Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
Vom Netzwerk:
Hose.
    »Wärmen!« rief er.
    »Wärmung läuft«, erwiderte der Techniker prompt.
    Deon machte in jeden der Fäden drei Knoten, damit der Flicken sich nicht lösen konnte.
    »Ich sauge jetzt die Luft aus dem linken Herzen. Nadel und Spritze, Schwester!«
    Er mußte warten und wedelte ungeduldig mit der Hand. »Halten Sie bitte die Herzspitze hoch, Peter!«
    Deon führte die Nadel durch die Herzspitze in die linke Kammernhöhle und saugte die schaumigen Blutblasen heraus. In Kürze war das Blut luftfrei. Er spritzte es in den Herzbeutel, und Peter saugte es in die Herz-Lungen-Maschine zurück. Mit langsamen, sorgfältigen Stichen, um das Zittern seiner Hände zu verbergen, schloß Deon die Kammernöffnung.
    »Wie hoch ist die Herztemperatur?«
    Morton-Brown warf einen Blick auf die Skala. »Normal.«
    »Was ist normal?« brauste Deon auf.
    Der Narkosearzt seufzte resigniert. »Siebenunddreißig Grad Celsius. Wollen Sie es auch in Fahrenheit haben?«
    Deon ignorierte die pampige Antwort. Der Einschnitt war nun geschlossen, und das Herz fibrillierte heftig, hatte aber noch keinen eigenen Sinusrhythmus angenommen, wie es manchmal vorkam. Er mußte mit einem elektrischen Schock defibrillieren.
    »Reichen Sie mir mal die Platten.«
    Sie wurden ihm hastig in die Hand geschoben, und der Narkosearzt schloß sie an.
    »Wie hoch soll der Schock sein?« fragte er. »Dreißig Watt?«
    »Wir fangen mit dreißig an.«
    »O. K. Dreißig Watt laufen.«
    Deon schob eine Platte hinter das Herz und die andere vor die rechte Herzkammer. So hielt er das Herz zwischen den beiden Metallplatten. »O. K. Tom.«
    Der Körper des Kindes bäumte sich auf. Das Herz zuckte und lag dann unschlüssig still. Dann zog es sich zusammen. Piep … Und noch einmal … Piep … Piep … Alle Blicke hingen wie gebannt an dem Oszillographen und seinem Zackenmuster. Deons Ohren hatten ihm die schreckliche Nachricht schon mitgeteilt: Der Puls war zu langsam. Die Herzvorkammern rasten hektisch, gefolgt vom langsamen, gleichmäßigen Schlag der Hauptkammern.
    Kompletter Herzblock.
    Die Herzkammern reagierten nicht mehr auf den Stimulus aus den Vorhöfen, sie hatten nun ihren eigenen Rhythmus angenommen. Es war wie ein Duett, bei dem jeder Musiker stur nach seinem eigenen Takt spielt.
    »Wie hoch ist der Puls?«
    Der Narkosearzt sah auf den Oszillographen. »Fünfundvierzig.«
    Kompletter Herzblock. Der Stich mußte also doch den Nervenknoten verletzt haben. Warum hatte er das verdammte Ding nicht herausgenommen? Er hatte gemeint, es riskieren zu können. Idiot. Das Risiko trägt der Patient, nicht du. Aber das war doch unmöglich. Er war so sorgfältig vorgegangen!
    Das langsame, penetrante Piep … Piep … des Monitors schien lauter und schriller zu werden und seine Denkfähigkeit zu lähmen.
    Etwas mußte geschehen. Aber was? Da war es ihm gelungen, Marietjes ›gebrochenes‹ Herz zu reparieren, und dabei hatte er ihr einen noch viel schlimmeren Schaden zugefügt. Herzblock konnte zum sofortigen Tod führen.
    Er kam sich vor, als habe ein Kind ihm ein kostbares Spielzeug anvertraut, das er nachlässig aus den Händen gleiten und am Boden hatte zerschellen lassen.
    Sollte er das Herz öffnen, den Flicken herausschneiden und noch einmal ganz von vorn anfangen? Aber wie konnte er sicher sein, daß er damit nicht noch mehr Schaden anrichtete? Oder sollte er das Loch offen lassen?
    »Geben Sie mir ein Messer«, sagte er zur Schwester. Aber er ließ die Hand mit dem gezückten Skalpell wieder sinken. Sei vernünftig, ermahnte er sich. Lass dich nicht aus lauter Ratlosigkeit zu einer übereilten und törichten Handlung hinreißen. Verlass dich auf deine Erfahrung. Was sagt sie dir? Abwarten, und inzwischen einen Schrittmacher einsetzen.
    »Schrittmacher-Elektroden, Schwester.«
    Seine Hände schlotterten, als er begann, die kleinen Elektroden auf die Wand der rechten Herzkammer zu nähen. Peter drückte die erste Elektrode mit einer Klemme aufs Herz, während Deon den Stich verknotete. Der Faden riß aus dem Herzmuskel wieder heraus.
    »Halten Sie das verdammte Ding doch still«, zischte Deon mit zusammengebissenen Zähnen. »Sehen Sie sich das an! Das ist Ihre Schuld!« Und zu dem Franzosen: »Doktor, würden Sie so freundlich sein, mir die Klemme zu halten, da Dr. Moorhead sich wohl nicht dazu in der Lage sieht.«
    Er wußte, daß er sich gemein und würdelos benahm, aber er konnte sich nicht beherrschen. Sein Versagen, das Bewußtsein, daß er die

Weitere Kostenlose Bücher