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Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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brauchte.
    Sie hörte auch mehr über Anjan.
    „Du musst ihn kennenlernen, wenn er zurückkommt. Du wirst ihn mögen, das verspreche ich dir. Oh, Jane, ich bin ja so glücklich.“
    Danach gab es noch einige Details zu klären – Emilys Mitgift, ihre Aussteuer … lauter freudige Einzelheiten. Jane schwebte praktisch zurück in ihr Hotelzimmer, das sie sich mit Oliver teilte.
    Er hatte jetzt einen zweiten Stapel Papiere vor sich. Er küsste sie aber lange, langsam. „Ich bin froh, dass alles geklärt ist“, sagte er, als sie es ihm erzählte.
    Aber er klang nicht froh. Und er schaute ihr nicht in die Augen, als er ihr sagte, er müsse zurück an die Arbeit. Es war alles geklärt … und er hatte immer gesagt, ihre Affäre werde dauern, bis Emily gefunden und in Sicherheit war.
    Jane ging ins Ankleidezimmer, um sich fürs Abendessen umzuziehen. Die Hotelzofe hatte gerade die Schnürung ihres Kleids geöffnet, als es an der Tür klopfte.
    Sie hörte, wie sie geöffnet wurde.
    „Mr. Cromwell?“
    Jane erkannte die Stimme eines der Hotelangestellten und verkniff sich ein Lächeln bei dem Namen, den sie bei der Anmeldung angegeben hatten.
    „Ja.“
    „Da ist eine Frau, die Sie sehen möchte.“
    „Eine Frau?“, fragte Oliver. „Ich erwarte keine …“ Er sprach nicht weiter.
    Jane stand bloß mit ihrem Korsett bekleidet da. Selbst wenn sie züchtig angezogen gewesen wäre, hätte sie nie einfach das Zimmer betreten können. Ihre Anwesenheit zu dieser Tageszeit in diesem Raum preiszugeben, hieße … Ihr lag vielleicht nicht viel an ihrem Ruf, aber sein Ruf besaß noch einen gewissen Wert.
    Es entstand eine Pause, Schritte waren zu hören. Und dann …
    „Mutter?“, sagte er. Eine weitere Pause folgte. Als er wieder sprach, klang seine Stimme nicht länger sachlich, sondern gequält. „Oh mein Gott, Mutter. Was ist passiert?“
    Jane bedeutete der Zofe durch die Dienstbotentür hinauszugehen. Keine Hotelbedienstete musste das hier mitanhören. Jane eigentlich auch nicht, aber sie konnte sich nirgendwohin ungesehen zurückziehen.
    „Ich bin so froh, dass ich dich rechtzeitig gefunden habe“, sagte die Frau – Olivers Mutter – atemlos. „Der Herzog hat gesagt … Egal, das ist jetzt nicht wichtig. Ich kann gar nicht klar denken. Oliver, hör mir zu. Ich bringe keinen vernünftigen Satz heraus. Es ist nur …“
    „Hole tief Luft. Lass dir Zeit. Dann sag es mir.“
    Die Stimme der anderen Frau brach. „Es ist Freddy.“
    „Was ist mit ihr? Wir kümmern uns um sie, finden die besten Ärzte für sie …“
    „Sie haben sie in ihrem Bett gefunden, ungefähr eineinhalb Tage, nachdem sie gestorben ist.“
    „Nein.“ Aber Oliver hörte sich nicht an, als stritte er das ab, sondern eher, als wiese er die Worte in einer Art Reflex von sich. „Das kann nicht sein. Ich habe sie doch vor gar nicht langer Zeit noch gesehen. Sie sah ein wenig krank aus, aber …“
    „Es war ein Schlaganfall. Sie sagen, sie habe nicht gelitten.“
    „Oh Mutter.“ Olivers Stimme klang gedämpft. „Ich hätte es erwähnen sollen, nachdem ich sie gesehen hatte, dich wissen lassen, dass es ihr nicht gut ging. Ich hätte dich kommen lassen sollen und …“
    „Genug. Ich habe ihr gesagt, dass ich sie liebe, als ich sie das letzte Mal gesehen habe. Wir hatten unsere Schwierigkeiten miteinander, aber wir haben auch viele gute Zeiten zusammen erlebt.“ Die Stimme der anderen bebte. „Gib niemandem die Schuld. Es ist auch so schon schlimm genug.“
    Eine Weile lang gab es keine Worte, nur leise Schluchzer. Die Geräusche einer Familie, die Trost spendete und empfing.
    Oliver hatte seine Tante Freddy vor vielen Monaten in der Buchhandlung erwähnt. Es war eine der ersten Sachen, die Jane an ihm gemocht hatte – dass er von einer Frau, die offenkundig seltsam war, mit solcher Zuneigung und Achtung sprach.
    Es war, als habe jemand Jane zugeflüstert, dass er, wenn er eine sture, grantige und entschieden merkwürdige Frau gerne haben konnte, vielleicht auch sie zu schätzen lernen könnte.
    Und das hatte er.
    „Es ist morgen“, teilte ihm seine Mutter mit. „Die Beerdigung. Alle sind hergekommen – Laura und Geoffrey, Patricia und Reuven. Free und dein Vater. Wir werden heute Abend gemeinsam essen.“
    „Ich komme natürlich.“
    Es entstand eine längere Pause.
    „Und Oliver, die Frau, die mit dir hier ist …“
    Jane erstarrte.
    „Welche Frau?“
    „Sei nicht albern. Du bist unter falschem Namen hier angemeldet. Du hast

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