen Gesandten. Was immer das hier bedeutete: Ihm bedeutete es schon lange nichts mehr. Päpstlicher Nuntius – pah! Wie hatte er so hirnverbrannt sein können, den warmen, ortsgebundenen Stuhl des Großinquisitors von Malta gegen den wackligen Sitz im Innern einer zugigen Kutsche einzutauschen, selbst wenn es die eines päpstlichen Botschafters war? Sein Amtssitz war von Rechts wegen Köln, und das seit fast neun Jahren – doch wie viele Monate hatte er dort verbracht, abgesehen von der Tatsache, dass er Köln genauso hasste wie jeden anderen Ort nördlich der Alpen? Na also. Ein päpstlicher Nuntius war ständig auf Achse. Und was das für einen Mann bedeutete, dessen angeboren schwache Blase ihn alle Viertelstunde auf den Abritt pilgern ließ, konnte man sich denken. Aber das war alles noch nicht das Schlimmste, nicht wahr? Merda , nein (der Nuntius bekreuzigte sich für den Fluch), das war es nicht.
    Der Papst hasste ihn, so viel stand fest. Wer vom Heiligen Vater damit beauftragt wurde, bei den Friedensverhandlungen zwischen den Katholiken und den Protestanten, zwischen Spanien, den Niederlanden, Frankreich, den deutschen Fürstentümern, Schweden, Böhmen und dem, was Kaiser Ferdinand noch vom Heiligen Römischen Reich in der Hand hielt, den Vermittler zu spielen, der musste ein gehasster Mann sein. Nun, er hasste Papst Innozenz X. auch, aber er hatte eigentlich gedacht, dass er es sich nicht hatte anmerken lassen. Scheinbar war er da falsch gelegen. Papst Innozenz X. war eine willfährige Marionette in den Händen seiner machtgierigen Schwägerin Olimpia Maidalchini, die von den meisten Angehörigen des Vatikans als die eigentliche Päpstin angesehen wurde. Daran war er, Fabio Chigi, wahrscheinlich gescheitert. Es war immer leichter, einen Mann im Unklaren über die wahren Gefühle zu lassen, die man hegte, als eine Frau. Einige andere hatten neidisch geschaut,als Fabio die Bürde des Mediators auferlegt worden war – diese Narren. Ein paar hatten ihm aufrichtig gratuliert und gefunden, dass es keinen Besseren für diese Aufgabe geben könne als ihn – noch größere Narren! Jedenfalls war die Berufung als Vertreter des Papstes zu den Friedensverhandlungen das Schlimmste, was Fabio Chigi jemals zugestoßen war, und sein Leben war gewiss nicht arm an Misshelligkeiten.
    Er überflog, was er geschrieben hatte. »… blablabla … dicker Schmutz liegt meist an beiden Seiten der Straße. Ja, häufig sieht man sogar dampfende Haufen von Mist. Unter einem gemeinsamen Dach wohnen Bürger und trächtige Kühe. Und mit stinkenden Böcken auch noch die borstige Sau …« Hmm, das war die Beschreibung von Münster, die er an den Kämmerer des Heiligen Kardinalskollegiums zu senden beabsichtigte. Er hatte das dumpfe Gefühl, dass er fast denselben Text schon einmal geschrieben hatte. Ein Mann war am Ende, wenn er begann, sich in seiner Korrespondenz zu wiederholen. Er rutschte auf seinem Stuhl herum; die Blase zwickte ihn schon wieder. Jemand hatte ihm empfohlen, viel trockenes Brot zu essen, damit die Feuchtigkeit in seinem Inneren aufgesogen werde, aber was es hier in Münster

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