Die Erbsünde
nonchalant. »Ich habe nämlich heute Abend frei. Vielleicht hast du Lust, mit mir essen zu gehen, oder ins Theater …?«
Sie zögerte. »Gut«, sagte sie dann abrupt. »Ich wollte sowieso mit dir sprechen. Ich hole dich in etwa einer Stunde am Bungalow ab.«
Er legte den Hörer auf, und mit einemmal wurde ihm bewußt, wie arg es für ihn gewesen wäre, wenn sie abgelehnt hätte.
Trish fiel ihm ein, und da war wieder das bittersüße Gefühl von Schmerz und Verlust. Bei ihr war es auch so gewesen: zuerst ein unstillbares Verlangen, dann der Überdruss des Allzuvertrauten, der Abschied und schließlich der wiedererwachende Eroberungsdrang.
Er stand am Fenster und beobachtete die Auffahrt, bis er Elizabeth in irrem Tempo heranbrausen und mit haarscharfer Präzision in eine Parklücke einschwenken sah. Er ging in sein Zimmer und wartete, bis sie an seine Tür klopfte. Er zwang sich, eine Weile zu warten. »Wer ist da?« rief er dann. Liz trat ein, ohne zu antworten. Er zuckte förmlich zusammen. Nie zuvor war sie ihm so schön vorgekommen.
»Gehen wir?« Ihre Haltung war zurückhaltend. »Wir nehmen meinen Wagen, wenn du nichts dagegen hast.«
Er stimmte gleichmütig zu. Er war fest entschlossen, heute Abend jedes Risiko einer Meinungsverschiedenheit zu vermeiden. Außerdem war er beim Fahren oft geistesabwesend und ließ gern seine Gedanken zu ungelösten Problemen abschweifen, statt sich auf den Verkehr zu konzentrieren.
Sie fuhren ans Meer, zu einem ihrer Lieblingsrestaurants, wo leere Weinflaschen von der Decke baumelten und wachsverkrustete Kerzen in Flaschen steckten, wo der dicke italienische Besitzer seine Gäste mit einem strahlenden Lächeln begrüßte und später am Abend die Mamma aus der Küche kam, um scheu die Komplimente für ihre Lasagne verdi oder Saltimbocca entgegenzunehmen.
Sie bestellten beide gegrillte Languste. Deon war versucht, um die Knoblauchbutter zu bitten, besann sich aber eines besseren.
Elizabeth war zerstreut und verstimmt, und Deon hütete sich, in sie zu dringen. Er war erleichtert, als sie nach ein paar eisgekühlten Cinzanos etwas gelöster wurde. Jetzt mußte er loswerden, was er ihr zu sagen hatte.
»Ich habe mich entschlossen, mit der Chirurgie weiterzumachen«, sagte er ihr und war stolz daß er die Worte mit Gelassenheit aussprechen konnte.
»Prima«, sagte sie gleichgültig.
Er schluckte seine Enttäuschung hinunter. Und da hatte er gemeint, er könne mit seiner Eröffnung bei ihr Eindruck schinden!
Sie beendeten ihre Mahlzeit und plauderten noch ein bißchen bei einer Zigarette und einer Tasse Kaffee. Aber ihre Antworten wurden immer fahriger, bis er sich schließlich im Sessel zurücklehnte und grinste: »Na, dann sag's schon. Du denkst ja die ganze Zeit nur daran, was du mir zu sagen hast. Also raus damit!«
Sie schnitt eine zustimmende Grimasse, zauderte aber noch. »Es ist nicht so wichtig.«
»Komm, dafür kenn' ich dich gut genug.«
Sie sah ihn forschend an. Er zwang sich, sein ermunterndes Lächeln beizubehalten. Sie blickte zur Seite und zog die Mundwinkel herunter.
»Deon, ich habe mich entschlossen, dich nicht mehr zu sehen.«
Sein Grinsen erstarrte, aber er behielt es tapfer bei. »Darf ich wissen, warum? Was habe ich angestellt?«
»Ich bezweifle, daß es dich interessiert, aber ich liebe einen anderen.«
Sein Grinsen verrutschte, aber er rückte es wieder zurecht, als sei sein Gesicht eine stilisierte Theatermaske: nach oben gebogene Lippen – Freude, nach unten gezogene Lippen – Leid. »Und hat er dich schon gelegt?«
»Noch nicht«, sagte sie trotzig, »vielleicht bald.«
Er schämte sich seiner ordinären Grobheit, wollte es aber auf keinen Fall zeigen. Er kippte seinen Stuhl nach hinten und schaukelte sachte vor und zurück.
»Du wirst dich nie ändern«, sagte er spöttisch, »immer die gleiche Liz.«
»Und du auch nicht, Schatz.« Sie sah ihn voller Abneigung an. »Weißt du, als Kinder haben wir oft Orangen mit den Knien geknetet, bis sie weich waren. Dann haben wir ein Loch hineingebohrt und den Saft herausgelutscht. Wenn sie leer waren, haben wir sie weggeworfen. Genauso gehst du mit Menschen um. Nur – diesmal kannst du dir 'ne andere Orange suchen – such dir 'ne neue Titte zum Lutschen.«
Um ein Haar hätte er das Gleichgewicht verloren. Er mußte sich an der Tischkante festhalten, und dabei fiel eine Kaffeetasse klirrend zu Boden. Grollend richtete er sich auf und war sich bewußt, daß er eine lächerliche Figur
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