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Die Erfindung des Lebens: Roman

Die Erfindung des Lebens: Roman

Titel: Die Erfindung des Lebens: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns-Josef Ortheil
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zu setzen.
     
    Nun waren wir wieder weit voneinander entfernt, und die Sprachlehrerin musste mir in die andere Ecke des Zimmers folgen, das aber tat sie zunächst keineswegs, sie setzte sich vielmehr selbst auf den großen Sessel und schaute eine Zeit lang aus dem Fenster, als warte sie auf eine Person, die gleich kommen werde. Statt dieser Person betrat aber meist Mutter das Zimmer, sie brachte der Sprachlehrerin etwas zu trinken und stellte das Getränk auf das runde Samttischchen, wo es dann meistens herumstand, ohne dass die Sprachlehrerin mehr als einmal an ihm genippt hätte.
    Wenn die Mutter das Zimmer dann wieder verließ, ging ich hinter ihr her, so dass die Sprachlehrerin eine Weile allein im Wohnzimmer blieb. Ich zählte dann oft die Sekunden, die sie dort verbrachte, einmal waren es über hundert gewesen, über hundert Sekunden hatte die Sprachlehrerin also allein am Fenster des Wohnzimmers gesessen und nichts anderes getan als hinauszustarren und an einer Tasse Tee zu nippen. Kam sie dann endlich doch, um nach mir zu schauen, folgte ich ihr sehr langsam wieder ins Wohnzimmer und setzte mich genau dahin, wo ich zuletzt gehockt hatte.
    Diesmal setzte sie sich wieder zu mir, hatte aber erneut den kleinen Teddy dabei und begann, in der Teddysprache zu reden, der Teddy sprach also von mir und erzählte, dass er mein guter Freund sei und mit mir spielen wolle, er brauchte so etwas aber nur einmal zu sagen, schon packte ich ihn und brachte ihn hinüber zu dem Sessel vor das Fenster, um ihn dorthin abzuschieben und ein- für allemal mundtot zu machen.
    Die Sprachlehrerin wartete dann meist, bis ich wieder zurückkam, ihr erster Anlauf, sich mit mir zu beschäftigen, war gescheitert, und ich schaute zu, wie sie den zweiten startete, indem sie ein Buch aus ihrer Tasche nahm, es vor mir ausbreitete und daraus vorzulesen begann.
    Gegen das Vorlesen war nichts zu sagen, denn beim Vorlesen gab es keine zweite Stimme und keinen dämlichen Teddy, also blieb ich still sitzen und hörte mir alles an. Die Sprachlehrerin las jedoch nicht sehr gut, vor allem störte mich, dass ihre Stimme immer leiser und leiser wurde, außerdem las sie lustlos, weil die Geschichten, die sie vorlas, sie anscheinend nicht im geringsten interessierten.
    Wenn sie schließlich nur noch schwach vor sich hin las und dazu immer häufiger stecken blieb, verließ ich meinen Zuhörersitz und ging zurück zum Sessel, um den Teddy beiseite zu legen und wieder dort Platz zu nehmen, auch der zweite Anlauf der Sprachlehrerin, mit mir in Kontakt zu kommen, war also danebengegangen.
     
    Es kam vor, dass sie danach aufgab, sie seufzte ein wenig oder fuhr sich durchs Haar oder begann in ihrer Tasche zu kramen, als bemerkte sie mich nicht mehr oder als wäre ich für sie gar nicht vorhanden. Warum blieb sie auch nicht da, wo sie herkam, wenn sie so wenig Interesse an mir hatte? Irgendjemand hatte ihr aufgetragen, mich wöchentlich zu besuchen, das wusste ich doch. Sie besuchte mich nicht, weil sie mich kennenlernen und wirklich etwas mit mir anfangen wollte, sondern ausschließlich deshalb, weil diese Besuche zu ihren Pflichten gehörten.
    Wenn wir wieder weit voneinander entfernt saßen und niemand von uns beiden sich rührte, wurde es mir nach einer Weile zu viel. Manchmal holte ich mir dann ein paar Spielsachen und verteilte sie auf dem Boden, um so zu tun, als wollte ich mich mit ihnen beschäftigen. Oder ich verließ das Zimmer und baute auf dem Küchentisch ein kleines Spiel auf, um es dann später mit der Sprachlehrerin und der Mutter gemeinsam zu spielen.
    Ein solches Spielen zu dritt gefiel mir am meisten, denn in so einem Fall hatte die Sprachlehrerin wenigstens etwas zu tun und spielte wirklich mit mir und ich auch mit ihr. War die Mutter dabei, war alles einfacher, die Sprachlehrerin hätte also nur von vornherein dafür sorgen müssen, die Mutter häufiger mitspielen zu lassen, dann hätten wir uns vielleicht jeden Ärger erspart.
    Gerade die Beteiligung der Mutter war jedoch für die Sprachlehrerin nur der letzte Ausweg. Sie kam dann nur sehr widerwillig und zögernd in die Küche und machte ab und zu auch eine böse Bemerkung: Na gut, tun wir dem Dickkopf halt den Gefallen. So einen Satz sagte sie irgendwohin in die Runde, nicht zu mir, nicht zur Mutter, es war, als spräche sie mit sich selbst und hielte Mutter und mich für dumme Esel, denen man dann und wann einen kleinen Gefallen tun müsse, damit sie nicht völlig verdummten.
    Nach solch

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