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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nummer eins war, immer der Bevorzugte, der männliche Erbe, der Kronprinz, der Klügere, der Elegantere. Er warf Schatten um sich, in denen jeder andere grau wirken mußte. Aber im Grunde meines Herzens bewunderte ich ihn, betete ich ihn an.«
    »Und keiner von ihnen ist mehr unter uns …«, sagte Lobow leise. Es war ein raffinierter Satz, er öffnete Lydas Herz und ließ sie alle Zurückhaltung vergessen. Die Erinnerung an die Tragödien der Familie Penopoulos, an all die nie vernarbten Wunden – damit ließ sich Lydas Vertrauen gewinnen. Sie blickte Lobow aus verschleierten Augen an, ehe sie mit unsicheren Fingern weiteraß. Eine Haarsträhne fiel ihr über die Stirn; sie schob sie nicht weg.
    »Sie sind ein glücklicher Mensch«, sagte sie stockend. »Sie haben noch Ihre Mutter. Und Ihr Vater?«
    »Im Großen Vaterländischen Krieg gegen die Deutschen bei Borissow gefallen.«
    »Geschwister?«
    »Keine. Bestimmt hätte ich welche, wenn Papa den Krieg überlebt hätte. Er war ein fröhlicher Mann, soweit ich das in Erinnerung habe, und er liebte meine Mutter, als habe er einen Engel geheiratet.« Und dann fügte er, bewußt nebensächlich, etwas hinzu, das Lyda erschauern ließ: »Wir Russen können wundervoll lieben. Mit unserer ganzen Seele …«
    »Ich glaube es Ihnen«, sagte sie leise. »Es muß schön sein, so geliebt zu werden.«
    »Sie wissen doch, wie das ist.«
    »Ich?« Sie blickte verwirrt auf. Sein Jungengesicht strahlte, seine blauen Augen leuchteten. Man sieht gar nicht, daß er nur ein Auge hat, dachte sie. Natürlich, das echte Auge lebt. Aber es ist merkwürdig: Das Glasauge scheint ebenfalls von innen heraus zu leuchten. Es kann sich mitteilen wie das gesunde Auge. Nur wenn sie sich bewegen, bleibt das künstliche Auge starr. »Wieso ich?« wiederholte sie.
    »Sie sind zum zweitenmal verheiratet …«
    »Ja, das bin ich.« Es klang abweisend. Halt! Nicht weiter. Du kommst in ein Gebiet, in dem du nichts zu suchen hast. Zwei Ehemänner. Den einen aus Trotz geheiratet, nur um den Vater zu ärgern und zu demütigen, in einer Phase wildesten Aufruhrs und als Protest gegen diese schreckliche Ehe mit Nany Johnes. Der andere – das war Flucht vor dem Willen des verstorbenen Vaters, der verlangte, daß Lyda zur Erhaltung des Imperiums einen tatkräftigen Mann, am besten einen Reederssohn, heiraten sollte. Immer das gleiche: Du bist ein Mädchen! Du bist hervorragend, hast dich blendend eingearbeitet. Aber du bist ein Mädchen. Das Erbe des Stavros Penopoulos kann nur ein Mann leiten.
    Das hatte weh getan, aber sie hatte geschwiegen. Noch auf dem Sterbebett im Pariser Spital, als Stavros noch klar reden und denken konnte, hatte er zu Lyda gesagt: »Versprich mir eins, mein Kleines: Heirate Heraklion Numouris! Unsere beiden Firmen unter einem gemeinsamen Management – das macht uns unschlagbar!« Und sie hatte es versprochen, die Tränen aus Trauer und Wut unterdrückend. Dem letzten Wunsch des alten, gelähmten, sterbenden Mannes konnte sie sich nicht widersetzen. Sieben Monate später hatte sie dann aber doch einen anderen geheiratet, den schwarzen Lockenkopf Alexander Kampanos. Sie sagte nur ja zu dieser Ehe, weil Heraklion Numouris, den Papa ihr bestimmt hatte, sie bei einer Party von oben bis unten gemustert und dann gefragt hatte, welche Schuhgröße sie habe. Nein, sie hatte ihn nicht geohrfeigt, wie ihre zuckenden Hände es wollten – sie hatte nur grob gesagt: »Genau die richtige Größe für deinen Hintern!«
    Zwei Ehen. Zwei Männer, die sie zwar im Bett, aber kaum im Herzen gehabt hatte. Wie so viele Männer, die ihren Weg gekreuzt hatten: das Begehren, die Hingabe, die Ernüchterung, der Ekel vor sich selbst, die Flucht in die Einsamkeit. Sie lieben nur die Tochter des großen Stavros. Sie lieben die Milliarden. Wenn ihr Körper nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Gold gehämmert wäre, ein Metallblock mit anatomischen Merkmalen – auch diesen Körper hätten sie besprungen, weil er Penopoulos hieß.
    Lobow spürte die Abwehr. Er schwenkte sofort um. »Madame Lyda«, sagte er nüchtern, »wir beschäftigen uns zuviel mit uns. Sehen wir es doch einmal anders: Sie sitzen hier als Besitzerin einer der größten Reedereien der Welt. Und ich sitze hier als Vertreter einer der größten Staaten dieser Welt, der Sowjetunion. Wir möchten Schiffe von Ihnen chartern.«
    »Sie möchten uns Fracht anbieten«, erwiderte Lyda steif.
    »So kann man es auch nennen.«
    »So muß man es nennen! Ich

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