Die Ernte
Zähne im Gebiss fehlten und der sein Gewehr aus dem Fenster seines Chevrolet Pickups hielt. Richtig gefährlich war der Beamte, der vielleicht noch lächelnd sagte, Es tut mir leid, aber ...äh... mit ihren Zeugnissen und Qualifikationen passen Sie derzeit nicht in unser Anforderungsprofil.
Als jemand, der vom Historiker am Smithsonian Institute bis zum Tellerwäscher bei Buddys Imbissbude alle Stationen durchlaufen hatte, wusste James, wie schnell sich das Leben verändern konnte. Er war der einzige in der Familie gewesen, der bei Tante Mayzie wohnen und ihr helfen konnte, auch wenn das bedeutet hatte, dass sein eigenes Leben nun einmal in der Warteschleife hing.
James strich mit seiner dunklen Hand über die abblätternde Farbe des Türpfostens. Er fragte sich, ob dies ein geeigneter Zeitpunkt wäre, Tante Mayzie vorzuschlagen, in ein gutes Altersheim im Norden zu ziehen. Eines von diesen sauberen Heimen, die ihren Bewohnern alles bieten konnten, Satellitenfernsehen, Sauna und sogar einen Fitnessraum. Die Leute im Norden waren zwar auch nicht ganz ohne Vorurteile, aber zumindest hatten sie ihre Negersklaven freiwillig freigelassen, ohne dass man ihnen eine Waffe an die Schläfe halten musste. Aber sie würde nie von hier weggehen, und von dem, was ihm seine Mama erzählt hatte, wusste er auch warum.
Mayzie und ihr Ehemann waren vor vierzig Jahren nach Windshake gekommen, gleich nach ihrer Hochzeitsreise, um in der neuen Sockenfabrik zu arbeiten. Hatten es sich in diesem Haus gemütlich gemacht und es mit Liebe, einem Baby und Leinenvorhängen ausgestattet. Aber das Baby war bald an etwas gestorben, das man heute "Plötzlichen Kindstod" nannte. Damals sagte man einfach "das Baby ist nicht mehr aufgewacht." Drei Jahre später ist Onkel Theodore nach einem Fabriksunfall ihrem Baby in den Himmel nachgefolgt, als sich die Baumwollpresse in seinem Ärmel verfangen und ihn in ihre eisernen Klauen gezogen hatte.
Mayzie hatte von der Fabrik ein wenig Geld bekommen, gerade genug, um den Kredit für das Haus abzuzahlen. Das Leben von Schwarzen war damals nicht viel wert, aber auch die Häuser kosteten nicht viel. Also musste Tante Mayzie in der Fabrik weiterarbeiten. Im Garten kümmerte sie sich mit Hingabe um ihre Ringelblumenbeete und in der Gegend war sie weithin als die "Niggerin" bekannt. Von der Bürgerrechtsbewegung bekam man in Windshake nicht viel mit, so wie bei den meisten Sachen. Dann wurde ihre Diabetes schlimmer und sie zog sich in ihr kleines Haus zurück, wo sie sich um ihren Fernseher, ihre getigerte Katze und den Phantomschmerz ihres rechten Fußes kümmern konnte.
Jetzt war sie ein Teil des Hauses. Sie war das Haus. Die Holzbalken waren ihre Knochen, die Dachsparren ihre Rippen, die Schieferwände ihre Haut. Ihre Nerven waren auf dem Regal aufgestellt, eine Sammlung von Salzstreuern in Tierformen und Teekannen in Miniaturform. Ihre Lungen waren die Eingangstüren mit Fliegengittern, die in den Sommermonaten weit geöffnet waren, damit die Bergluft ins Haus strömen könnte. Ihre Augen waren die Fenster, die zusahen, wie die Forsythien blühten, sich die Blauhäher balgten, der Löwenzahn in den Ritzen des Gehwegs gedieh und wie der alte Thompson mit ihrer Post zum Haus wankte. Und ihr Herz war ein Foto auf dem Kaminsims, ein zerkratztes schwarz-weißes Foto, das einen jungen, lächelnden Theo mit einem fröhlichen und wohlgenährten Baby auf dem Arm zeigte.
»Schaut so aus, als ob der Regen vorbeigezogen wäre«, sagte Tante Mayzie und blickte aus ihrem Fenster auf Windshake. »Und schau dort rüber, die ersten Krokusse kommen schon raus.«
»Vielleicht ist ja endlich der Frühling da. Hat sich ohnehin lang genug Zeit gelassen. Kaum zu glauben, dass wir hier im Süden sind. Ich habe geglaubt, dass es hier immer heiß wäre.«
»Die Berge haben ihr eigenes Klima. Und durch das Schlechte lernt man erst das Gute so richtig schätzen. Heute wird ein Tag, der dich den ganzen Schnee vergessen lassen wird.«
»Ich hoffe, du hast Recht.« James sah, wie der Wind durch die Sträucher blies, die den Gehweg säumten. »Vielleicht können wir ja einen Spaziergang machen, wenn ich von der Arbeit zurück bin.«
»Nix da, Spaziergang. Ich habe heute einen Termin bei Dr. Wheatley. Ich kann nirgendwo hingehen, wenn ich wo hingehen muss. «
»Davon hast du mir nichts gesagt.«
»Habe ich schon. Gestern Nacht. Aber du hattest ja nur Augen für das Basketballspiel im Fernsehen, so als ob du dabei Geld verdienen
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