Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
Vom Netzwerk:
einen heftigen Streit. Zwei Tage darauf gingen sie zusammen essen, und als sie nach Hause kamen, liebten sie sich zärtlich und mit echter Zuneigung, wie schon seit Monaten nicht mehr.
    Glücklich und entspannt lagen sie, nur das Leintuch über sich gebreitet, nebeneinander, »ich glaube, wir müssen versuchen, meine Mutter in einem Heim unterzubringen«, sagte er unvermittelt.
    »Das wäre wohl das klügste«, erwiderte Elizabeth.
    Aber damit war es nicht getan. Eine Woche bevor die alte Frau aus dem Krankenhaus entlassen werden sollte, sprach er in beiläufigem Ton zu ihr davon. »Ich habe mir das Heim gestern selbst angesehen«, sagte er. »Es ist ein wunderschönes Haus, sonnig und heiter. Da wirst du eine Menge neuer Freundschaften schließen.«
    »Ja«, sagte sie leise. Dann drehte sie das Gesicht zur Wand und weinte lautlos vor sich hin.
    Bei seinem nächsten Besuch zeigte sie ihm strahlend vor Freude, daß sie die Finger ihrer rechten Hand wieder bewegen konnte.
    »Du wirst bald wieder ganz auf dem Damm sein«, ging er scherzend auf sie ein.
    »Ja, und dann kannst du das Dienstmädchen wegschicken, und ich mache die ganze Hausarbeit.«
    Er lachte, und sie beobachtete gespannt seinen Gesichtsausdruck. Aber etwas mußte darin gefehlt haben, denn das Leuchten verschwand aus ihren Augen, und sie wurden wieder trübe und leer.
    Sie erhob keinerlei Protest, als sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde, sondern ließ sich gefügig von der Schwester im Rollstuhl zum Auto fahren. Deon hatte ihre paar Habseligkeiten in einem Koffer hinten im Auto verstaut. Die Schwester und Deon halfen ihr ins Auto, und er klappte den Rollstuhl zusammen und brachte ihn im Kofferraum unter.
    Als er in die Hauptstraße einbog, kam es ihm vor, als fahre er einen Leichenwagen.
    Deon merkte, daß Peter Moorhead ihn erwartungsvoll anstarrte.
    Er beugte sich über den geöffneten Brustkorb. Im Viereck der Abdecktücher schlug die rechte Hauptkammer, in die er jetzt einen Einschnitt machen wollte, um Marietjes ›gebrochenes‹ Herz zu flicken.
    »O. K.«, sagte er laut. »Machen Sie weiter. Ich geh' mich waschen.«

3
    Mechanisch ging er an das Waschbecken in der linken Ecke, das er immer benutzte, so wie er an Operationstagen immer dieselbe Route ins Krankenhaus nahm, seinen Wagen in derselben Parklücke abstellte, immer den Eingang ›Nicht für Weiße‹ benutzte, am Fahrstuhl links abbog und die Treppe auf der ›Nur für Weiße‹-Seite hochging. Er folgte dieser Routine, um sein Selbstvertrauen zu stärken, aber er mußte sich selbst eingestehen, daß auch ein Quentchen Aberglaube mit dabei war. Das sollte mein Vater wissen, dachte er oft, daß sein Sohn, der nüchterne Wissenschaftler, der die Religion als rührseligen Mumpitz abtat, vor seiner Arbeit ein Stoßgebet zum Himmel schickt!
    Er drehte die Hähne auf und mischte das Wasser, bis es warm lief. Genüsslich ließ er das sprudelnde Nass über Hände und Unterarme laufen. Er seifte sich ein, langte nach der Bürste neben sich und machte sich daran, die linke Handfläche zu schrubben. Etwas stimmte nicht, aber er war zu vertieft in seine Gedanken an die Operation, um sich darum zu kümmern. Mit langen Strichen bürstete er die Innenseite seines Unterarms. Da wußte er, was es war: die Bürste! Es war ein neues Modell mit einem Holzgriff statt der gewohnten Plastikverarbeitung. Er fuhr mit dem Finger über die Borsten. Sie waren steif und hart.
    »Was soll das hier?« fuhr er die junge Hilfsschwester an, die mit der Flasche Desinfektionslösung neben ihm stand.
    Sie wich erschrocken zurück, als er ihr mit der Holzbürste vor dem Gesicht herumwedelte.
    »Ich weiß nicht, Herr Professor.« Sie biss sich auf die Unterlippe.
    »Wo ist die Oberschwester?« bellte er.
    Das Mädchen stellte die Plastikflasche ab und huschte eilig hinaus. Deon warf die Bürste hin und seifte weiter.
    Die Oberschwester war eine große, dickliche Frau mit ängstlichen Augen. Wie er aus Erfahrung wußte, war sie aber nicht aus der Ruhe zu bringen. »Kann ich Ihnen helfen, Herr Professor?«
    Deon ärgerte sich schon über den Anraunzer, den er der Kleinen verpasst hatte, und sagte daher betont mild: »Diese Dinger sind unmöglich, Schwester. Die haben Borsten wie ein Stachelschwein.« Er fuhr sich mit der Bürste über den Unterarm und zeigte ihr die roten Striemen, die sie auf seinen Armen hinterließ. »Für den Fußboden sind sie sicher ideal, aber ich möchte gern wissen, wie sie hier hinkommen.«
    Die

Weitere Kostenlose Bücher