Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
rechten Flügel unter dem direkten Befehl von König Gustav Adolf und Oberst Torsten Stalhandske. Der linke Flügel war ebenfalls Reiterei unter Herzog Bernhard von Sachsen. Die Infanterie befand sich in der Mitte, neunzehntausend Mann unter dem Befehl von Samuels Onkel, General Nils Brahe, davon keine viertausend Schweden, der Rest Söldner aus Deutschland und Schottland. Das Zahlenverhältnis stand wegen des Fehlens der Pappenheimer’schen Regimenter zuungusten der Kaiserlichen, und insgesamt schien die kaiserliche Sache unter einem schlechten Stern zu stehen – ihr Feldherr, Herzog Albrecht von Wallenstein, musste in der Sänfte getragen werden, während König Gustav Adolf unentwegt auf seinem Pferd vor und zwischen den Reihen unterwegs war und wirkte, als könne er es mit zehn Feinden auf einmal aufnehmen. Die Soldaten waren ungeduldig, sie wollten endlich anfangen. Und dennoch … einige Männer hatten ein schlechtes Gefühl, unter ihnen Samuel.
»Der verdammte Nebel«, murmelte er. »Es war der verdammte Nebel.«
König Gustav Adolf, der so kurzsichtig war, dass er im Nebel fast blind sein musste, tauchte plötzlich unter den Småländern auf und grinste sie an, bis Samuel sein Pferd vorwärtsdrängte und sich dem König zu erkennen gab.
Der Nebel lichtet sich, Rittmeister , sagte der König. Gott mit uns, oder?
Majestät, ich kenne solche Nebel. Selbst wenn er aufzureißen scheint, kann er sich innerhalb von Minuten doch wieder zuziehen, und wenn die Schlacht dann in vollem Gang ist und man auf sechs Schritt Freund und Feind nicht mehr auseinanderhalten kann, dann wird das hier ein Gemetzel.
Er ist immer so besorgt, Rittmeister.
Nicht um meinetwillen, Majestät.
Schon gut, schon gut. Mach Er sich keine Sorgen mehr. Uns kann doch nichts geschehen, solange Er und seine treuen Småländer an Unserer Seite sind.
»Da hatte er recht«, sagte Samuel und starrte ins Leere. »O Gott, da hatte er recht.«
Vor dem Mittag hatte sich der Nebel so weit gehoben, dass Gustav Adolf das Zeichen zum Angriff gab.
»Die Kaiserlichen haben gewartet«, sagte Samuel. »Was konnten sie anderes tun, zahlenmäßig unterlegen, wie sie waren. Und dennoch habe ich mich danach oft gefragt … habe ich mich gefragt, ob Wallenstein nicht vielleicht hauptsächlich deshalb abgewartet hat, weil er wegen des Nebels unschlüssig war und ahnte, dass es sich jeden Moment wieder zuziehen konnte. Aber wir … wir griffen an …!«
Er bemerkte nicht, dass er die Faust geballt hatte, und er bemerkte auch nicht, dass Alexandra ihre Hand daraufgelegt hatte. Er balancierte das Rapier mit den nassen Tuchstreifen noch immer auf seinen Knien, aber es störte ihn nicht. Er war zurückgekehrt zu dem Tag und an den Ort, wo sich alles für ihn änderte, an denen sein Leben zerbrach und nie mehr geheilt wurde, wo Rittmeister Brahe starb und Samuel Brahe der Verräter geboren wurde.
»Zunächst rückte die Infanterie vor … die Kaiserlichen feuerten aus allen Rohren, und ihre Kanonen nahmen den linken Flügel mit der Reiterei Herzog Bernhards unter Beschuss… aber die Fußtruppen konnten die Straße überqueren. Dort im Straßengraben hingen sie dann fest, unter Feuer von den kaiserlichen Linien, beinahe deckungslos den Kugeln preisgegeben. Wir bekamen endlich den Befehl, einzugreifen … die Småländischen Reiter waren vorneweg, die Östergötländer hinterdrein, und in der Mitte eine Schar Dragoner, unter ihnen Stückmeister und Kanoniere, die sich auf den Pferderücken festklammerten und ihre Kameraden verfluchten, die an unseren eigenen Kanonen hatten bleiben dürfen, während sie mitten in das Kampfgeschehen gehetzt wurden … wir formten einen Keil und sprengten die Front der Kaiserlichen auseinander, und als wir hinter den feindlichen Linien waren, hatten wir noch nicht einmal Verwundete, denn die Kaiserlichen hatten sich voll und ganz darauf konzentriert, unsere Fußsoldaten zusammenzuschießen. Ein Reiterangriff, der gut koordiniert ist, kommt wie der Zorn Gottes über die Infanterie. Wir konnten sehen, wie die kaiserlichen Soldaten aus den Gräben getrieben wurden und vor unserer Reiterei herliefen und in Stücke gehauen oder niedergetrampelt wurden; erst eines, dann immer mehr feindliche Geschütze wurden von ihren Mannschaften aufgegeben, und die Dragoner nahmen sie in Besitz, ließen die Stückmeister und Kanoniere bei ihnen zurück, rückten weiter vor, während die Kanonen der Kaiserlichen sich nun gegen diese richteten. Die ganze
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