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Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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was ich will, Marshall, ist Miss Fairfield.“ Das Gift in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Ich will ihre schrecklichen Kleider nicht sehen, ich will ihre dümmlichen Bemerkungen nicht hören.“ Bradentons Nasenflügel bebten. „Sie ist die Schlimmste der Schlimmen – eine Frau ohne nennenswerte Abstammung, die sich einbildet, ihre einhunderttausend Pfund würden sie auf eine Stufe mit mir stellen. Eine Frau wie sie, die frei herumläuft und Unsinn von sich gibt … Sie richtet gewaltigen Schaden an, bei uns allen, und ich will, dass sie verschwindet.“
    „Das wird nicht geschehen“, sagte Oliver scharf. „Ich ruiniere keine Frauen, egal, wie nervtötend sie sind.“
    Hapford schaute besorgt zwischen ihm und seinem Onkel hin und her. „Recht so, Marshall.“
    Nachdem er mehrmals tief eingeatmet hatte, schien Bradenton sich zu fangen. Der Hass in seinen Augen verblasste zu bloßer Belustigung. „Oh, seht ihn euch nur an. Sie ruinieren? Himmel, wie abgeschmackt. Ich würde selbst von meinem schlimmsten Feind nicht verlangen, dass er sie küsst.“
    „Was verlangen Sie dann?“
    Der Marquis lehnte sich in seinem Sitz zurück. „Ich will, dass sie ihren Platz erkennt. Blamieren Sie sie, erniedrigen Sie sie. Kränken Sie sie. Erteilen Sie ihr eine Lektion. Sie wissen, wie man es macht. Es hat lange genug gedauert, bis Sie Ihre gelernt hatten.“
    Eine Sekunde lang war es, als verschwömme der Raum um Oliver. Er hatte seine Lektion gelernt, allerdings. Er hatte gelernt, in der Öffentlichkeit zu schweigen und im Stillen zu wüten. Er hatte gelernt, seinen Ehrgeiz zu verbergen. Männer wie Bradenton nur das sehen zu lassen, was sie sehen wollten.
    „Antworten Sie nicht, Marshall. Überlegen Sie, ob Sie es mit Ihren Prinzipien vereinbaren können.“ Bradenton lächelte. „Aber am Ende wissen wir alle, wie es ausgehen wird. Ein lästiges Mädchen gegen Ihre gesamte Zukunft. Gegen die Zukunft des Wahlrechts.“
    „Also wirklich“, entfuhr es Hapford.
    „Es ist nicht nett“, stellte Bradenton fest. „Und ja, Hapford, es gibt Zeiten, in denen du die Details, hässlich wie sie sind, vielleicht nicht magst, aber so erledigt man die Dinge. Wenn es etwas gibt, was du nicht tun kannst, was aber getan werden muss …“
    „Aber …“
    „Eines Tages wird deine Miss Johnson sich wünschen, dass sie die Bekanntschaft schon viel früher beendet hätte. Du tust ihr einen Gefallen, Hapford. Du wirst ihr Ehemann sein. Es ist deine Pflicht zu tun, was sie braucht, bevor sie es überhaupt weiß.“
    Hapford verfiel in Schweigen.
    „Und was Sie angeht, Marshall …“ Bradenton schaute Oliver an. „Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen, um Ihr Gewissen zu beruhigen. Sich einzureden, was auch immer nötig ist, dass es für Sie genießbarer wird. Sie erweisen ihr einen Gefallen, das müssen Sie sich immer vor Augen halten.“
    Nein , dachte Oliver. Keinen Gefallen. Und ich werde es nicht tun.
    Aber tief in seinem Innersten sagte ihm ein Gefühl etwas anderes.
    Doch, flüsterte es ihm zu. Doch, das wirst du.

    G EWÖHNLICH BENÖTIGTE J ANE einen Tag, höchstens zwei, um das Interesse eines Mannes an ihr auszurotten. Jegliche positiven Gefühle, die ihr Vermögen weckte, konnten rasch im Keim erstickt werden, solange ihr erster Eindruck nur hinreichend schrecklich war.
    Sie hatte angenommen, dass es Mr. Oliver Marshall nicht anders ergehen würde.
    Doch da hatte sie sich geirrt. Das zweite Mal begegneten sie sich an einer Straßenecke. Sie war mit ihrer Anstandsdame auf dem Weg zur zweiten Anprobe bei der Modistin. Er ging an ihr vorüber, unterhielt sich mit einem Freund.
    Er blieb auf der Straße stehen, blickte zu ihr und lüpfte seinen Hut. Und das war der Moment, in dem etwas Furchtbares passierte.
    Sie blickte ihm in die Augen. Sie waren eisblau und flink. Im hellen Morgenlicht ließ ihn seine Brille scharfsinnig und intelligent aussehen. Er blickte nicht an ihr vorbei, als wünschte er sie irgendwo anders hin. Er verzog nicht verächtlich die Lippen oder stieß seinen Gefährten mit dem Ellbogen an, als wolle er sagen: „Das ist sie, die, von der ich dir erzählt habe.“ Er schaute sie direkt an, und sein Blick wanderte über sie, als fragte er sich, was wohl unter dem grellen grünen und orangefarbenen Muster ihres Tageskleides lag. Dabei lächelte er sie an, als verdiente sie mehr als ein wenig oberflächliche Höflichkeit.
    Sie trug heute keine Absätze, sodass er mehrere Zoll größer war als sie.

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