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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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aber sein Bruch mit Geierkopfs war vollständig, er verharrte in seinem Schweigen, war gleichsam abgeschieden und begraben. Niemals, unter keinen Umständen, aus keinem noch so zwingenden Anlaß richtete er das Wort an sie. Das Leben wurde weiter gemeinsam geführt, er schlief dort, aß dort, er sah sie, stieß sie von morgens bis abends fast mit den Ellbogen an; und nicht ein Blick, nicht ein Wort, das Gebaren eines Blinden und eines Stummen, das schlurfende Umherwandern eines Schattens inmitten von Lebenden. Als man es müde war, sich mit ihm abzugeben, ohne einen Hauch aus ihm herauszubekommen, ließ man ihn in seiner Verstocktheit. Geierkopf und selbst Lise hörten ebenfalls auf, zu ihm zu sprechen, duldeten ihn um sich wie ein Möbelstück, das den Platz wechselte, und wußten schließlich nicht einmal mehr genau, ob er überhaupt anwesend war. Das Pferd und die beiden Kühe zählten mehr.
    Im ganzen Haus hatte Fouan nur noch einen Freund, den kleinen Jules, der bald neun Jahre wurde. Während Laure, die vier Jahre alt war, ihn mit den harten Augen der Familie ansah, sich aus seinen Armen löste, heimtückisch und nachtragend war, als habe sie bereits diesen unnützen Mund verdammt, gefiel es Jules, dem Alten um den Bart zu gehen. Und er blieb das letzte Band, durch das Fouan noch mit dem Leben der anderen in Verbindung stand. Jules machte den Boten, wenn ein Ja oder Nein unbedingt notwendig wurde. Seine Mutter schickte ihn, und er brachte die Antwort, denn für ihn allein trat der Großvater aus seinem Schweigen heraus. Bei der Hilflosigkeit, in die er verfiel, half ihm das Kind außerdem wie eine kleine Hausfrau, morgens sein Bett zu machen, und übernahm es, ihm seine Portion Suppe zu geben, die er am Fenster von seinen Knien aß, weil er niemals wieder seinen Platz am Tisch hatte einnehmen wollen. Fouans Glück bestand darin, Jules an der Hand mitzunehmen, lange immer vor sich hin zu wandern; und an diesen Tagen redete er sich alles von der Seele, was er in sich zurückdrängte, er erzählte und erzählte davon, daß sein Gefährte ganz benommen wurde, weil Fouan bereits nur noch mit Mühe sprechen konnte und seine Zunge aus der Übung kam, seit er aufhörte, sich ihrer zu bedienen. Aber der Greis, der vor sich hin stammelte, und der kleine Junge, der nur den Gedanken an Nester und Brombeeren im Kopf hatte, verstanden sich sehr gut, wenn sie stundenlang miteinander redeten. Fouan brachte ihm bei, Leimruten zu legen, er bastelte ihm einen kleinen Käfig, in den man Heimchen einsperren konnte. Diese zarte Kinderhand in der seinen auf den leeren Wegen dieser Gegend, in der er weder Erde noch Familie mehr hatte, das war alles, was ihn aufrecht hielt und was bewirkte, daß er gern noch ein bißchen lebte.
    Ansonsten war Fouan gleichsam aus der Zahl der Lebenden gestrichen, Geierkopf handelte an seiner Stelle und in seinem Namen, strich Zinsen ein und unterschrieb unter dem Vorwand, daß der alte Kerl den Kopf verliere. Die Jahreszinsen von hundertfünfzig Francs, die aus dem Verkauf des Hauses herrührten, wurden ihm unmittelbar von Herrn Baillehache ausgezahlt. Es gab nur mit Delhomme eine Schererei, der sich geweigert hatte, die zweihundert Francs Kostgeld jemand anders als dem Vater auszuhändigen; und Delhomme verlangte also, daß der Vater dabeisein sollte; aber er hatte noch nicht den Rücken gekehrt, da raffte Geierkopf das Geld schon an sich. Das machte dreihundertfünfzig Francs, zu denen, wie er mit wehleidiger Stimme sagte, er ebensoviel und noch mehr hinzulegen mußte, ohne daß er es schaffte, den Alten zu beköstigen. Niemals sprach er wieder von den Wertpapieren: das alles schlief, man würde später sehen. Was die Zinsen betraf, so gingen sie, seinem Reden nach, dafür drauf, die Vater Saucisse gegenüber eingegangene Verpflichtung einzuhalten, eine Leibrente von fünfzehn Sous jeden Morgen, für die Vater Saucisse doch im Falle seines Todes einen Arpent Erde versprochen hatte. Er schrie, daß man diesen Vertrag nicht fahrenlassen könne, daß schon zuviel Geld hineingesteckt worden sei. Dennoch lief das Gerücht um, daß Vater Saucisse, ins Bockshorn gejagt und mit einem bösen Streich bedroht, eingewilligt habe, den Vertrag zu lösen und Geierkopf die Hälfte der erhaltenen Summe, tausend von zweitausend Francs, zurückzugeben; und wenn dieser alte Gauner schwieg, so aus der Eitelkeit eines Lumpen heraus, der nicht zugeben wollte, daß man ihn nun seinerseits eingewickelt hatte. Geierkopf

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