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Die Erfuellung

Die Erfuellung

Titel: Die Erfuellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Cookson
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»Ich habe heiße Schokolade gemacht.«
    Schließlich stand jeder mit seiner Tasse in der Hand vor dem Feuer in der Halle. Die Szene schien Linda seltsam unwirklich. Wie am Morgen, als Watson mit der Nachricht von den ausgebrochenen Schafen hereingeplatzt war, verlor niemand ein Wort über den Vorfall. Wären nicht Ralph Batleys grimmige Miene und die tiefe Traurigkeit in den Augen seiner Mutter gewesen, hätte Linda gedacht, sie hätte sich alles nur eingebildet.
     
    Im Gegensatz zu den Batleys hielt Sep Watson offenbar nichts von vornehmer Zurückhaltung. Von dem Augenblick an, in dem Linda nach dem Mittagessen zu ihm in den Kuhstall kam, sprach er über nichts anderes mehr. Besonders verärgert schien er über seinen Arbeitgeber zu sein.
    »Hat sich noch nicht mal bedankt dafür, dass ich gerannt bin, bis mir die Zunge aus dem Hals hing, nur um ihm zu sagen, dass die Schafe ausgebrochen sind. Nein, dafür ist er sich ja zu gut. Haben Sie gehört, wie er auf mir herumgehackt hat, als ob ich den Draht höchstpersönlich durchgeschnitten hätte?«
    Er baute sich breitbeinig, in jeder Hand einen leeren Eimer, im Gang des Kuhstalls vor ihr auf, wartete aber ihre Antwort nicht ab. Stattdessen knallte er die Eimer mit solcher Wucht zusammen, dass sie schleunigst beiseite sprang.
    »Eines Tages geht er zu weit«, schwadronierte er weiter. »Dann kann er sehen, wo er bleibt. Wäre nicht das erste Mal, dass ich meine Sachen packe. Hier oben kriegt er niemand. Sie sind ja auch nur da, weil er sonst keinen finden konnte.« Mit einer Kopfbewegung in ihre Richtung wandte er sich ab und verschwand in einer Box.
    Am liebsten hätte Linda sich mit ihm angelegt, aber sie mahnte sich zur Zurückhaltung.
    Das ging fast den ganzen Nachmittag so weiter. Ralph Batley ließ sich nicht blicken. Vermutlich überprüfte er den Rest des Grenzzauns auf Schwachstellen, aber wenn der Draht durchgeschnitten worden war, konnte das jederzeit wieder geschehen.
    Als sie wieder einmal mit den Eimern von der Milchkammer in den Stall kam, unterbrach Sep Watson das Melken für einen Augenblick und wandte ihr sein großes, flaches Gesicht zu. »Was hat Cadwell denn zur Chefin gesagt?«, wollte er wissen.
    Linda erinnerte sich an jedes einzelne Wort, das zwischen den beiden gefallen war, aber sie hatte nicht die Absicht, das dieser Kreatur auf die Nase zu binden. »Ich habe nichts gehört«, erklärte sie daher. »Die meiste Zeit war ich mit den Schafen auf der Straße beschäftigt.«
    »Schade! Da wäre ich gern dabei gewesen.« Er spitzte die dicken Lippen und warf den Kopf zurück. »Soviel ich weiß, ist das seit fast drei Jahren das erste Mal, dass sie sich treffen. Bei jeder Begegnung brät er ihr eins über, zahlt es ihr sozusagen heim.«
    »Was zahlt er ihr heim? Wovon reden Sie?«
    »Alte Liebe rostet nicht … Heute kann man sich kaum vorstellen, dass Jack Cadwell und die Chefin mal ganz dicke miteinander waren.«
    Linda starrte ihn ungläubig und angewidert an.
    Daraufhin richtete er seine untersetzte Gestalt kerzengerade auf. »Sie glauben mir wohl nicht? Stimmt aber. Als sie jung waren, steckten die beiden ständig zusammen. Würde man jetzt nicht mehr denken, aber damals war sie ein flottes junges Ding. Sah gar nicht schlecht aus, und Geld hatte sie auch.« Er rieb sich mit dem Handrücken die Nase und lachte so viel sagend, wie Linda es schon von ihm kannte. »War schlimm genug, dass er sie nicht kriegen konnte, aber das mit dem Geld hat ihn richtig getroffen. Und dass sein Kumpel Peter Batley sie ihm ausgespannt hat, das konnte er erst recht nicht verkraften. Die beiden sind eines Morgens klammheimlich zum Standesamt gegangen, da war nicht viel zu machen, zumindest nicht direkt. Aber seitdem hat er sie dafür büßen lasen.«
    Linda starrte auf den Melker herab, ohne ihn zu wahrzunehmen. Stattdessen sah sie Mrs Batleys schmerzerfüllte Augen, ihre ruhelosen Hände, ihr Gesicht, auf dem nur selten ein Lächeln lag. Die Geschichte der Familie, die sie von Anfang an vor ein Rätsel gestellt hatte, nahm allmählich Gestalt an, zumindest in ihren Anfängen. Mrs Batley oder vielmehr die junge Maggie Ramshaw hatte Peter Batley seinem Freund Cadwell vorgezogen. Ob sie eine gute Wahl getroffen hatte, war schwer zu sagen. Offenbar war Peter Batley ein Trinker und eine schwache Persönlichkeit gewesen, aber Linda war froh, dass Maggie Ramshaw sich für ihn und nicht für diesen Jack Cadwell entschieden hatte.
    Sep Watson redete während des Melkens

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