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Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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weiteren Fehler begangen hatte. Er war nicht Sebastian Wer-weiß-welcher-Name, den er nicht nennen wollte. Er war Mr. Sebastian Malheur.
    Mr. Marshall war ein Freund des berüchtigten Malheur. Jane schluckte.
    „Dann können Sie Mr. Malheur nicht sehr ähneln“, gelang es ihr zu erwidern. „Ich habe Sie volle dreißig Sekunden angesehen, und in mir hat sich nicht das geringste Interesse geregt.“
    Mr. Marshall lachte kurz auf.
    „Sehr gut, Miss Fairfield“, sagte er. „Sie haben es sich verdient. Darf ich Sie mit Mr. Sebastian Malheur bekannt machen, meinem Cousin und Freund? Er wird nicht glauben, dass Sie so schlimm sind, wie die Gerüchte behaupten, solange Sie ihm dasselbe zugestehen.“
    Jane öffnete den Mund, um dem zuzustimmen. Das hätte sie auch fast wirklich, ehe sie begriff, was er gesagt hatte – und wozu sie beinahe zugestimmt hätte. Sie musste sich zwingen, die Hand zurückzureißen und hinter ihrem Rücken zu verstecken, damit sie sie ihm nicht in Freundschaft anbot.
    „Wovon reden Sie?“ Ihre Stimme klang viel zu hoch. „Ich habe keinen schlimmen Ruf. Und Malheur – ist er nicht irgend so ein Evolutionist? Ich habe gehört, seine Vorträge seien hemmungslos unsittlich.“
    „Ich hatte geplant, den Vortrag, an dem ich gerade arbeite, ‚Die Orgien der Englischen Motte‘ zu betiteln“, verkündete Mr. Malheur fröhlich. „Es ist eine Serie hitziger Untersuchungen geflügelter Insekten, vollkommen unbekleidet, die nichts anderes tun, als …“
    Mr. Marshall stieß seinen Freund mit dem Ellbogen an.
    „Was ist denn? Führst du eine Art Rachefeldzug gegen Motte-zu-Motte …“
    „Ehrlich, Sebastian.“
    Sein Freund zuckte die Achseln und schaute zu Jane. „Dann gibt es nur eine Möglichkeit, mehr herauszufinden“, bemerkte er. „Kommen Sie in ein paar Monaten zu meinem nächsten Vortrag. Ich fange mit Löwenmäulchen und Erbsen an. Niemand kann etwas gegen eine Diskussion über die Vermehrung von Pflanzen einwenden. Wenn doch, würden wir von Blumen verlangen müssen, Unterröcke zu tragen, statt überall herumzustehen und ihre Fortpflanzungsorgane jedem Hinz und Kunz unter die Nase zu halten.“
    Jane verkniff sich ein Lachen. Aber Mr. Marshall beobachtete sie mit einem seltsamen Ausdruck auf dem Gesicht.
    Sie schluckte und schaute weg.
    „Miss Fairfield“, sagte Mr. Marshall, „kennen Sie Chamäleons?“
    „Ich möchte behaupten, dass ich gerade erst darüber gelesen habe“, erwiderte Jane beflissentlich, während sie versuchte, ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden. „Das ist doch eine Blumenart.“
    Mr. Marshall zuckte mit keinem Muskel, sodass Jane ein unbehagliches Gefühl beschlich. Er sollte lächeln. Besser noch, er sollte höhnisch lächeln.
    „Oder vielleicht auch ein Hut?“, riet sie weiter.
    Kein Zucken um seine Mundwinkel.
    „Chamäleons“, erklärte Mr. Marshall, „sind eine Reptilienart. Sie wechseln die Farbe, sodass sie in ihrer unmittelbaren Umgebung praktisch unsichtbar werden. Wenn ein Chamäleon über Sand spaziert, ist es sandfarben. Wenn es durch den Wald läuft, hat es die Farbe der Bäume.“
    Seine Augen hatten die Farbe des erbarmungslosen Winterhimmels, und Jane verlagerte unbehaglich ihr Gewicht. „Was für ein seltsames Geschöpf.“
    „Sie“, sagte er mit einer kleinen Bewegung seiner Hand, „sind ein Antichamäleon.“
    „Ich bin ein antikes was?“
    „Ein Antichamäleon. Das Gegenteil eines Chamäleons“, erklärte er. „Sie wechseln die Farbe, sicher. Aber wenn Sie auf Sand stehen, kleiden Sie sich in leuchtendes Blau, sodass der Sand ohne jeden Zweifel weiß, dass Sie kein Teil von ihm sind. Wenn Sie sich im Wasser befinden, nehmen Sie eine rote Farbe an, damit alle wissen, Sie sind nicht flüssig. Statt sich anzupassen, verändern Sie sich, sodass Sie auffallen.“
    Jane schluckte schwer.
    „Nun, Sebastian“, sagte Marshall und wandte sich wieder seinem Freund zu, „was hältst du von einer solchen Art der Anpassung? Was für eine Kreatur versucht, sich von seiner Umgebung abzuheben?“
    Mr. Malheur zog die Brauen zusammen und rieb sich die Stirn, während er über die Frage nachdachte. „Giftige“, sagte er schließlich. „Schmetterlinge tun es die ganze Zeit. Sie haben leuchtende Farben, sodass Vögel sie nicht mit anderen Tieren verwechseln. ‚Friss mich nicht‘, schreit die Farbe. ‚Ich mache, dass dir speiübel wird.‘“ Eine steile Falte stand zwischen seinen Brauen, während er sprach. „Aber man sollte

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