Die Ernaehrungsfalle
zahlreiche Krankheitsausbrüche und auch Todesfälle in aller Welt verantwortlich. Die Mikroben werden zusammengefasst unter dem Kürzel EHEC (»Enterohämorrhagische Escherichia coli«, Kolibakterien, die Darmblutungen hervorrufen).
Die Weltgesundheitsorganisation WHO rechnet E.coli-Infektionen zu den sieben wichtigsten ansteckenden Krankheiten, bei denen mit einer weiteren Verbreitung gerechnet werden muss. Sie stellt die aggressiven Kolibakterien als neuartige Krankheitsauslöser in eine Reihe mit Erregern wie dem Aids- oder dem Ebola-Virus. Ursache für die Ausbreitung ist artwidriges Tierfutter. Allein in den USA sterben nach Schätzungen jährlich 250 bis 500 Menschen, vor allem Kinder, an E.coli-Infektionen. 2005 sind in Großbritannien 160 Menschen erkrankt, der fünfjährige Mason Jones starb am 4. Oktober 2005 im »Bristol Children’s Hospital« in Südengland. Auch in Deutschland breitet sich der Erreger aus: Zwischen 1997 und 2003 starben sieben Menschen in Niedersachsen, 2002 vier in Süddeutschland. 2005 starben in Deutschland eine 66-jährige Frau, ein 73-jähriger Mann und zwei einjährige Jungen. Am 26. März 2006 ist im Landkreis Oberallgäu ein zweijähriger Junge gestorben. Kinder starben auch in Schweden
und Norwegen.Todesursache dort: Rinderhackfleisch von Lidl. Die bislang größte Epidemie fand 1996 in Japan statt: Weit über 10 000 Menschen erkrankten, 17 starben.
Der Erreger wird nicht nur über Hack und Hamburger übertragen, auch über Orangensaft, Apfelsaft, → Milch , Gemüse, sogar Trinkwasser. Im Sommer 2009 rief der weltgrößte Nahrungshersteller → Nestlé in den USA gekühlten Keksteig seiner Marke »Toll House« zurück, weil Kunden nach Verzehr des Nestlé-Produkts mit schwersten Magen-Darm-Problemen ins Krankenhaus mussten; den Gesundheitsbehörden wurden 66 Fälle in 28 US-Bundesstaaten gemeldet. Nestlé warnte: »Kunden, die den Keksteig gekauft haben, sollten ihn nicht essen. Stattdessen raten wir den Verbrauchern dringend, die Produkte zu ihrem örtlichen Händler zurückzubringen.« Die US-Lebensmittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) fand die Ursache heraus: Bakterien vom Typ E. coli 0157:H7. In der Nestlé-Fabrik wurden keine Erreger gefunden, was den Verdacht daraufhin auf die Zutaten lenkte.
Bei den EHEC-Ausbrüchen ist die genaue Ursache aufgrund der auch für die Hersteller unübersichtlichen Lieferketten in der Nahrungsproduktion häufig nicht festzustellen. Eigentlich stammt der Keim aus den Rindermägen, doch er kann mittlerweile an vielen Stellen lauern. In Deutschland wurde 1993 Petersilie in einer Kräuterbutter als EHEC-Quelle identifiziert, 1996 fiel der Verdacht auf Teewurst und Mortadella. In Japan bei der weltgrößten EHEC-Epidemie waren Rettichsprossen der Überträger. An verseuchtem Kartoffelsalat, der von einem Partyservice geliefert wurde, erkrankten 1998 im US-Staat Illinois viertausend Menschen. Bei einem Ausbruch 2006 in mehreren amerikanischen Bundestaaten war es → Spinat .
Besonders bedenklich ist für Seuchenexperten, dass der Erreger schon das Trinkwasser erreicht hat. Im kanadischen 6000-Seelen-Städtchen Walkerton sind im Jahr 2000 ein Drittel der Einwohner an EHEC-belastetem Wasser erkrankt, achtzehn starben. Auch in Deutschland findet sich der Keim schon im Wasser. Im Oberstdorfer
Stadtteil Schöllang musste man deshalb zeitweilig das Wasser abkochen, ebenso in Mühldorf am Inn. Bis jetzt sind nur wenige Quellen betroffen: Bei zentralen Trinkwasserversorgungseinrichtungen in Bayern waren im Jahr 2002 nur 0,134 Prozent aller Proben EHECPOSITIV. Aber: Drei Jahre zuvor, 1999, lag die Zahl bei 0,045 Prozent - eine Verdreifachung binnen drei Jahren. Bei Einzelwasserversorgungen, wie sie in kleineren Ortschaften typisch ist, liegt die Zahl sogar noch ein bisschen höher, bei 1,85 Prozent. Vier Jahre zuvor waren es noch 0,25 Prozent - ein Anstieg um das 7,4-Fache. »Die weite Verbreitung neuer Krankheitserreger wie EHEC in der Umwelt stellt ein Gefahrenpotenzial dar, das im Zusammenhang mit Trinkwasser als ernsthaftes Problem zu betrachten ist«, befand eine Untersuchung des bayrischen »GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit«.
Die Ursache für die Ausbreitung von E.coli 0157:H7 und seiner gefährlichen Verwandten bei den Rindern sei, so der Münsteraner EHEC-Experte Professor Helge Karch, die → Massentierhaltung , insbesondere die »nicht artgerechte Fütterung«. Moderne Hochleistungsrinder, die Fleisch ansetzen
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