Die Erfuellung
eine Pause gönnen sollen.«
»Wenn Sie wieder auf den Beinen sind, wird alles anders werden.« Linda nickte nachdrücklich.
»Manchmal denke ich, ich werde nie wieder aufstehen können. Es ist ein entsetzliches Gefühl.«
»Natürlich werden Sie das. Es geht Ihnen doch schon so viel besser.«
»Ich fühle mich schwach wie ein Kind.« Mrs Batley schüttelte langsam den Kopf. »Ich hätte mir nie vorstellen können, einmal so kraftlos zu sein.« Dann sah sie Linda an. »Was hätte ich nur ohne Sie getan, Mädchen? Ich mag gar nicht daran denken. Wer hätte sich um die Männer und Michael gekümmert?«
»Das hätte sich schon irgendwie geregelt, das tut es immer. Aber jetzt müssen Sie Ihre Milch trinken.«
Als Linda aus dem Zimmer ging, rief Mrs Batley ihr nach. »Aber Sie müssen raus! Ich werde mit Ralph darüber reden.«
Linda wandte sich hastig um. »Nein, bitte nicht. Sagen Sie nichts zu ihm. Ich gehe nach draußen, wenn mir danach ist, keine Sorge.«
Aber bevor Mrs Batley die Sache ihrem Sohn gegenüber erwähnen konnte, sprach dieser Linda deswegen an. Sie deckte gerade den Tisch fürs Mittagessen, als er auf dem Weg zu seiner Mutter vorbeikam.
»Shane bleibt heute Nachmittag ein paar Stunden im Haus, damit Sie spazieren gehen können.«
»Aber ich will nicht spazieren gehen.« Unter dem allgemeinen Druck war ihr die Lust darauf tatsächlich fast vergangen.
»Sie sind diese Woche nicht einmal vor die Tür gekommen. Viele Tage wie diesen hier wird es nicht mehr geben. Bitte tun Sie mir den Gefallen. Wie immer denke ich nur an mich selbst. Wenn Ihnen etwas zustößt, bin ich verloren.«
Der Ausdruck auf seinem Gesicht passte nicht zu seinen egoistischen Worten. Linda senkte den Blick und verteilte weiter Besteck auf dem Tisch. »Also gut, ich werde ein wenig nach draußen gehen«, willigte sie ein.
Für einen Augenblick blieb er stehen und sah sie eindringlich an, bevor er zum Krankenzimmer ging, um seine Mutter zu besuchen. Ein merkwürdiges Glücksgefühl erfüllte sie.
Es war ein Tag, wie der nördliche Winter nur wenige kannte. Die Luft war völlig klar und belebend wie Quellwasser, und der Ausblick vom Küstenpfad auf die zerklüfteten Klippen in der Ferne atemberaubend, aber Linda konnte sich nicht daran freuen. Rechts von ihr lag das Moor, weite Landstriche mit braunen Flecken, die von der vergangenen Pracht der Heide zeugten. Obwohl sie die Batley’sche Farm bereits vor einiger Zeit hinter sich gelassen und seit mindestens einer Stunde unterwegs war, hatte sie keinen Menschen gesehen, noch nicht einmal in der Ferne. Die raue Landschaft war eindrucksvoll, aber abgeschieden. Um sich an ihr zu erfreuen, brauchte man Gesellschaft, die einem über die allgegenwärtige Einsamkeit hinweghalf. Plötzlich sehnte sie sich derartig nach der warmen Küche des Bauernhauses zurück, dass sie auf der Stelle umkehrte. Diesmal schlug sie einen Weg ein, von dem aus die majestätische Einsamkeit der Küstenlinie nicht zu sehen war.
Der Pfad führte weiter ins Landesinnere, als sie gedacht hatte. Dann tauchte der Grenzzaun vor ihr auf, und sie wusste, dass die Straße nicht weit sein konnte. Sie passierte die Felsvorsprünge unweit der Stelle, an der die Schafe durch den Zaun gebrochen waren. Es war der einzige Punkt, an dem das Gebiet der Batleys die Straße berührte, und genau hier hörte sie plötzlich das Trappeln von Hufen. Der Reiter konnte jeder aus der Nachbarschaft sein, aber es war durchaus denkbar, dass es sich um einen der Cadwells handelte, vielleicht um Rouse. Vorsichtshalber hielt sie sich im Schutz der Felshügel. Das Getrappel näherte sich, wurde aber langsamer. Als der Reiter in Sicht kam und sie den alten Cadwell erkannte, war sie dankbar, dass sie in Deckung geblieben war. Sie drückte sich an den Felsen, sodass sie nur noch den Kopf von Cadwell sehen konnte. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass er allein auf der Straße war, beugte er sich zur Böschung herab, als wollte er etwas aufheben oder ablegen. Einen Augenblick später galoppierte er davon.
Sobald das Geräusch der Hufe verklungen war, näherte Linda sich vorsichtig der Böschung. Sie traute diesem Cadwell nicht, hatte es noch nie getan. Oberhalb der Stelle, an der er sich vorgebeugt hatte, untersuchte sie den Draht. Von hier aus waren es nur ein paar Meter bis zu dem Punkt, an dem Ralph Batley den Zaun repariert hatte, aber sie konnte keinerlei Schäden entdecken.
Warum hatte er an dieser Stelle angehalten, und was
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