Die Erfindung des Jazz im Donbass
Baustelle, sprang über eine Grube und fuhr auf die Landstraße. Dabei hörte Kolja die ganze Zeit irgendwelche schwere Gitarrenmusik, Rammstein oder so’n Zeug.
– Haben Sie Angst, gesehen zu werden? – fragte ich Nikolaitsch.
– Überhaupt nicht, Kolja kennt sich nur gut aus, deshalb nimmt er immer eine Abkürzung.
Zuerst fuhren wir schweigend. Dann hielt es Nikolaitsch nicht mehr aus.
– Kolja! – schrie er dem Fahrer zu, der ihn jedoch nicht hörte. – Kolja, fuck! Dreh diese Faschisten ab! – Kolja sah sich missmutig um, stellte die Musik aber ab. – Hermann Serhijowytsch, – begann Nikolaitsch.
– Einfach Hermann, – unterbrach ich ihn.
– Ja, natürlich, – stimmte Nikolaitsch zu. – Ich möchte mit Ihnen reden.
– Lassen Sie uns reden.
– Gut.
– Ich habe nichts dagegen.
– Wunderbar. Kolja! – schrie Nikolaitsch. Wir fuhren gerade auf die Brücke. In der Mitte der Brücke hielt Kolja plötzlich an und stellte den Motor ab. Stille.
– Na, wie gefällt es Ihnen hier bei uns? – fragte Nikolaitsch, ganz so, als stünden wir nicht mitten auf der Fahrbahn.
– Ganz gut, – antwortete ich unsicher. – Hatte Sehnsucht nach den Orten meiner Kindheit. – Was ist, fahren wir nicht weiter? – Ich linste aus dem Fenster.
– Nein, nein, – beruhigte mich Nikolaitsch, – wir bringen Sie, wohin Sie wollen. Werden Sie eigentlich lange hierbleiben?
– Weiß nicht, – antwortete ich und wurde langsam nervös. – Mal sehen. Mein Bruder ist verreist, wissen Sie . . .
– Ich weiß, – fiel Nikolaitsch ein. – Juri Serhijowytsch, Jura, – er schaute zu mir herüber, – und ich waren Partner.
– Das ist gut, – sagte ich unsicher.
– Das ist wunderbar, – pflichtete Nikolaitsch bei. – Was kann besser sein als Partnerschaft?
– Weiß nicht, – stimmte ich ehrlich zu.
– Wissen Sie nicht?
– Weiß ich nicht.
– Ich weiß es auch nicht, – bekannte Nikolaitsch plötzlich. Hinter uns bremste ein Milchwagen. Der Fahrer hupte. Hinter dem Milchwagen bemerkte ich einen weiteren LKW . Kolja! – schrie Nikolaitsch wieder.
Kolja sprang aus dem Auto und ging lässig in Richtung des Milchwagens. Dort angekommen, stieg er auf das Trittbrett, streckte seinen großen Kopf durch das geöffnete Fenster zum Fahrer hinein, sagte etwas. Der Fahrer stellte den Motor ab. Kolja hüpfte auf den Asphalt und ging zum LKW .
– Das ist es, worauf ich hinauswill, Hermann, – fuhr Nikolaitsch fort, – Sie sind ein junger, energischer Mensch. Sie haben noch viel vor. Ich persönlich würde mir wünschen, dass sich zwischen Ihnen und mir auch so eine Partnerschaft entwickelt. Was meinen Sie?
– Das wäre wunderbar, – stimmte ich zu.
– Ich weiß nicht, ob Olga Mychajliwna Ihnen davon erzählt hat oder nicht, aber wir sind daran interessiert, Ihre Firma zu erwerben. Verstehen Sie?
– Ich verstehe.
– Na, das ist gut, dass Sie mich verstehen. Mit Ihrem Bruder, mit Jura, kam es leider nicht zu einer Einigung . . .
– Warum?
– Ach, verstehen Sie, wir konnten nicht alle Details klären.
– Na, wenn er zurückkommt, dann klären Sie sie.
– Und wann kommt er zurück? – Nikolaitsch musterte mich scharf.
– Weiß nicht. Bald, hoffe ich.
– Und wenn er nicht zurückkommt?
– Wie soll er denn nicht zurückkommen?
– Einfach so. Könnte ja passieren.
– Reden Sie keinen Unsinn, Nikolai Nikolaitsch, – sagte ich. – Das ist seine Firma, und er wird doch auf jeden Fall zurückkommen. Ich habe nicht vor, irgendwas zu verkaufen.
Hinter uns hatte sich eine lange Schlange gebildet. Die Entgegenkommenden hielten an und fragten Kolja, ob alles in Ordnung sei. Kolja sagte etwas, und die Autos fuhren schnell weiter.
– Regen Sie sich nicht auf, – sagte Nikolaitsch beruhigend. – Ich verstehe, dass Sie nicht von jetzt auf gleich einem fast Unbekannten die Firma Ihres Bruders verkaufen wollen. Ich verstehe das sehr gut. Denken Sie darüber nach, Zeit haben Sie. Mit Ihrem Bruder sind wir nicht zu einer Einigung gelangt, aber mit Ihnen wird sich hoffentlich alles zur Zufriedenheit regeln lassen. Für Sie ist das der einzige Ausweg. Ihre Geschäfte laufen schlecht, wie ich weiß. Ihren Bruder habe ich auch verstanden – immerhin hat er die Firma von null aufgebaut. Aber eine Firma muss wachsen, Hermann. Verstehen Sie? Sie kriegen das Geld, teilen es mit Ihrem Bruder. Falls er zurückkehrt. Denken Sie drüber nach, ja?
– Unbedingt.
– Versprochen?
–
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