Die Ernaehrungsfalle
Frauenzeitschriften und Tageszeitungen verbreiten Fettspartipps. Das könnte das Risiko für Übergewicht jedoch womöglich noch erhöhen, befürchteten Forscher der US-amerikanischen Harvard-Universität schon um die Jahrtausendwende. In mehreren Studien untersuchten sie die Auswirkungen der Fettsparpraxis und die Begründungen dafür. Ihr Leiter, Professor Walter Willett, Chef der Abteilung für
Ernährung an der Harvard School of Public Health, stellte fest: »Es gibt keine einzige Untersuchung, die einen langfristigen Nutzen einer fettarmen Diät belegt.« Die amerikanischen Medien reagierten prompt: »Was, wenn alles bloß eine dicke, fette Lüge war?«, fragte daraufhin die New York Times . Die Harvard-Forscher fanden zum Beispiel heraus: Wenn sich Männer fettarm ernährt hatten, bekamen zehn von 1000 Befragten Herz- und Kreislauf-Krankheiten, bei den anderen waren es zwölf. Auch bei einer 2006 veröffentlichten, von US-Regierungsstellen geförderten Untersuchung von 49 000 Frauen zwischen 50 und 79 Jahren ergab sich kein Vorteil der fettarmen Ernährung. Die Wissenschaftler hatten einer Gruppe von Frauen eine Kost mit stark reduziertem Fettgehalt und vielen → Kohlenhydraten vorgesetzt. Die andere durfte nach Herzenslust Butter, Käse, Wurst verspeisen. Ergebnis: Eine fettarme Ernährung schützte die Frauen weder vor bestimmten Krebsarten noch vor Herzerkrankungen oder Schlaganfällen. Dabei war es völlig egal, ob die Frauen 20 oder 40 Prozent Fett am Tag gegessen hatten. Zahlreiche weitere Untersuchungen zeigten ähnliche Ergebnisse: Wenn die Leute weniger Fett essen, werden sie nicht unbedingt gesünder - leiden oft sogar mehr als jene, die beherzt zu Butter, Mandeltörtchen und Sahne greifen. Die Ernährungspäpste in Deutschland zeigen sich völlig unberührt. Sie trommeln einfach weiter gegen das Fett. Auch die → Deutsche Gesellschaft für Ernährung bleibt dabei: »Zu viel Fett macht fett.« Der »Fettkonsum« müsse daher »eingeschränkt werden«.
Der Industrie ist das recht: Viele Firmen hatten erheblich investiert und eine Fülle von fettarmen Produkten auf den Markt gebracht, fettarme Joghurts, fettarme H-Milch, eine ganze Abspeckindustrie lebt vom Kampf gegen das Fett. Firmen wie die → Weight Watchers verkaufen fettarme → Diätprodukte . Und die Frauenzeitschriften freuen sich über die Anzeigengelder und überbieten sich in Fettspartipps, selbst die → Brigitte -Diät lobte die fettarmen Produkte aus dem → Supermarkt .
Es könnte sein, dass diese Anti-Fett-Politik die Leute erst recht dick macht, schrieb das US-Wissenschaftsmagazin Science . »Der Grund für die sich ausbreitende Epidemie des Übergewichts könnte sein, dass die
Leute weniger Fett essen und mehr Kohlenhydrate.« Auch das haben internationale Forschergruppen herausgefunden: Wer fettarm lebt, hat nicht nur keinen Nutzen davon, sondern kann sich sogar schaden. Wer fetter isst, ist schlanker. Dies ist das überraschende Ergebnis einer schwedischen Studie. Die Wissenschaftler der Universität von Göteborg hatten bei vierjährigen Kindern Blutwerte, Gewicht und Körpergröße mit ihren Ernährungsgewohnheiten verglichen. Das überraschende Ergebnis: Die Kinder, die viel Fett zu sich nahmen, wogen weniger als jene, die ihren Energiebedarf überwiegend mit Kohlenhydraten in Form von → Zucker deckten. Als Dickmacher gelten also, der Schweden-Studie zufolge, weniger die Nahrungsfette, sondern eindeutig der Zucker.
Vielleicht ist die Anti-Fett-Hysterie auch mitschuldig daran, dass sich immer mehr Paare vergeblich → Kinder wünschen. Denn das Fett hat offenbar auch mit den → Hormonen im Körper zu tun - nicht nur mit jenen für die Nahrungsaufnahme, sogar mit denen für → Sex und Fruchtbarkeit. Und darum kann überraschenderweise fettarmer Joghurt schuld daran sein, dass der Nachwuchs ausbleibt. Nach einer Untersuchung der amerikanischen Harvard-Universität sind Frauen, die viele fettarme → Milchprodukte essen, häufiger unfruchtbar. Für die Untersuchung waren 18 555 Frauen im gebärfähigen Alter befragt worden. Das Risiko, keine Kinder zu bekommen, lag bei jenen Frauen, die mehr als zwei Portionen fettarmer Milchprodukte pro Tag gegessen hatten, um 85 Prozent höher als bei denjenigen, die weniger als eine Portion pro Woche gegessen hatten.
Der Verzicht aufs Fett, so stellten Wissenschaftler weiter fest, schlägt den Menschen aufs Gemüt: Wenn Fette fehlen, trübt das die Stimmung, wie zahlreiche Studien über
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