Die Erfinder Des Todes
vielleicht sogar schon mit den Befragungen beginnen.
Es war ein kluger Vorschlag gewesen, nicht zuletzt, weil er Duvall vor einem Gesichtsverlust bewahrte. Man hatte also den Lagerbereich abgesperrt und einen kleinen Polizistentrupp beauftragt, dafür zu sorgen, dass niemand Smithfield Market betrat, ohne Auskunft zu geben, wo er erreichbar sein würde.
Inzwischen begann die Spurensicherung mit ihrer Aufgabe, jeden Zentimeter des mit Geräten gefüllten Lagerraums, wo die gruselige Entdeckung gemacht wurde, minuziös zu untersuchen.
So weit, so schlecht. Schlimmer noch war die Tatsache, dass sie ihre Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei in Dorset weiter fortsetzen musste. Was immer Georgia Lester zugestoßen war, hatte zwar in Duvalls Revier sein Ende gefunden, aber in Dorset seinen Anfang genommen. Wenn es Augenzeugen gäbe, war die Wahrscheinlichkeit sehr viel größer, dass sie dort unten auftauchen würden. Es war eher denkbar, dass jemand in einer entlegenen ländlichen Gegend etwas Außergewöhnliches bemerkt hatte, als dass eine Person mit einer Ladung Fleisch im Smithfield Market aufgefallen war. Immer vorausgesetzt, dass die Kollegen da unten ihre verdammte Arbeit richtig machten, fügte sie automatisch hinzu. Es war nie Duvalls Stärke gewesen zu delegieren, nicht einmal an ihr eigenes Team. Aber sich auf eine andere Dienststelle verlassen zu müssen, wo es um das Kernstück einer Ermittlung ging, war für sie die reine Hölle. Bis jetzt hatte sie an der Arbeit ihrer Kollegen in Dorset nichts bemerkt, das Anlass zur Kritik gab, aber trotzdem hatte sie allgemein das ungute Gefühl, dass sie nicht präzise und intelligent genug an diesen Fall herangingen. Sie würde ein Meeting einberufen müssen. Am besten dort unten, damit sie ein Gefühl für die Gegend bekam, wo die Entführung stattgefunden hatte.
Aber das würde warten müssen. Zuerst schuldete sie Steve Preston den Gefallen, ihn darüber zu informieren, was sein Hinweis gebracht hatte. Sie bat also ihren Fahrer, den Umweg über New Scotland Yard zu machen, bevor sie zu ihren Büros in der Wood Street zurückkehrten. Sie fuhr im Aufzug zu Steves Stockwerk hinauf und schritt den Korridor entlang, was ängstliche Blicke bei denen auslöste, an denen sie vorbeikam.
Ein kurzes Klopfen an der Tür, und schon war sie eingetreten.
Ihr erster Eindruck war, dass Steve es irgendwie geschafft hatte, in die letzten vierundzwanzig Stunden eine Woche Urlaub einzubauen. Die Falten von Stress und Anstrengung um die Augen hatten sich geglättet. Statt der für einen höheren Polizeibeamten wegen besessener Arbeitswut typischen Blässe hatte seine Haut eine gesunde Farbe. Seine Augen glänzten, und das Grinsen, mit dem er sie begrüßte, war Lichtjahre von dem besorgten Lächeln des Vortages entfernt.
»Sie sehen aus, als kämen Sie mit Ihren Fällen besser voran als ich mit meinen«, sagte Duvall und setzte sich behutsam auf den Stuhl ihm gegenüber, wobei sie sich bewusst war, dass ihr Kostüm zerknittert aussah und sie wahrscheinlich wie ein voller Aschenbecher aus einer Kneipe roch.
Steve zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Muss wohl eine optische Täuschung sein. Ich höre, Sie hatten eine lange Nacht.«
Duvall nickte und schob die Brille auf ihrer Nase höher. »Und es wird auch ein langer Tag werden. Ich dachte, Sie würden gern erfahren, was dabei herauskam.«
»Wär schön«, sagte Steve und nickte zustimmend.
»Wir gingen gegen zehn rein und fingen an, alles auseinander zu nehmen. Metzger und Bobbys durchsuchten Gefriertruhen und Kühlräume nach verdächtig aussehendem Fleisch, Händler regten sich auf, was wir an ihren Waren zu schaffen hätten, die Pathologen stocherten in allem herum, das auch nur entfernt außergewöhnlich aussah. Wovon es nicht viel gab, muss ich sagen. Der abgesprochene Plan war, wenn jemand etwas wirklich Verdächtiges finden würde, sollten die Pathologen es ins Labor bringen und überprüfen, ob es menschliches Gewebe war oder nicht. Ich hatte das ganz Team aufklären lassen, wonach sie suchen sollten. Aber als es so weit war, war das alles graue Theorie.«
»Wie meinen Sie das?«
»Etwa um Mitternacht fanden die Jungs eine Kühltruhe im hinteren Lagerbereich. Sie war mit einem Vorhängeschloss abgesichert, und niemand wollte zugeben, dafür Schlüssel zu haben. Nach Auskunft im Büro des Managers war sie einen Monat zuvor von einem Händler dort hingestellt worden, der sie dann wegbringen lassen sollte. Aber er
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