Die Ernte
gingen und Junior den Fernseher richtig laut aufdrehte.
Er wünschte, wünschte, wünschte, dass Papa zu Hause wäre, aber Papa war in letzter Zeit nicht oft daheim. Klein Mack dachte sich, dass das vielleicht etwas mit dem dünnen Mann zu tun haben könnte. Klein Mack mochte den dünnen Mann nicht, obwohl er ihm durchs Haar strich und ihm einmal ein Geldstück gegeben hatte. Mack mochte ihn nicht, weil er so roch wie diese grünen Steine, die der Schulwart in die Toiletten gab.
Er konnte den dünnen Mann nicht sehen und er konnte seine Mama auch nicht sehen, aber er konnte hören, dass sich im Wohnwagen ein paar Leute bewegten. Er hätte beinahe nach seiner Mama gerufen, aber plötzlich bekam er Angst, weil er den einäugigen Nachbarn sah, der so aussah, als ob er schon zweihundert Jahre alt war, nur dass er jetzt so aussah, als ob er vierhundert Jahre alt war, weil seine Haut aschfahl war und etwas, dass wie Zement aussah, aus seiner Nase und seinem Mund rann.
Und sein Auge, das nicht abgedeckt war, bewegte sich so komisch, so als ob es nichts mehr erkennen konnte, aber noch immer sehen wollte.
Der alte Mann versuchte sich auf den Beinen zu halten, aber seine Beine funktionierten nicht mehr so richtig. Er rollte sich auf den Boden und muss wohl Klein Mack gesehen haben, denn er grinste wirklich seltsam. So als ob er ein Geheimnis hätte. Ein böses Geheimnis.
Klein Mack drehte sich um und lief davon. Er hoffte, dass seine Mama nicht bei dem bösen Mann war und dass sie nicht ein Teil des bösen Geheimnisses war. Er lief in den Wald, wo er sich immer versteckte. Er versteckte sich unter den Brombeersträuchern und hielt sich mit den Händen die Ohren zu, weil er die schrecklichen Sachen nicht hören wollte, die in seinem Kopf waren. Er hatte Angst, dass es dunkel würde, bevor die schrecklichen Dinge aus seinem Kopf verschwanden.
Er hoffte, dass sein Papa nach Hause kommen und alles wieder gut werden würde.
FÜNFZEHNTES KAPITEL
Tamara bog auf die alte, nicht-asphaltierte Straße und fuhr langsam die ersten Kehren hinauf. Der Motor ihres Toyotas heulte ärgerlich auf, als sie den ersten Gang einlegte. Die steilen Abhänge des Bear Claw erhoben sich vor ihr und lockten sie zu sich. Ihr Auto erzitterte, als es sich über die Spurrinnnen und Granitbrocken quälte.
Das war der Berg, der ihr in ihren Träumen erschienen war. Und sie vertraute ihrem Traum. Wenn sie es nicht tat, würde etwas Böses geschehen. Vielleicht war das Böse aber auch schon unterwegs, egal, was sie tat.
Die Stimme, die mich rief, ist da oben, diesmal nicht nur in meinem Kopf. Es gibt sie wirklich. Sie ist hier.
Einen kurzen Moment lang überlegte sie, ob sie umkehren und vor dem davonlaufen sollte, was sie in den letzten Tagen verfolgt hatte. Vor den Gefühlen, die ihr Herz umklammerten, vor dem unguten Gefühl, das wie eine giftige Schlange in ihrem Kopf überwinterte. Aber sie wusste, dass diese Stimme anders war. Sie würde sie nicht in Ruhe lassen. Sie wusste genau, was sie tat.
Sie würde keine Ruhe geben, bis sie sie gefangen hätte. Aber auch sie selbst würde keine Ruhe haben, bis sie dem Feind gegenüberstehen würde.
Denn in ihrem Traum hatte sie ihr die Familie genommen.
Die Stimme hatte schon ihren Vater auf dem Gewissen.
Und so etwas würde sie nie mehr zulassen.
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Chester lehnte sich gegen einen Baum und wartete, bis DeWalt ihn eingeholt hatte. DeWalt hielt ihn ganz schön ordentlich auf, sogar noch mehr als sein fortgeschrittenes Alter, seine Arthritis und die Angst, die seine Beine lähmte. Vor zwanzig Jahren wäre Chester in einer Stunde schon doppelt so weit gegangen. Aber vor zwanzig Jahren hatte er ja auch noch nicht nach irgendwelchen Verrückten mit neongrünen Augen gesucht.
Er warf einen Blick auf die Baumwipfel und fummelte in seinen Taschen nach einem erfrischenden Stück Kautabak. Die Bäume erschienen ihm wie Hexen, mit langen Armen, spitzen Ellbogen und dunklen Röcken. Er konnte sich selbst pfeifend durch die Nase atmen hören. Er war froh, dass er nie mit dem Rauchen angefangen hatte. Vielleicht fiel es ja deshalb dem Yankee so schwer, seinen Arsch hier herauf zu bewegen.
Chester schaute den Hang hinunter und sah DeWalt. Sein Gesicht war lila wie eine Pflaume und sein Unterkiefer hing ihm bis zur Brust hinunter. DeWalt hatte seinen Augen auf den Boden gerichtet, als er über Baumstümpfe und auf dem Boden liegende Stämme stieg. Seine teuren Stiefeln zog er durch das
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