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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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zurückgelegt, auf den Abt Martin Korytko damals Bruder Buh und Bruder Pavel geschickt hat.«
    Cyprian musterte seinen Freund und trat dann mit dem Fuß gegen den Boden. »Wir können es uns nicht leisten, ihn nicht zu finden«, sagte er nach einer Weile.
    Andrej blickte in die Ferne. Cyprian konnte nur erraten, was er dort sah. »Dass ich nach all der Buße, die ich für dieGier meines Vaters nach der Teufelsbibel abgeleistet habe, jetzt auch noch damit bezahlen muss, so zu werden wie diejenigen, die Yolanta umgebracht haben!« Andrej schüttelte den Kopf.
    »Wir werden nicht wie Abt Martin – oder wie Pavel und Buh.«
    »Versprich es mir!«
    »Was soll ich dir versprechen?«
    »Wenn wir den Jungen wirklich finden – den jungen Mann –, dann wird ihm kein Haar gekrümmt werden.«
    »Du lieber Gott …«
    »Versprich es mir«, beharrte Andrej.
    Cyprian sah ihn eine lange Weile an, dann streckte er die Hand aus und klopfte Andrej auf die Schulter. »Ich erinnere dich an dieses Versprechen, wenn sich rausstellt, dass der Kerl ein sieben Fuß großer Straßenräuber ist und dich an der Gurgel hat.« Es klang nicht so leichtherzig, wie es hatte klingen sollen.
    Diesmal war es Andrej, der schwieg.
    »Wenn man ihm nichts angetan hat, dann hat man ihn sicher nach Eger gebracht. Vielleicht hat man seinetwegen einen neuen Hexenprozess angefangen – das wäre nicht abwegig. Darüber müssten sich Unterlagen finden lassen.« Cyprian kratzte sich am Kopf. »Gleich nach der Jagd auf die Teufelsbibel liebe ich es ganz besonders, die Protokolle von Hexenprozessen zu lesen.«
    »Der Teufel steckt in allen Menschen.«
    »Ja. Ich habe nur keine Lust, ihm ständig in die Visage zu blicken.«
    Sie kletterten in den Wagen zurück. Cyprian klopfte an die Wand, hinter der draußen auf dem Kutschbock der Lenker saß, und der Wagen ruckte an und rollte auf der Straße nach Eger weiter. Von Osten sickerte die bleierne Düsternis unaufhaltsam heran.

19.
    Würzburg hatte gelitten, und trotz der Bemühungen von Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn, der seit 1642 geistlicher und weltlicher Herr der Stadt war, konnte man die Narben noch sehen. 1634 waren die Schweden endgültig abgezogen, nach ihnen waren die Kaiserlichen gekommen und hatten sich, was die Übergriffe gegen die Bevölkerung betraf, kaum von ihren Vorgängern unterschieden. Erst der Amtsantritt Fürstbischof Philipps hatte die Stadt wieder auf die Beine gebracht. Er hatte die Marienfeste mit neuen Mauern versehen, Brunnen graben und die beschädigten Kirchen in der Stadt instandsetzen lassen. Seine größte Errungenschaft in bautechnischer Hinsicht hatte er jedoch nicht in Würzburg selbst, sondern im nahen Gerolzhofen vollbracht: Er hatte die fest installierten Verbrennungsöfen niederreißen lassen, die sein Vorvorgänger Adolf von Ehrenberg errichtet hatte, damit die Verbrennung der etwa zweihundert Unseligen pro Jahr, die seinen Hexenprozessen zum Opfer gefallen waren, rasch und effizient hatte vor sich gehen können. Johann Philipp von Schönborn war ein Schüler Pater Spees gewesen und hatte von diesem die absolute Ablehnung des Hexenwahns übernommen. Während Fürstbischof Franz von Hatzfeld, sein direkter Vorgänger, noch den ein oder anderen Hexenprozess klammheimlich hatte durchführen und die Hinrichtungsstätten in Gerolzhofen in Betrieb halten lassen, war unter Philipp Johann von Schönborn damit schlagartig Schluss gewesen. Beseelt von der Integrität seines jesuitischen Lehrers, hatte er danach versucht, späte Gerechtigkeit herzustellen; mithilfe einer Kongregation der Societas Jesu, wohlgemerkt. Dass es der Fürstbischof deswegen und wegen seiner Verwicklungen in die Friedensverhandlungen noch nicht geschafft hatte, alle Kriegsschäden in der Stadt wieder aufräumen zu lassen, war unter diesen Umständen nachvollziehbar …
    … wenngleich er, dachte Pater Silvicola, während er dem riesigen Loch in der Mainbrücke auswich, das den Verkehr durch ein enges, bröckliges Nadelöhr darum herumzwang, wenigstens zu diesem Schaden hier ein paar Maurer hätte schicken können. Sein Kopf schwamm, und der Schmerz in seiner Leibesmitte ließ ihn seine Umgebung wahrnehmen, als blicke er durch ein langes Rohr. Er bemühte sich angestrengt, nicht auf das strudelnde Wasser des Mains hinabzublicken; Höhen waren ihm auch unter normalen Umständen suspekt, und Höhen, unter denen Wasser floss, gleich doppelt. Schwankend wartete er ab, bis die Lenker der beiden Karren

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