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Die Erbin Der Welt erbin1

Die Erbin Der Welt erbin1

Titel: Die Erbin Der Welt erbin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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Arameri unterscheiden würde.«
    »Schuldig im Sinne der Anklage.« Er lachte wieder. Auch das fühlte sich falsch an. Er gab sich zu viel Mühe. Er schien es zu bemerken und wurde plötzlich wieder ernst.
    »Eure Mutter«, sagte er, »war meine erste Geliebte.«
    Meine Hand zuckte zum Messer. Es befand sich auf der ihm abgewandten Seite, und er bemerkte es nicht.
    Nachdem es keine offensichtliche Regung von mir gab, schien er sich zu entspannen. Er schaute nach unten auf die Lichter der Stadt unter uns. »Ich wurde hier geboren, wie die meisten Arameri, aber die von hohem Geblüt schickten mich zum Litaria — der Schreiberakademie —, als ich vier Jahre alt war und man mein Talent für Sprachen bemerkte. Als ich zurückkehrte, war ich erst zwanzig und der jüngste Meister, der je zugelassen wurde. Einsame Klasse, wenn ich das so sagen darf, aber immer noch sehr jung. Ein Kind sozusagen.«
    Ich war selbst noch nicht zwanzig, aber natürlich werden Barbaren früher erwachsen als zivilisierte Leute. Ich sagte nichts.
    »Mein Vater war inzwischen verstorben«, fuhr er fort. »Meine Mutter ...«, er zuckte mit den Schultern, »war eines Nachts verschwunden. So etwas passiert hier. Es war auch besser so. Als ich zurückkehrte, verlieh man mir den Status eines Vollbluts, und sie war von niederem Geblüt. Wenn sie noch lebte, wäre ich nicht länger ihr Sohn.« Er sah mich nach einer Pause an. »Das muss sich herzlos für Euch anhören.«
    Ich schüttelte langsam meinen Kopf. »Ich bin lange genug in Elysium.«
    Er gab ein leises Geräusch von sich, das irgendwo zwischen Belustigung und Zynismus lag. »Ich hatte es schwerer, mich an diesen Ort zu gewöhnen als Ihr«, sagte er. »Eure Mutter half mir. Sie war ... in vielen Dingen, wie Ihr. Sanft an der Oberfläche und darunter vollkommen anders.«
    Ich war überrascht von seiner Beschreibung und warf ihm einen Blick zu.
    »Natürlich war ich in sie verliebt. Ihre Schönheit, ihre Scharfsinnigkeit, all diese Macht ...« Er zuckte mit den Schultern. »Aber ich wäre damit zufrieden gewesen, sie aus der Ferne zu bewundern. 5o jung war ich auch wieder nicht. Niemand war überraschter als ich, als sie mir mehr anbot.«
    »Meine Mutter würde das nicht tun.«
    Viraine schaute mich an, und ich erwiderte den Blick zornig.
    »Es war eine kurze Affäre«, sagte er. »Nur ein paar Wochen. Dann begegnete sie Eurem Vater und verlor das Interesse an mir.« Er lächelte dünn. »Ich kann nicht behaupten, dass ich glücklich darüber war.«
    »Ich sagte Euch ...«, begann ich hitzig.
    »Ihr habt sie nicht gekannt«, sagte er leise. Es war dieses Leise, das mich verstummen ließ. »Kein Kind kennt seine Eltern wirklich.«
    »Ihr habt sie auch nicht gekannt.« Ich weigerte mich, darüber nachzudenken, wie kindisch sich das anhörte.
    Einen Moment lang war solche Trauer in Viraines Gesicht, so andauernder Schmerz, dass ich wusste, er sagte die Wahrheit. Er hatte sie geliebt. Er war ihr Geliebter gewesen. Sie war fortgegangen, hatte meinen Vater geheiratet und Viraine mit Erinnerungen und Sehnsucht zurückgelassen. Und jetzt brannte mir neue Trauer auf der Seele, weil er recht hatte — ich hatte sie nicht gekannt. Nicht, wenn sie so etwas tun konnte.
    Viraine schaute weg. »Nun. Ihr wolltet den Grund für mein Angebot, Euch zu begleiten, wissen. Ihr seid nicht die Einzige, die ihr nachtrauert.« Er atmete tief ein. »Wenn Ihr Eure Meinung ändert, lasst es mich wisen.« Er neigte seinen Kopf und ging zur Tür.
    »Wartet«, sagte ich, und er blieb stehen. »Ich sagte Euch bereits: Meine Mutter tat nichts ohne Grund. Also warum hat sie sich mit Euch eingelassen?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Was glaubt Ihr?«
    Er dachte eine Weile darüber nach und schüttelte dann den Kopf. Er lächelte wieder, hoffnungslos und verbittert. »Ich glaube, ich will es gar nicht wissen. Und Ihr auch nicht.«
    Er ging. Ich starrte die geschlossene Tür lange Zeit an.
    Dann ging ich und suchte nach Antworten.
    Zunächst ging ich zum Zimmer meiner Mutter, wo ich das Kästchen mit den Briefen aus dem Kopfteil des Bettes nahm. Als ich es in meinen Händen hielt und mich umdrehte, starrte meine unbekannte Großmutter mütterlicherseits mich aus ihrem Bilderrahmen heraus an. »Tut mir leid«, murmelte ich und ging.
    Es war nicht schwer, einen passenden Flur zu finden. Ich ging einfach so lange, bis ich das Prickeln einer mir bekannten Macht in unmittelbarer Nähe spürte. Ich folgte diesem Gefühl bis zu einer

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