Die Ernte
Schüler abgängig. Aber bei ihm ist das nichts Besonderes. Geht gerne auf kleinere Trips, wenn Sie verstehen, was ich meine… Drogen.«
Virginia konnte einen Seufzer der Erleichterung nicht vermeiden. Wenigstens waren diese zwei Niemande. Sie fragte sich, ob zwischen ihnen und Emerland eine Verbindung bestehen konnte. Eher unwahrscheinlich.
»Konzentrieren Sie Ihre Ermittlungen auf Emerland und behalten Sie auch die anderen zwei im Auge. Aber die sind bei weitem nicht so wichtig. Haben Sie verstanden?«
»Ja, Frau Bürgermeister«, antwortete Crosley. »Aber es gibt da noch eine Sache.«
Sie hörte zu, als Crosley den Fall von dem unheimlichen Mann erzählte, der verschwunden war, "geschmolzen", und nur ein paar schmutzige Klamotten und eine Red Man Baseballkappe zurückgelassen hatte. Als er mit seinen Schilderungen fertig war, war Virginia Speerhorn mehr denn je davon überzeugt, dass sie einen neuen Polizeichef brauchte.
»Ich habe jetzt keine Zeit für Spielchen. Rufen Sie mich an, wenn Sie Neuigkeiten haben!«
»Aber ich habe es selbst gesehen…äh...Gute Nacht.«
Sie legte auf und überlegte einen Moment lang. Drei abgängige Personen in einer Nacht. Normalerweise gab es in einem halben Jahr nur einen derartigen Fall in Windshake. Irgendetwas war da los, das sie nicht kontrollieren konnte. Das Gefühl schmeckte ihr überhaupt nicht. Sie fragte sich, ob es ihr das Blütenfest vermiesen konnte, entschloss sich aber dagegen. Das würde sie nicht zulassen.
Sie ging aus dem Wohnzimmer, um zu sehen, ob Reggie da war. Bis elf Uhr musste er nämlich zu Hause sein. Er verstand hoffentlich, wie wichtig dieses Wochenende für sie war. Sie wünschte sich manchmal, dass sein Vater nicht gestorben wäre, aber der war eigentlich sowieso nur ein Nichtsnutz gewesen, der ihrer Karriere geschadet hätte. Das Einzige, was er gut gemacht hatte, war, ihr Reggie zu schenken.
Sie konnte an der Ritze unter Reggies Zimmertüre sehen, dass er kein Licht mehr brennen hatte. Sie klopfte sanft. Er war schon alt genug, ein Recht auf Privatsphäre zu haben. Keine Antwort. Er schlief wohl schon.
»Schlaf gut, mein Engel«, flüsterte sie und machte sich dann in ihr eigenes Schlafzimmer auf.
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An ihrem Tisch in der Sakristei der Kirche summte Nettie gerade "Amazing Grace". Sie fühlte, dass sie innerlich glühte, wie eine Madonna auf diesen Renaissancegemälden. Sie hatte sich noch nie so lebendig gefühlt, seit sie im Alter von vierzehn Jahren gerettet wurde. Jetzt war sie wieder gerettet worden, diesmal vor der Einsamkeit und unerwiderter Liebe.
Maybe it’s even . . . yeah, you can say it: LOVE, sang sie mit Innbrunst.
Der Tag mit Bill war wundervoll gewesen, ihre wildesten Fantasien waren Wirklichkeit geworden. Er hatte sie berührt, gehalten und schließlich genommen. Sein Geruch war noch auf ihrer Haut, ein starker, maskuliner Geruch nach Sägespänen und Schweiß. Unter ihrem Kleid erglühte sie noch mehr, wenn sie an ihr Schäferstündchen im Klee zurückdachte.
Sie hatte Schwierigkeiten, sich auf ihre Arbeit am Computer zu konzentrieren. Sie versuchte sich gerade am Programm für die kommende Sonntagsmesse. Sie hatte mit der Maus auf einen Clip-Art Jesus geklickt, doch dann begann sie wieder zu träumen und der angeklickte Jesus endete inmitten der Geburtsanzeigen von vergangenem Monat. Und als sie "Windshake Baptistenkirche begrüßt die Besucher des Blütenfests" schreiben wollte, wurde daraus "Brütenfest" und dann "Busenfest". Wenn sie sich nicht konzentrierte, würde sie hier die ganze Nacht beschäftigt sein, und das war ganz gegen ihren ursprünglichen Plan. Denn Bill würde sie später besuchen kommen, bevor er als Freiwilliger die Vorbereitungen zum Blütenfest überwachen würde.
Sie schwebte auf Wolke Sieben und fühlte sich Gott näher denn je. Sie dankte dem Herren tausendfach, dass Er Bill in ihr Leben und ihr Herz gebracht hatte. Sie hatte ein bisschen gefürchtet, dass sich Bill danach schuldig fühlen würde, dass er glauben könnte, sie sei eine schlechte Frau, die ihn verführen und von Gott wegführen wollte. Aber als sie nach dieser brennheißen Explosion endlich die Augen geöffnet hatten, sahen sie sich eine Minute lang ohne zu sprechen an. Doch dann hatte Bill in seiner tiefen, ehrlichen Stimme "Ich liebe dich" gesagt und sie wusste, dass er die Wahrheit sprach.
Sie ließ die Worte wieder und wieder in ihrem Kopf abspielen. Und sie tat es auch noch, als Prediger Blevins
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