Die Erbin Der Welt erbin1
während er jeden einzelnen Brief herausnahm, überflog, auf den Boden legte und schließlich aufstand, um das Muster zu erweitern. Ich hatte keine Ahnung, was er tat. Schließlich legte er den letzten Brief in die Ecke eines fünf mal fünf Schritte großen Quadrats. Ein kleineres Quadrat an der Seite war für die Briefe meiner Mutter. Dann stand er auf, verschränkte seine Arme und starrte hinunter auf das Durcheinander.
»Es fehlen einige«, sagte Zhakkarn. Ich erschrak und stellte fest, dass sie hinter mir stand und ebenfalls auf das Muster hinunterstarrte.
Verwirrt schaute ich auch hin, aber ich konnte aus dieser Entfernung weder die feine Handschrift meiner Mutter noch die etwas breitgezogene Handschrift meines Vaters lesen. »Woher wisst ihr das?«
»Sie beziehen sich beide auf vorangegangene Briefe«, sagte Zhakkarn und zeigte hier und da auf bestimmte Seiten.
»Und die Kette ist an viel zu vielen Stellen unterbrochen«, fügte Si'eh hinzu, während er vorsichtig zwischen den Seiten umherging. Ab und zu hockte er sich hin und schaute sich die Briefe genauer an. »Deine Eltern waren Gewohnheitstiere. Sie schrieben mit der Genauigkeit eines Uhrwerks ein Jahr lang einmal die Woche. Aber hier fehlen sechs — nein, sieben Wochen. Es gibt keine Entschuldigungen für die verpassten Wochen, und da sehe ich den Bezug auf die früheren Briefe.« Er sah mich über die Schulter hinweg an. »Wusste noch jemand außer dir, dass es dieses Kästchen dort gab? Moment, nein, das ist zwanzig Jahre her — der halbe Palast könnte es gewusst haben.«
Ich schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Sie waren verborgen. Der Ort schien unberührt.«
»Das kann auch bedeuten, dass es so lange her ist, dass der Staub Zeit hatte, sich zu setzen.« Si'eh richtete sich auf und drehte sich zu mir um. »Was wolltest du dort eigentlich finden?«
»Viraine ...« Ich biss die Zähne zusammen. »Viraine behauptet, dass er der Geliebte meiner Mutter war.«
Si'eh zog seine Augenbrauen hoch und tauschte einen Blick mit Zhakkarn aus. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Wort >Lie- be< mit dem in Verbindung bringen würde, was sie mit ihm gemacht hat.«
Angesichts dieser beiläufigen Bestätigung konnte ich nicht protestieren. Ich setzte mich hin.
Si'eh ließ sich neben mir auf seinen Bauch plumpsen und stützte sich auf den Ellenbogen auf. »Was? Halb Elysium ist zu irgendeinem Zeitpunkt mit der anderen Hälfte im Bett.«
Ich schüttelte meinen Kopf. »Nichts. Es ist nur ... ein bisschen viel auf einmal.«
»Er ist nicht dein Vater oder so was, wenn du dir darüber Sorgen machst.«
Ich verdrehte meine Augen und hob meine braune Darre-Hand. »Tue ich nicht.«
»Lust wird oft als Waffe benutzt«, sagte Zhakkarn. »Darin liegt keine Liebe.«
Ich schaute sie finster an und war von dieser Vorstellung überrascht. Mir gefiel es immer noch nicht, dass meine Mutter mit Viraine zusammen gewesen sein sollte, aber es half, die Tatsache als Taktik anzusehen. Nur, was hatte sie damit erreichen wollen? Was wusste Viraine, das kein anderer in Elysium wusste? Besser gesagt, was hätte der junge, verliebte Viraine, der neu in Elysium war, zu viel Selbstbewusstsein hatte und eifrig darauf bedacht war, zu gefallen, wohl eher verraten als jeder andere Arameri?
»Etwas über Magie«, murmelte ich zu mir selbst. »Das muss es gewesen sein, was sie aus ihm herausholen wollte. Etwas über ... euch?« Ich warf Zhakkarn einen Blick zu.
Zhakkarn zuckte mit den Schultern. »Wenn sie in derartige Geheimnisse eingeweiht wurde, hat sie sie nie angewendet.«
»Hmm. Wofür ist Viraine hier noch verantwortlich?«
»Magiebenutzung«, sagte Si'eh und zählte an den Fingern ab. »Alles von Routine bis zu, na ja, uns. Informationsverbreitung — er ist der Verbindungsmann zwischen Dekarta und dem Orden der Itempaner. Er beaufsichtigt alle wichtigen Zeremonien und Rituale.«
Si'eh brach ab. Ich schaute ihn an, und Überraschung malte sich auf seinem Gesicht. Ich warf Zhakkarn einen Blick zu, die nachdenklich aussah.
Zeremonien und Rituale. In meinen Bauch spürte ich ein aufgeregtes Kribbeln, als mir klar wurde, was Si'eh meinte. Ich setzte mich kerzengerade auf. »Wann war die letzte Nachfolge?«
»Dekartas war vor vierzig Jahren«, sagte Zhakkarn.
Meine Mutter war bei ihrem Tod fünfundvierzig. »Sie wäre zu jung gewesen, um zu verstehen, was bei der Zeremonie vor sich ging.«
»Sie war nicht bei der Zeremonie«, sagte Si'eh. »Dekarta hatte mir
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