Die Erde in Gefahr (Orion 08)
Konservenfabrik verbracht. Das dunkelblonde Haar war kurz und zweckmäßig geschnitten, die braunen Augen blickten streng, und der Mund wirkte fast zu herb. Beachtenswert waren die Hände. Harte und lange Arbeit hatten sie geformt. Marion spielte nervös an einem breiten, rotleuchtenden Stahlreifen, der um ihr rechtes Handgelenk schaukelte.
»Vor ungefähr zweitausend Jahren wurden wir von der Erde deportiert, weil sich Charles C., unser großes und unerreichtes Vorbild, weigerte, mit seinen Männern zu den Waffen zu eilen. Man brachte 290.000 Menschen nach Sahagoon, wie wir diese Welt nannten.
Dort herrschte eine ausgehende Eiszeit.
Wir wurden Jäger und Sammler. Wir domestizierten die Tiere, legten riesige Äcker an, züchteten Nahrungsmittelpflanzen und verkauften die Erträge an die Erde. Wir arbeiteten sehr viel und sehr hart, und unsere Schulen verlangen sehr viel.
Inzwischen haben sich die politischen Verhältnisse etwas geändert.
Es gibt eine konservative und eine fortschrittliche Gruppe, letztere ist zwar zahlenmäßig größer, aber noch nicht einflußreich genug. Wir haben keine Waffen, keine Raumschiffe, aber eine eigene Gerichtsbarkeit. Unser Planet ist reich, und Terra baut dort vollrobotisch Erze ab, die mit Schiffen transportiert werden. Wir sind ein Planet der Farmen und der Gewächse. Die Fortschrittlichen haben sich von der rein vegetarischen Auffassung entfernt, aber die Konservativen ernähren sich nur auf pflanzlicher Basis.
Nach wie vor stehen wir unter der lockeren, aber intensiven Kontrolle der Erde. Wir sind praktisch noch immer die Nachkommen der eiszeitlichen Jäger, als die sich unsere Ahnen betrachteten.«
McLane wurde eigenartig berührt, die kühle Distanz, die aus den Worten des Mädchens klang, war gemischt mit einem fernen Haß auf die Erde. Oder täuschte er sich? Er betrachtete die unruhigen Finger des Mädchens. Sie spielten noch immer mit dem leichten, offensichtlich stählernen Armband, dessen Außenfläche aus einem Kantenraster bestand. Das Metall leuchtete in einer rötlichen, warmen Glut.
»Sie bewegen sich viel im Freien, nicht wahr?« fragte Mario mit seinem gewinnenden Lächeln.
»Fast ausschließlich.« Sie lächelte verlegen. »Ich bin Leiterin einer Erntemaschinenbrigade.«
Das unaussprechliche Gefühl, jener durch nichts zu begründende Verdacht gegen Sahagoon nahmen in Cliff zu. Er betrachtete das Mädchen sehr genau. Sie war nervös und verstellte sich, gleichzeitig wurde Cliff eigenartig berührt von der Persönlichkeit des Mädchens.
Das braune Gesicht, offen und hart, aber mit herben Linien durchzogen. Der kalte Fanatismus der Worte und der Schilderungen – die Wildnis Sahagoons schien ihren Bewohnern einen nicht zu übersehenden Wesenszug aufgedrückt zu haben.
»Wie hoch ist die Bevölkerung auf Sahagoon?« fragte Mario. Sein Versuch, zu flirten, prallte wie von einem unsichtbaren Schild ab.
»Drei Millionen zweihunderttausend Menschen«, war die Antwort.
»Und keine eigenen Raumschiffe?«
Ein kalter Blick aus großen, dunklen Augen traf Cliff.
»Nein. Das Abkommen Terra-Sahagoon besagt, daß die Möglichkeit, Sahagoon würde sich für die Deportation rächen können, ausgeschaltet bleiben sollte. Wir haben nur Turbinenwagen, Import von Terra.«
Cliff winkte ab.
»Nach meiner Meinung scheint es ausgeschlossen zu sein, daß sich auch nur ein einziger Planet dazu bewegen läßt, die Erde zu überfallen. Gerade jetzt, wo uns die Extraterrestrier auf den Pelz rücken. Was tun Sie hier, Marion?«
»Ich besuche die Erde. Ich soll mich umsehen.«
Umsehen, auf welche Art die Erde anzugreifen sei? fragte sich Cliff insgeheim.
»Umsehen? Wonach?«
»Nicht nach Raumfahrern, McLane«, sagte Marion. »Sondern danach, was die Erde liefern kann, und was wir dagegen tauschen können. Außerdem erscheinen uns die ermittelten Verrechnungseinheiten stark im Sinne der Ausbeutung zu funktionieren. Wir planen, die Verträge zu kündigen und sie durch neue, günstigere zu ersetzen.«
Mario nickte bekümmert.
»Was zur Folge haben wird, daß das gute Tiefkühlgemüse teurer wird, und die Portionen im Casino werden auch immer kleiner.«
»Das ist nicht unbedingt Schuld von Sahagoon, meine Herren«, sagte Marion scharf.
»Sicher nicht«, gab Cliff zu. »Auch die Erde macht Fehler.«
David McKirkcudbride mischte sich ein.
»Miß Stadyonnex wohnt zur Zeit im Carpentaria Hilton als Gast des Wirtschaftsministeriums. Sie ist von dem Luxus etwas verwirrt, und
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