Die Erde
so sauer erworbene Erde. Warum sie nicht ganz haben? Eine Teilung wurde ihm unerträglich. Und noch andere Dinge, wirre Dinge, lagen in seinem dicken Schädel miteinander im Widerstreit, Hochmut, Starrköpfigkeit, das nicht zurückzunehmen, was er gesagt hatte, die hochgebrachte Begierde eines Mannestiers, das in der Furcht, hereingelegt zu werden, will und nicht will. Jäh faßte er einen Entschluß.
»Ich gehe rauf, mich schlafen legen. Lebt wohl!«
»Wieso, lebt wohl?«
»Ja, ich breche vor Tagesanbruch wieder nach La Chamade auf ... Lebt wohl, falls ich euch nicht mehr sehe.«
Seite an Seite hatten sich der Vater und die Mutter vor ihn hingepflanzt.
»Na schön! Und dein Anteil«, fragte Fouan, »nimmst du ihn an?«
Geierkopf schritt bis zur Tür; dann drehte er sich um und sagte:
»Nein!«
Der alte Bauer bebte am ganzen Leibe. Er machte sich größer, und es kam zu einem letzten Ausbruch seiner einstigen Autorität.
»Es ist gut, du bist ein schlechter Sohn ... Ich werde deinem Bruder und deiner Schwester ihren Anteil geben, und ich werde ihnen deinen Anteil verpachten, und wenn ich sterbe, werde ich es so einrichten, daß sie ihn behalten ... Du wirst nichts kriegen, mach, daß du rauskommst!«
Geierkopf in seiner erstarrten Haltung zuckte mit keiner Wimper.
Da versuchte nun Rose, ihn weich zu stimmen.
»Aber wir haben dich ebenso lieb wie die andern, Dummkopf! – Aus Bockigkeit schlägst du aus, was du doch gern haben möchtest. Nimm an!«
»Nein!«
Und er verschwand, er ging hinauf, sich schlafen legen.
Draußen gingen Lise und Françoise, noch ergriffen von diesem Auftritt, schweigend ein paar Schritte. Sie hatten sich wieder umgefaßt, sie verschmolzen miteinander, waren ganz schwarz im nächtlichen blauen Schimmern des Schnees.
Aber Jean, der ihnen, ebenfalls schweigend, folgte, hörte sie bald weinen. Er wollte ihnen wieder Mut machen.
»Seht mal, er wird sich's überlegen, er wird morgen ja sagen.«
»Ach, Ihr kennt ihn nicht«, rief Lise aus. »Er würde sich lieber zerhacken lassen als nachgeben ... Nein, nein, das ist aus.« Dann fragte sie mit verzweifelter Stimme: »Was werd ich denn machen mit seinem Kind?«
»Rausbringen mußt du's halt«, murmelte Françoise.
Das brachte alle zum Lachen. Aber die beiden Mädchen waren zu traurig, sie fingen wieder an zu weinen.
Als Jean sich an ihrer Tür von ihnen verabschiedet hatte, setzte er seinen Weg durch die Ebene fort. Es hatte aufgehört zu schneien, der Himmel war wieder frisch und klar geworden, durchsiebt von Sternen, ein weiter Frosthimmel, von dem eine blaue Helligkeit, durchsichtig wie Kristall, herabsank; und unendlich entrollte sich die Beauce, ganz weiß, flach und reglos wie ein Eismeer. Kein Hauch wehte vom fernen Horizont, Jean hörte nur den Takt seiner groben Schuhe auf dem hart gewordenen Boden. Es herrschte eine tiefe Ruhe, der erhabene Frieden der Kälte. Alles, was er gelesen hatte, drehte sich ihm im Kopf, er nahm seine Schirmmütze ab, um sich zu erfrischen, weil es ihm hinter den Ohren weh tat und er das Bedürfnis hatte, an nichts mehr zu denken. Der Gedanke an dieses schwangere Mädchen und ihre Schwester war ebenfalls anstrengend für ihn. Seine groben Schuhe klappten immerzu. Schweigend löste sich eine Sternschnuppe, durchfurchte den Himmel mit einem Flammenflug.
Da hinten verschwand das Gehöft La Borderie, das das weiße Tuch kaum mit einem leichten Buckel schwellte; und sobald Jean in den Querweg eingebogen war, entsann er sich des Feldes, das er an dieser Stelle ein paar Tage zuvor besät hatte: er schaute nach links, er erkannte es unter dem Schweißtuch, das es bedeckte. Die Schicht war dünn, von einer Schwerelosigkeit und einer Reinheit wie Hermelin und zeichnete die Kanten der Furchen ab, ließ die schlaffen Glieder der Erde ahnen. Wie die Saaten schlafen mußten! Welch gutes Ausruhen in diesem zu Eis erstarrten Schoß bis zum lauen Morgen, da die Sonne des Frühlings sie wieder zum Leben erwecken würde!
Zweiter Teil
Kapitel I
Es war vier Uhr, der Tag brach eben erst an, das rosige Tageslicht der ersten Maimorgen. Unter dem bleich werdenden Himmel schlummerten noch die halbdüsteren Gebäude von La Borderie, drei lange Gebäude an drei Seiten des geräumigen viereckigen. Hofes, der Schaf stall im Hintergrund, die Scheunen rechts, der Kuhstall, der Pferdestall und das Wohnhaus links. Das die vierte Seite abschließende Tor war geschlossen, verriegelt mit einer Eisenstange. Und allein ein
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