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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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Nun mal sachte«, warnte er und sah ängstlich zu der Gruppe farbiger Studenten hinüber.
    Deon beherrschte sich mühsam. »Entschuldige, aber so eine Einstellung macht mich wild. Mein Vater denkt auch so: Das ist Gottes Wille, also hast du zu gehorchen, ob es dir passt oder nicht.«
    »Religion hat damit gar nichts zu tun, Deon«, sagte Philip. Seine Finger zitterten leicht, als er die Brote zurück in die Tüte packte. »Es ist einfach meine Überzeugung. Wir wollen doch nicht Ärzte werden, um gleichzeitig Scharfrichter zu sein.«
    »Du verdrehst mir das Wort im Mund. Ich habe ja nur gesagt, daß die Gesellschaft ein Recht hat zu entscheiden. Sogar eine Einzelperson hat ein Recht zu entscheiden, ob sie eine solche Bürde auf sich nehmen will.«
    »Ich verdrehe überhaupt nichts. Du sagst indirekt, daß eine Frau das Recht hat, dieses Menschenleben gegen gesellschaftliches Ansehen zu verschachern oder sogar für eine Reise ins Ausland oder ein neues Auto.«
    Deon sah zur Seite. Du hast gut reden, dachte er. Er wußte, daß sein Gesicht vor Wut und Scham gerötet war. »Man kann leicht reden, wenn man nicht direkt mit dem Problem konfrontiert wird. Aber diese Frau könnte deine Patientin sein. Hast du ihr gegenüber nicht auch Pflichten?«
    »Ich schlage vor, ihr lasst das Thema jetzt fallen«, mischte Robby sich wieder ein. Seine Augen hinter den Brillengläsern waren ernst.
    »Ganz ehrlich, Robby«, sagte Philip zu ihm, »unsere Wertmaßstäbe sind verzerrt. Wir schätzen Dinge höher ein als unsere Mitmenschen. Abtreibung ist nur eines der Symptome. Was, glaubst du, würde geschehen, wenn jemand die Mona Lisa mit einem Messer zerfetzen wollte? Lynchen würde man ihn! Aber man sieht gleichmütig zu, wie eine andere vollkommene Schöpfung, ein menschliches Wesen, vor der Geburt zerstört wird.«
    »Moment mal«, fuhr Deon hitzig dazwischen, »es gibt nur eine Mona Lisa, und du gibst wohl zu, daß es mehr als genug Menschen auf der Welt gibt.«
    Philip lächelte befriedigt, als habe er eine Falle gestellt und das Opfer sei auch prompt hineingetappt. »Ein Fötus ist auch einzigartig. Wer weiß, ob daraus nicht ein großes Genie geworden wäre, größer noch als da Vinci?«
    Es war das Lächeln, das Deon zu der erbitterten Antwort hinriss: »Oder auch ein farbiges Slumkind, das als Säufer oder im Zuchthaus endet.«
    Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als er sie schon bereute. Der Puls hämmerte an seinem Hals. Er hatte Philip nicht verletzen wollen. Robby betrachtete stirnrunzelnd eine Karikatur an der Wand und tat, als ginge ihn das alles nichts an. Entschuldige dich, dachte Deon. Sag ihm, daß du es nicht so gemeint hast. Aber er konnte die Worte nicht hervorbringen. Flip, dachte er unklar. Kweperlat Kinder hinter der Mauer am Damm. Er würde es sagen.
    Die Entschuldigung formte sich schon auf der Zunge, als Philip aufstand, nicht übermäßig schnell, aber mit ruhigen, entschlossenen Bewegungen. Die Stuhlbeine kratzten geräuschvoll über den Fußboden.
    »Bitte entschuldigt mich«, sagte er kalt und förmlich. Er nahm sein Buch und die Tüte mit den Broten, machte eine kleine Verbeugung zu Robby hin und wandte sich zum Gehen, ohne Deon anzusehen.
    Deons Reue schlug sofort in Zorn um. Du kannst mich mal, dachte er. Verdammter emporgekommener Farbiger. Ohne die Van der Riets wärst du gar nicht hier.
    »Du hast dem armen Kerl ganz schön zugesetzt«, sagte Robby.
    »Was soll das heißen?«
    Robby sah, wie aufgebracht Deon war, und blickte zur Seite. »Na ja, es geht mich ja nichts an«, lenkte er verlegen ein.
    »Also, nur damit du's weißt, es ist nicht, weil er farbig ist oder so was«, sagte Deon bündig. »Aber ich kann es nun mal nicht ausstehen, wenn jemand so auf moralisch macht.«
    »Ist ja schon gut.« Robby sah ihm ins Gesicht, sein Blick wurde listig. »Bißchen nervös heute, wie? Schlechte Nachrichten?«
    »Nein, es ist eben nur … Ach, all das Pauken geht mir an die Nieren.«
    »Aha. Du hättest wohl nicht gern eine zuverlässige Telefonnummer, wie?«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    Robby lachte. »Komm, komm, glaubst du, du könntest mir was vormachen? All das Gerede von verzweifelten künftigen Müttern …« Er lehnte sich verschwörerisch vor. »Ich kenne einen Freund von einem Freund. Willst du seine Nummer?«
    »Ich weiß nicht.« Deon war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, sich Robby anzuvertrauen, und dem Stolz, sich selbst helfen zu wollen. »Ich sag' dir Bescheid,

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