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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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Oberschwester seufzte. »Ich hab' ja gleich gesagt, daß wir sie nicht brauchen können. Aber die Verwaltung hat sie bestellt. Soll ich Sie mit dem Verwaltungsdirektor verbinden?«
    Er schüttelte resigniert den Kopf, »ich muß jetzt in den Operationssaal. Lassen Sie nur.« Er wandte sich wieder dem Becken zu, an dem das Wasser noch lief. »Ich kümmere mich später darum, Schwester.«
    Er wusch sich fertig und ging in den Operationssaal, sorgfältig bemüht, seine Beklemmung zu verbergen. Seine Arme schmerzten von der harten Bürste und der Desinfektionslösung. Eine Schwester half ihm in den Operationsmantel, aber er nahm's kaum wahr, denn seine ganze Aufmerksamkeit galt der Patientin auf dem Tisch. Das hohe Piepsen des Monitors ertönte gleichmäßig etwa neunzigmal in der Minute. Das Manometer zeigte, daß der mittlere Arteriendruck etwa siebzig betrug.
    »Wie geht es ihr, Tom?«
    Der Narkosearzt nickte ohne aufzusehen. »Alles in Ordnung.«
    Warum bin ich nur so verkrampft, dachte Deon. Es ist doch nur ein Scheidewanddefekt. Sogar die Assistenzärzte wagen sich neuerdings an so eine Operation. Warum also die Nervosität? Wegen der Bemerkung mit dem gebrochenen Herzen? Mach dich doch nicht lächerlich!
    Er spülte den Puder von seinen Gummihandschuhen und nahm seinen Platz links vom Tisch ein. Peter wechselte auf den Platz des ersten Assistenten ihm gegenüber, und der junge Franzose, Dr. Carrere, der erst seit zwei Wochen zum Team gehörte, stellte sich neben Deon.
    Der Herzbeutel war offen, und das Herz schlug in vollkommenem Sinusrhythmus. Jeder Vorhofkontraktion folgte – Bruchteile einer Sekunde später – die Systole der Herzkammern. Die erweiterte rechte Herzkammer und die Lungenarterie wölbten sich vor. Deon legte vorsichtig einen Finger auf das Herz. Es vibrierte bei jeder Kontraktion, wenn Blut durch das Loch in der Scheidewand spritzte. Dieses Loch wollte er jetzt schließen. Aber zuerst mußte er drankommen. Ohne aufzusehen, streckte er der Oberschwester die Hände entgegen. »Pinzette und Schere, bitte.«
    Die Schwester legte ihm übereifrig die Schere in die linke und die Klemme in die rechte Hand. Den Blick weiter auf das Herz gerichtet, legte er die Instrumente nieder, streckte die Hände wieder aus und wiederholte scharf: »Pinzette und Schere, bitte.«
    Die Schwester errötete bis an die Haarwurzeln, als sie ihren Fehler erkannte, und wechselte die Instrumente blitzschnell um. Dabei verdrehte sie die Augen. Das entging Deon nicht, und er konnte förmlich sehen, was sie dachte: Wieder so ein Tag! Er warf ihr einen strengen Blick zu.
    Er merkte, wie ihm die Hände zitterten, aber es war nicht schlimmer als sonst. Sie arbeiteten präzise und sicher. Sein Selbstvertrauen kehrte allmählich zurück, und die Operation nahm ihren normalen Verlauf, bis die Maschine die Funktion von Herz und Lunge übernommen hatte. Die Kühlung schützte Herz, Gehirn und andere lebenswichtige Organe vor einem etwaigen Sauerstoffmangel, eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme. Er arbeitete mit Netz und doppeltem Boden.
    Jetzt mußte er die rechte Herzkammer öffnen, um an das Loch heranzukommen.
    »Messer.«
    Ein vorsichtiger Einschnitt, etwa zwei Zentimeter lang, zwischen und parallel zu zwei Ästen der rechten Kranzarterie, die über die vordere Kammernwand lief.
    »Untere Saugpumpe anstellen, bitte.«
    Peter arbeitete sich mit dem Saugkopf durch den Einschnitt und saugte die Kammernhöhle leer.
    »Haken. Peter, halten Sie diesen hier. Und Sie, Dr. Carrere, den anderen. Nicht so! Herrgott, nun halten Sie ihn doch so, wie ich ihn Ihnen gebe!«
    Deon spähte in die Kammer, die von den beiden Wundhaken aufgehalten wurde.
    »Was ist denn mit dieser Scheißlampe los? Ich kann überhaupt nichts sehen!« Der Ärger stieg in ihm hoch wie Wasser in einem Brunnen. Er mußte sich unbedingt beherrschen.
    Der Narkosearzt verstellte die Operationslampe. »Besser so?«
    »Sehen Sie denn nicht, daß sie mich blendet?« schrie Deon ihn an.
    »Und jetzt?« fragte Tom Morton-Brown mit sanfter Geduld. Er war ein kleiner, schlagfertiger Londoner, dessen Akzent, trotz des vornehmen Doppelnamens, in Krisenmomenten verdächtig nach Cockney klang. »So richtig?«
    »Richtig nicht, aber jetzt lassen Sie's schon so, in Gottes Namen.«
    Tom sog scharf die Luft ein, aber Deon ignorierte ihn. Er hielt einen Lappen der Trikuspidalklappe hoch, die den rechten Vorhof mit der rechten Herzkammer verbindet.
    »Da ist er«, sagte Peter.
    Deon grunzte

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