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Die Erfuellung

Die Erfuellung

Titel: Die Erfuellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Cookson
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ohne sich zu verabschieden. Dennoch war sie nicht überrascht, als er sich zu ihr umwandte, auf sie zuging und keine Armlänge von ihr entfernt stehen blieb.
    »Ich habe Sie gar nicht gefragt, wie Sie sich fühlen«, sagte er.
    »Mir geht es gut, nur meine Hüfte ist ein wenig steif.«
    Seine Hände hingen neben seinem Körper herab, und er sah sie mit einem Blick an, der sie an Michael erinnerte.
    »Versuchen Sie, sich heute zu schonen«, bat er mit leiser Stimme.
    »Ja, das werde ich.«
    Plötzlich hob er die Arme mit einer schnellen Bewegung, die so unerwartet für sie kam, dass sie vor Schreck fast zurückgesprungen wäre. Im nächsten Augenblick drückte er sie schmerzhaft fest an sich, sodass sich ihr Gesicht an den groben Stoff seiner Jacke presste. Selbst wenn sie gewollt hätte, wäre es ihr unmöglich gewesen, seine Umarmung zu erwidern, weil sie die Arme nicht bewegen konnte. Ihr blieb keine Zeit, nachzudenken oder gar zu reagieren, denn schon eine Sekunde später hatte er sie so schnell freigegeben, wie er sie an sich gezogen hatte. Sie stand allein in der Küche. Mit der einen Hand griff sie nach ihrer Kehle, mit der anderen stützte sie sich auf den Tisch. Eine schmerzliche Freude erfüllte sie, die ihr Herz rasen ließ, dass sie den fliegenden Puls an ihrem Hals spürte. Sie hatte das Gefühl, die Brust müsste ihr zerspringen. Die Minuten verstrichen, während ihre Gedanken in die Zukunft wanderten. Doch dann hob sie energisch den Kopf und straffte die Schultern. Sie wollte und konnte diese Freude nicht zulassen. »Sei nicht albern«, rief sie sich selbst zur Ordnung. Hatte sie nicht der Ausdruck auf seinem Gesicht an Michael erinnert, an dessen tiefe Einsamkeit? Sein Onkel war ebenfalls einsam, und das war alles.
    Plötzlich überwältigte sie die Müdigkeit, und sie setzte sich auf einen Stuhl am Tisch. Sollte sie ihn in seiner Einsamkeit trösten? Sie starrte ins Feuer, als könnte sie dort die Antwort finden. Am Vorabend hatte er sie »Liebes« und »Linda« genannt, aber sie wusste noch genau, wie er Sarah, die Kuh, mit Kosenamen bedacht hatte. Sollte sie daraus auf seine Liebe schließen? Am Vorabend hatte sie es getan, aber da war sie nicht recht bei Sinnen gewesen. Wenn sie bei klarem Verstand war, neigte sie durchaus nicht zu Fantastereien. Männer verliebten sich nicht so leicht, und schon gar nicht ein Mann von Ralph Batleys Kaliber. Sie hatte puren Hass in seinem Gesicht toben sehen und ahnte, dass seine Liebe nicht weniger leidenschaftlich sein würde. Dass er sie vor ein paar Minuten im Arm gehalten hatte, musste also keineswegs heißen, dass er diese Leidenschaft für sie empfand. Er fühlte sich ebenso einsam und verlassen wie Michael, und sie war das einzige weibliche Wesen in seiner Nähe. Ihr kam die versperrte Tür im oberen Stock der Scheune in den Sinn, das Liebesnest, wie Sep Watson es genannt hatte. Bei diesem Gedanken erhob sie sich. Wenn der Verlust seiner Geliebten ihn derart verbittert hatte, würde er nicht in der Lage sein, jemand anderem sein Herz zu öffnen. Sie sah in die Flammen. Michael bemutterte sie gerne, aber ob sie das auch bei Ralph Batley tun wollte? Wie würde sie sich entscheiden, wenn es das oder gar nichts hieß?
    Sie biss sich auf die Lippe, beantwortete sich die Frage aber nicht. Stattdessen begann sie mit der Hausarbeit. Es gab genug zu tun, und diese Dinge mussten warten, bis sie sich ihnen in Ruhe widmen konnte. Zumindest redete sie sich das zu dieser unromantisch frühen Morgenstunde ein.
     
    Nach fünf Stunden harter Arbeit holte Linda tief Atem. Das Essen war vorbereitet, jetzt hieß es nur noch, Mrs Batley ihre Milch bringen, und dann würde sie nach draußen gehen. Sie nahm das Tablett und durchquerte mit raschen Schritten die Halle. Im Krankenzimmer entrang sich ihr ein Ausruf des Entsetzens, denn Mrs Batley saß, in ihren Morgenmantel gewickelt, auf der Bettkante.
    »Mrs Batley, Sie dürfen auf keinen Fall aufstehen!«
    »Lassen Sie nur, ich bin auf, und das bleibe ich auch. Holen Sie mir meine Kleider, Sie wissen schon, meine Bluse und meinen Rock.«
    »Nein, Mrs Batley, das werde ich nicht tun.« Linda stellte das Tablett ab. »Wenn Sie nicht sofort wieder ins Bett gehen, hole ich« – fast hätte sie »Ralph« gesagt – »Mr Batley.«
    »Das ändert auch nichts. Ich leg mich nicht wieder hin. Hier stimmt etwas nicht, das weiß ich.«
    »Alles läuft wunderbar, Mrs Batley. Bitte gehen Sie wieder ins Bett.«
    Mrs Batley antwortete nicht,

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