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Die Erfuellung

Die Erfuellung

Titel: Die Erfuellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Cookson
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Dunkelheit, umgeben von der Wärme und dem vertrauten Geruch der Tiere, gestand sie sich ein, dass sie Ralph Batley liebte, den Mann, der aufgrund seiner leidenschaftlichen Liebe zu einer Frau, die ihn zurückgewiesen hatte, zu einem anderen Menschen geworden war. In den letzten Tagen hatte sie einen Blick auf seine wirkliche Persönlichkeit erhascht, die durchaus zu Zärtlichkeit fähig war. Als diese Frau ihn verlassen hatte, hatte sich diese Zärtlichkeit in Hass verwandelt. Jetzt war sie zurück. Sie war in ihrer Not zu ihm gekommen, und mit ihr war auch die Zärtlichkeit zurückgekehrt. Bereits in dem Augenblick, als er auf die leblose Gestalt herabgesehen hatte, hatte er sich wieder in den alten Ralph Batley verwandelt, den Mann, der Wachs war in den Händen der bezaubernden Frau, die nun im Atelier lag. Dass er Linda in seinen Armen gehalten, sie beim Vornamen genannt hatte, bedeutete gar nichts. Es waren unbedeutende, winzige Vorfälle, Treibholz auf dem Kamm einer mächtigen Woge, das von der Rückkehr der einzigen Liebe seines Lebens hinweggespült wurde. Männer wie Ralph Batley liebten nur einmal.
    Sie stand auf, trocknete sich das Gesicht mit ihrem Taschentuch, straffte die Schultern, schloss für einen Augenblick die Augen und sprach ein kleines Gebet, in dem sie darum bat, dass sie sich nicht vollends zum Narren machen würde. Und so verließ sie den Stall und ging zum Haus, um einen höchst merkwürdigen Tag zu beginnen.

6
    Achtundvierzig Stunden später war das Atelier immer noch belegt. Das hatte zahlreiche Auswirkungen, und die Spannung im Haus wuchs ins Unerträgliche.
    Da ihnen bereits eine Kraft fehlte, gerieten sie mit ihrer Arbeit mehr und mehr in Verzug. Zwischen Shane und seinem Neffen war es zum Streit gekommen. Ralph versuchte, die Bewegungsfreiheit des kleinen Michaels so weit wie möglich einzuschränken, und war dabei ungerecht und hart. Mrs Batley, die spürte, dass ihre Lieben in Schwierigkeiten steckten, verlangte immer dringender nach einer Erklärung. Ihre Willenskraft hielt sie auf ihrem Posten im Sessel am Kamin, und Linda wusste, dass sie das Haus schon längst verlassen hätte, wenn sie nicht einen Zusammenbruch gefürchtet hätte. Und dann war da noch die Ursache dieser Anspannung, die Besucherin im Atelier.
    Warum war Edith Cadwell immer noch dort? Wollte Ralph Batley, dass sie blieb? Die Frage ließ Linda nicht los. Am Vortag war sie dreimal im Atelier gewesen. Jedes Mal hatte sie auf Bitte ihres Arbeitgebers eine Mahlzeit dorthin gebracht. Ralph Batley hatte nicht mit ihr geredet, wie er es versprochen hatte, sondern nur gefragt, ob sie Mrs Cadwell etwas zu essen bringen könne. Der verhasste Name schien ihm auf einmal mühelos über die Lippen zu kommen. Wenn Linda das Atelier betrat, war die Frau stets allein und lag auf der Couch. Bis jetzt war sie nicht ein einziges Mal aufgestanden.
    Obwohl Linda ihren Arbeitgeber nicht in die Scheune hatte gehen sehen, war ihr klar, dass er dem Atelier häufige Besuche abstattete. Vor wenigen Minuten hatte sich ihre Annahme bestätigt. Als es ihr endlich gelungen war, Michael zu entkommen und eine Mahlzeit ins Atelier zu bringen, fand sie Edith Cadwell höchst aufgewühlt vor. »Bitte!«, flehte sie und umklammerte Lindas Hand. »Sie müssen verhindern, dass Ralph einen Arzt holt. Es geht mir gut, ich brauche nur noch einen Tag. Wenn er Doktor Morgan holt, erzählt der ihnen alles. Mein Mann darf nicht erfahren, dass ich hier bin, sonst bringt er mich um. Ich muss fort, das weiß ich, aber ich fühle mich nicht dazu in der Lage.« Sie ließ Lindas Hand los, sank in die Kissen zurück und sah sich im Atelier um. »Es ist so friedlich hier. Sie können das nicht verstehen. Ich habe von diesem Frieden geträumt. Dieser Raum war nicht immer so heruntergekommen.« Der sanfte, schmelzende Blick der braunen Augen richtete sich auf Linda, die sich des in ihr aufsteigenden Mitgefühls nicht erwehren konnte.
    »Sie sind ein guter Mensch, nicht wahr?«
    »Auch nicht besser als andere.«
    »Doch das sind Sie. Sie wollen nicht, dass ich hier bin. Setzen Sie nicht so ein Gesicht auf, das ist ganz normal. Aber Sie sind trotzdem freundlich zu mir.«
    Damit hatte Linda nicht gerechnet. Als sie den Blick erwiderte, wurde ihr klar, dass hinter den sanften Lammaugen ein scharfer Verstand steckte. Edith Cadwells nächste Worte bestätigten das.
    »Wissen Sie, Ralph und ich haben uns einmal sehr nahe gestanden. Wir wollten heiraten.«
    »Ich weiß«,

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