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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Silvicola von seinen Männern abgesondert und ebenso gefesselt wie die anderen. Cyprian hockte vor ihm auf den Fersen und betrachtete ihn ruhig. Nach einer Weile schlug der Jesuit die Augen auf. Cyprian hatte gewusst, dass er nicht geschlafen hatte. Ein brennender Blick traf ihn, ein Blick, der so voller Hass und zugleich voller Qual war, dass Cyprian unwillkürlich Luft holte.
    »Wenn ich sagen würde, in dir hat das Böse ein williges Werkzeug gefunden, dann würden mir alle recht geben, die dich kennen«, sagte Cyprian.
    »Ist das Kind der Teufelsbibel tot?«, fragte Pater Silvicola.
    »Nenn ihren Namen«, sagte Cyprian, und so wie er es sagte, drang es selbst bis zu Giuffrido Silvicola durch.
    »Agnes«, sagte der Jesuit.
    »Agnes«, wiederholte Cyprian. »Agnes Khlesl. Meine Frau.«
    Pater Silvicolas Wangenmuskeln spielten. Er hielt dem Blick Cyprians stand, aber er begann sich unruhig zu bewegen.
    »Sie lebt«, sagte Cyprian zuletzt. »Alexandra hat sie gerettet.«
    Pater Silvicola stieß den Atem aus. Er kniff die Lippen zusammen, ein Mann, der das Gefühl hatte, wegen eines winzigen Versäumnisses einen großen Plan zu Fall gebracht zu haben.
    »Ich würde fragen: Warum?, aber ich weiß die Antwort«, erklärte Cyprian.
    »Du weißt nichts!«
    »O doch … Gottfried, der aus dem Wald kam: Ich weiß fast alles.«
    Pater Silvicola war zusammengezuckt. Sein Blick wurde eisig. Er schwieg.
    »Ich glaube nicht, dass der Jesuit, der dich damals am Todestag von Bruder Buh gerettet hat, wollte, dass so etwas aus dir wird.«
    Die Fassungslosigkeit auf seinem Gesicht ließ Pater Silvicola zum ersten Mal so jung erscheinen, wie er in Wirklichkeit war. Cyprian lächelte kalt. »Oder sollte ich sagen: Bruder Petr? Wie hat er sich wohl selbst genannt, nachdem es Bruder Pavel nicht mehr gab? Er war schwer zu verstehen, nicht wahr?«
    »Woher …«
    »Vor sechsundfünfzig Jahren zogen zwei Mönche aus, um die Welt zu retten. Sie haben ihre Mission nicht erfüllt, denn die Welt kann man nicht retten, indem man Morde begeht. Einer von ihnen war Bruder Pavel, vermutlich der brillanteste Kopf, den der Benediktinerorden in den letzten zweihundert Jahren gehabt hat; der andere war Bruder Petr, den alle Buh nannten, der die Kraft eines Stiers hatte und ein Riese war und das Herz eines Kindes besaß. Aber letztlich hatte auch Bruder Pavel das Herz eines Kindes, voller Glaube daran, dass er das Richtige tat. Ihr Abt hat sie beide verraten, indem er sie losschickte. Ihre Mission begann in Braunau, aber eigentlich nahm sie hier ihren Anfang – in diesem Kloster, mit der Tat eines Wahnsinnigen, die der Abt ausgelöst hatte, weil er eine jahrhundertealte Bruderschaft missbrauchte, und als er Pavel und Buh auf den Weg schickte, versuchte er immer noch, den Fehler von damals wiedergutzumachen. Bruder Pavel wiederum hat Bruder Buh verraten, indem er zuließ, dass dieser in die Morde verwickelt wurde. Und heute, fast ein ganzes Menschenleben später, ist Buh immer noch der, der verraten wird.«
    »Ich …«, begann Pater Silvicola, dann schwieg er. In seinem Gesicht arbeitete es.
    Cyprian richtete sich auf.
    »Es gibt einen Unterschied zwischen Bruder Pavel und dir«, sagte er. »Bruder Pavel hat das, was er getan hat, aus Liebe getan. Du tust es aus Hass.«
    »Ich beende das, was vor so vielen Jahren hätte beendet werden sollen!«
    »Nein. Mit Hass lässt sich eine Geschichte nie beenden. Dazu braucht es Verständnis, Vergebung … und Hoffnung.«
    »Nicht, wenn es um den Teufel und sein Vermächtnis geht!«
    »Gerade wenn es um den Teufel geht. Wer brauchte mehr Vergebung als ein gefallener Engel, und wer bedürfte mehr der Hoffnung als derjenige, der Gottes Gesicht hat sehen dürfen und dann von Seiner Seite verbannt worden ist?«
    Cyprian stapfte aus der Kirche hinaus.
    »Du führst die Worte des Teufels in deinem Mund!«, schrie Pater Silvicola ihm hinterher. Cyprian antwortete nicht.

    Pater Silvicola ließ sich zurückfallen. Plötzlich wünschte er, dass er es in der Kapelle des Lazaretts in Würzburg doch darauf hätte ankommen lassen und sich der Giftprobe unterzogen hätte. Dann hätte er Cyprian mit voller Überzeugung antworten können, dass Gott auf seiner, Giuffrido Silvicolas, Seite war.
    Konnte er es jetzt etwa nicht sagen?
    Was hinderte ihn daran, Cyprian hinterherzurufen: Ich bin der Auserwählte des Herrn und vollbringe, woran ihr gescheitert seid?
    Er holte Luft …
    … und ließ sie wieder entweichen.
    Mit großen,

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